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Körperkontakt
Darum sind Berührungen so wichtig
Die feste Umarmung eines geliebten Menschen ist das beste Mittel gegen Stress. Kuscheln entspannt und ist gesund – nicht nur für die Psyche. Aber wieso eigentlich?
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Artikel Abschnitt: Warum tun Berührungen so gut?
Warum tun Berührungen so gut?
Diese Verbindung, über die Berührungen Gefühle auslösen, besteht aus den sogenannten CT-Nervenbahnen. Sie werden nur bei relativ sanften und langsamen Streichel-Bewegungen aktiviert und reagieren besonders gut auf Hautwärme. Im Gehirn führt ihre Aktivierung zur Ausschüttung des Glückshormons Oxytocin. Außerdem verändert sich die Empfindlichkeit für Endorphine, einer Gruppe körpereigener Opiate. In der Folge kommt es zum Abbau von Stresshormonen und der Verlangsamung von Atmung und Herzschlag. Der Körper entspannt und wir fühlen uns wohl. So können Berührungen unsere Gefühle formen.
Um die genauen Prozesses und alle Effekte von Berührungen zu verstehen, braucht es aber noch mehr Forschung. Unter anderem zu den Details der neurobiologischen Prozesse.
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Woher weiß man, wie wichtig Berührungen sind?
Der Hintergrund seiner Studien: Bis in die 1950er Jahre hinein rieten Psychologen jungen Müttern, den Körperkontakt mit ihren Säuglingen möglichst aufs Füttern zu beschränken. Kuscheln und Trösten wurde für die Entwicklung von Kindern als negativ angesehen, weil es sie verzärtelt und verwöhnt. Ausgenommen von diesem Berührungsentzug waren Ohrfeigen, Hintern versohlen und andere Züchtigungsmaßnahmen.
Auch Harry Harlow teilte diese Sicht der Dinge – und entdeckte die Bedeutung von Berührung eher per Zufall: Um Affen für seine Forschung möglichst keimfrei aufziehen zu können, isolierte er neugeborene Äffchen von ihren Müttern. Allerdings: Die isolierten Äffchen entwickelten sich nicht wie erwartet, sondern zeigten deutliche Entwicklungs- und Verhaltensstörungen. Was Harlow zu der Frage führte, ob der natürlicherweise enge Kontakt zwischen Äffchen und Mutter noch einen anderen Sinn hat als das bloße Überleben?
Ethisch bedenkliche Versuche
Um seine Hypothese zu testen, isolierte Harlow wieder neugeborene Rhesusaffen von ihren Müttern. Doch diesmal bekamen sie einen Ersatz: zwei Puppen, deren Form und Aussehen echten Affen glich. Eine „Draht-Mutter“, aus hartem Metall, und eine „Stoff-Mutter“, die mit weicher Wolle gepolstert war. Milch bekamen die Äffchen nur von der Draht-Mutter, über ein integriertes Fläschchen. Obwohl die „Draht-Mutter“ damit über das überlebenswichtige Futter verfügte, verbrachten die Kleinen bei ihr nur ein Minimum an Zeit. Die weiche „Stoff-Mutter“ war der klare Favorit. Sie gab den Jungen das taktile Feedback, das sie brauchten. Mit ihr kuschelten sie, bei ihr schliefen sie. Kamen die Äffchen alleine in eine neue Umgebung, waren sie verschreckt und verängstigt. Wurden sie zusammen mit der „Stoff-Mutter“ in einen neuen Käfig gesetzt, waren sie neugierig und interessiert.
Harlows Experimente aus den 1950er Jahren haben gezeigt, wie essentiell Körperkontakt für die Entwicklung eines gesunden Sozialverhaltens ist – doch waren sie ethisch durchaus bedenklich. So sind auch Studien am Menschen bis heute rar.
