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Sommerzeit
Ist die Zeitumstellung ungesund?
Im März vor, im Oktober zurück: Seit 1980 stellt Deutschland regelmäßig auf Sommerzeit um. Das macht uns müde, manche auch krank. Es gibt Alternativen.
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Die Zeitumstellung hat Einfluss auf unseren Körper
Unter dem Eindruck der Ölkrise der 1970er-Jahre rückte die Sommerzeit wieder in den Fokus und wurde 1980 in Deutschland und anderen Ländern Europas eingeführt. Seither drehen wir zweimal jährlich an der Uhr.
Doch jenseits der Tradition nennen Forschende weitere Gründe, die auch heute noch für die Zeitumstellung sprechen. Sie hilft uns dabei, unsere Aktivitäten besser an die sich ändernden Sonnenaufgangszeiten anzupassen.
Heller Morgen, lange Sommerabende
Durch die Sommerzeitumstellung können wir lange Sommerabende mit viel Tageslicht genießen. Dabei ist es in Norddeutschland im Sommer schon hell, wenn wir uns auf den Weg zur Arbeit oder zur Schule machen. Der Vorteil durch die Sommerzeitumstellung entsteht aber nur in höheren Breitengraden. Am Äquator haben Tag und Nacht das ganze Jahr über die gleiche Länge.
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Kurzfristig brauchen wir alle ein paar Tage oder auch mehrere Wochen, bis wir unser Verhalten auf die neue Uhrzeit eingestellt haben. Vor allem im Frühling haben Menschen, deren innere Uhr eher einen späten Tagesbeginn vorgibt, Probleme. Forschende bezeichnen diese Menschen auch als "Eulentyp". Daten von Fitnessarmbändern zeigen: Eulentypen fällt es im Frühling besonders schwer, sich an die Uhrumstellung zu gewöhnen.
Hier erfährst du, wie unsere innere Uhr unseren Tagesrhythmus steuert.
"Ein echter Jetlag"
"Durch die Zeitumstellung entsteht ein echter Jetlag", sagt Kerstin Cuhls, die ein Forschungsprojekt zu Circadianen Rhythmen leitet. Sie beschäftigt sich darin mit unseren biologischen Rhythmen und ihren Zeitpunkten. Wann wir schlafen, essen, aktiv sind, regelt unsere innere Uhr.
Bei einem Jetlag passen diese Rhythmen nicht mehr zur Uhrzeit. Die meisten Menschen schlafen in den Nächten danach weniger lang. Sie haben das Gefühl, ihnen fehlt eine Stunde. Denn besonders die Eulentypen fühlen sich am Abend nach der Zeitumstellung noch lange nicht müde, wenn es eigentlich eine gute Zeit wäre, um zu Bett zu gehen. Kerstin Cuhls sagt: "Ein Drittel der Menschen kann sich gar nicht auf die Sommerzeit einstellen."
Teenagern fällt die Umstellung besonders schwer
Besonders stark betroffen sind Teenager. Sie sind ohnehin permanent gezwungen, gegen ihre innere Uhr zu leben. Sie schlafen länger und sind eher abends fit. Und so erleben sie im Frühling, dass ihr sozialer Jetlag noch um eine weitere Stunde verstärkt wird.
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Darum müssen wir drüber sprechen: Manche Menschen werden krank
Es geht um mehr als Müdigkeit
Mehr Herzinfarkte in Schweden
In Schweden wurde die Herzinfarktrate untersucht. Auch sie stieg in den ersten drei Tagen nach der Zeitumstellung im Frühling leicht an. Henrik Oster, Neurobiologe aus Lübeck, sagt: "Jemand, der gesund ist und kein erhöhtes Risiko für eine chronische Erkrankung hat, wird durch die Zeitumstellung nicht krank werden."
Aber Menschen, die an chronischen Erkrankungen leiden oder ein erhöhtes Risiko etwa für Herzinfarkte haben, erleben durch die Zeitumstellung offenbar etwas häufiger eine Verschlechterung ihrer Gesundheit.
Zeitumstellung im Herbst fällt leichter
Die Umstellung im Herbst fällt dagegen den meisten Menschen leicht, zeigen die Datenauswertungen. Ob die Eulentypen, die sich den ganzen Sommer über nicht ans frühe Aufstehen gewöhnen, langfristig ein sehr ungesundes Schlafdefizit aufbauen, wird derzeit noch erforscht.
Die innere Uhr gerät durcheinander
Unsere innere Uhr ist individuell und lässt sich nicht so leicht verstellen wie ein Radiowecker. Wann wir morgens wach und tagsüber aktiv sind, regeln unter anderem unsere Gene. Aber auch das Sonnenlicht steuert unser Verhalten.
Wenn es abends dunkel wird, werden wir müde. Tageslicht macht uns wach. Je größer der Kontrast zwischen hell und dunkel, desto angenehmer empfinden wir Tage und Nächte. Das bedeutet, wer am Tag wenig draußen ist und am Abend vor dem Bildschirm die Bettzeit hinausschiebt, dem fällt es schwer, abends müde und morgens wach zu sein. Unser eigenes Verhalten stört dann unsere innere Uhr.
Jahreszeitliche Depression
Einstellen muss sich unsere innere Uhr auch auf die natürlichen Schwankungen der Tageslänge. Im Sommer haben die Regionen in den nördlichen Breitengraden mehr Tageslicht als die weiter im Süden. Im Winter ist es umgekehrt.
Auch das kann gesundheitliche Auswirkungen haben, meint Chronobiologe Henrik Oster: "Umso weiter Menschen weg vom Äquator leben, desto häufiger leiden sie zum Beispiel im Sommer unter Schlafstörungen. Jahreszeitliche Depressionen sind vor allem in nordischen Ländern ein Thema." Während wir im Sommer unsere Schlafzimmer abdunkeln können, lässt sich das fehlende Tageslicht im Winter nicht ganz so leicht ersetzen.
Die meisten Menschen haben keine Probleme
Die meisten von uns stecken den Schlafmangel, der sich durch die Zeitumstellung ergibt, dennoch gut weg, sagt Oster: "Viele Menschen, die zu den späten Chronotypen gehören, schlafen sich am Wochenende aus."
Und auch der Schlafforscher Thomas Prenzel von der Charité gibt Entwarnung: "Viele Menschen haben regelmäßig am Wochenende einen anderen Rhythmus als an Wochentagen. Sie stellen ihren Tagesrhythmus also auch ohne Zeitumstellung immer wieder um mehrere Stunden um."
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Darum gibt es die Zeitumstellung in der EU noch
Einzige Bedingung der EU war: Die Mitgliedsstaaten sollen sich einigen, um Chaos zu vermeiden. Die Sorge: Wenn innerhalb Europas und zwischen Nachbarländern unterschiedliche Sommerzeitregeln gelten, könnte das dem Handel innerhalb Europas schaden.
Eine Umfrage ohne Folgen
Bürgerinnen und Bürger hatten sich in einer Onlineumfrage über gesundheitliche Probleme, Verkehrsrisiken und mangelnde Energieeinsparungen beschwert. In der Konsultation haben 4,6 Millionen Menschen ihre Rückmeldung gegeben. Zwei Drittel der Teilnehmenden an der Umfrage kamen aus Deutschland. Die Umfrage gilt daher als nicht repräsentativ. Deshalb bleibt derzeit alles beim Alten: Am letzten Sonntag im März und am letzten Sonntag im Oktober werden die Uhren umgestellt.
Ein Problem, warum die Einigung so schwer ist, ist die große Ost-West-Ausdehnung der Zeitzone. "Eigentlich wäre es ideal, sich in Europa auf mindestens drei verschiedene Zeitzonen zu einigen", sagt Steffen Schädlich, Schlafmediziner im Krankenhaus Martha-Maria in Halle (Saale). So könnte man am besten auf den Sonnenstand und die Gegebenheiten vor Ort – die in Spanien, Deutschland und Polen – eingehen.
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Und jetzt?
Es gibt gesündere Alternativen
Zu viel Licht kurz vor der Schlafenszeit hält uns zu lange wach, meinen sie. Zur Sommersonnenwende geht die Sonne in Glasgow um 22.06 Uhr unter. Doch auch sie haben sich bisher mit ihrer Forderung nach der Standardzeit, die das ganze Jahr über gelten soll, noch nicht durchgesetzt.
Die Einführung mehrerer Zeitzonen in Europa könnte die Situationen in vielen Staaten ebenfalls verbessern. Auf politischer Ebene ist das derzeit aber kein Thema.
Verschiebung der Zeitumstellung sinnvoll?
Im März 2025 haben zwei Forschende aus Spanien eine neue Idee in die Diskussion eingebracht. Sie schlagen vor, bei der Umstellung der Uhren um eine Stunde zu bleiben, aber das Datum für die Zeitumstellung zu verschieben. Sie vergleichen dafür astronomische Daten für den Sonnenauf- und Sonnenuntergang mit Studien, die den Rhythmus unserer menschlichen Aktivität in unterschiedlichen Regionen der Erde untersucht haben.
Weil die Tage und Wochen kurz nach der Umstellung der Uhren besonders gefährlich sind, haben sie sich den Zeitpunkt für die Uhrumstellung genauer angesehen und schlagen vor, die Uhren an anderen Wochenenden zu verstellen. Aus biologischer Sicht wäre es am besten, erst dann an der Uhr zu drehen, wenn es keinen großen Einfluss mehr auf unseren Tagesablauf hat, sagen sie.
Vorschlag: Zeitumstellung erst im April
Die Sommerzeit sollte also erst beginnen, wenn es morgens schon früh hell ist, damit niemand morgens im Dunkeln aus dem Haus muss. Die Winterzeit sollte wieder eingeführt werden, bevor es morgens zu lange dunkel bleibt. Sie schlagen Anfang April und Anfang Oktober als gute Zeitpunkte vor, um an der Uhr zu drehen. Zwei Wochen nach der Tag- und Nachtgleiche wäre die Uhrumstellung für uns leichter zu bewältigen, sagen sie. So würden wir alle im Sommer früher mit unseren Aktivitäten beginnen, wenn die Sonne auch früher aufgeht.
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Quellenangaben zum Artikel:
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Wer Probleme mit der Zeitumsterllung hat, sollte zum Psychologen gehen, jeder Vogel wacht im Sommer früher auf und passt sich jeden Tag an die Zeit an und ich habe noch nie einen Vogel mit „Jetleg“ gesehen. Selbst wenn ich nach Kalifornien fliege, macht mir das nichts aus, das ist halt… Weiterlesen »
Wow das ist ja echt stark, bin ganz aus dem Häuschen. Puh, mein lieber Herr Gesangsverein. Danke, dass du uns daran teil haben lässt, wie zäh und ausdauernd du bist! Schade, dass nicht alle so eine Maschine sein können. „so what“ finde ich auch gut. Man merkt dir richtig an… Weiterlesen »
Ich arbeite seit 45 Jahren im Schichtdienst! Daher ist diese Diskussion für mich nicht verständlich…
Jau, ich habe mal 1/2 Jahr beruflich in London arbeiten müssen, Montags hin, Freitags zurück, jede Woche Sommerzeit hin- und her! …ich lebe noch und nehme für einen Urlaub sogar noch größere Verschiebungen in Kauf und erlebe trotzdem einen Erholungseffekt! Meiner Meinung nach einfach viel MiMiMi!!
Die „Sommerzeit“, die wir jetzt haben, nimmt einen großen Teil vom Frühling und Herbst mit ——-wennschon Sommerzeit , dann bitte auch nur im Sommer, das ist Ende Juni bis Ende September und nicht 7 Monate im Jahr!!!
Ich verstehe die Aufregung nicht: Die grosse Mehrheit fliegt freiwillig oft mehrmals im Jahr in andere Länder mit völlig anderen Uhrzeiten: Das soll dann problemlos sein? Wozu die Aufregung um die eine Stunde! Ich geniesse die langen Abende im Hellen…