Experimente mit Heimkindern
Hinweise gibt eine umstrittene Langzeitstudie in rumänischen Kinderheimen, die ab dem Jahr 2000 von amerikanischen Psychologen verschiedener Universitäten durchgeführt wurde. Im Bucharest Early Intervention Project wollten sie den Einfluss von emotionaler und körperlicher Vernachlässigung auf rumänische Heimkinder untersuchen. Dafür platzierten die Forscher verwaiste Kinder und Jugendliche entweder im Heim – oder bei speziell ausgebildeten Pflegen-Familien.
Das Ergebnis: Die Kinder, die in Heimen aufwuchsen, zeigten im Schnitt einen geringeren IQ. Aber auch mehr psychische Probleme, Schwierigkeiten mit familiärerer Bindung und eine veränderte Gehirnchemie. Bei Kindern, die jünger als zwei Jahre waren, als sie zu Pflegeeltern kamen, ließen sich diese Effekte umkehren. Bei älteren Kindern nicht. Die Forscher führen die unterschiedliche Entwicklung der Kinder auf die körperliche und emotionale Vernachlässigung in den stark unterbesetzten und schlecht finanzierten Heimen zurück.
Hinzu kommt: Körperkontakt kann auch das Wachstum von Kindern beeinflussen. Studien haben gezeigt, dass Frühchen, die Berührungstherapie bekommen, fast doppelt so schnell an Gewicht zulegen wie Babys, die solche Behandlungen nicht erhalten. Welche Mechanismen dahinter stecken, ist nicht abschließend geklärt. Klar ist aber: Der Tastsinn ist bei der Geburt weiter entwickelt als alle anderen Sinne. Berührung ist damit unsere erste Sprache.
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Kann man mit Handauflegen heilen?
Berührung kann aber noch mehr. Massagen werden zum Beispiel auch ergänzend zur Behandlung von Krebs eingesetzt, vor allem um die Nebeneffekte von klassischer Chemotherapie und Bestrahlung zu lindern. Verschiedene Meta-Studien haben gezeigt, dass Massagetherapien helfen, bei Krebspatient:innen Ängste abzubauen, Depressionen entgegenzuwirken und sogar Schmerzen zu mindern. Und auch für das Herz ist Körperkontakt gut. Eine Studie hat gezeigt, dass 20 Sekunden Umarmung, gefolgt von 10 Minuten Hand-halten, den Blutdruck und den Herzschlag senken. Die Autoren der Studie glauben, dass regelmäßiger Körperkontakt einer der Gründe ist, weshalb Menschen in stabilen Partnerschaften ein geringeres Risiko für Herzkreislauferkrankungen haben.
Es ist nicht die Berührung allein
Berührungen können also nicht heilen – aber sie können unserem Körper offenbar helfen, besser mit Krankheiten fertig zu werden. Wie das genau funktioniert, ist nicht abschließend geklärt. Klar ist aber: Die Berührung alleine hat wenig Effekt. Wichtig ist die Verbindung von Haut und Gefühlen. Durch die Ausschüttung von Oxytocin nach einer angenehmen Berührung werden Stresshormone im Körper abgebaut. Das reduziert nicht nur Ängste, sondern stärkt auch das Abwehrsystem. Denn ein Teil der Stressreaktion des Körpers ist die Unterdrückung von Immunfunktionen. Außerdem hat Oxytocin im Körper eine schmerzstillende Wirkung.
Ist am klassischen Handauflegen als doch mehr dran als gedacht? Beim Handauflegen werden die Hände nicht bewegt. Studien haben aber gezeigt, dass vor allem sanfte Streichelbewegungen die CT-Nervenbahnen stimulieren, die zur Oxytocin-Ausschüttung führen. Wer sich beim Handauflegen entspannt, tut seinem Körper damit aber sicher nichts Schlechtes. Genau wie Massagen und Umarmungen kann aber auch Handauflegen nicht heilen, sondern höchstens unterstützend oder vorbeugend wirken.
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Wie wichtig sind leichte Berührungen im Alltag?
Das gleiche gilt auch für Sportteams. Während der NBA Saison 2008/9 haben US-Wissenschaftler:innen das Berührungsverhalten der Spieler in verschiedenen Basketballteams analysiert. Dabei ging es sowohl um die im Sport üblichen Po-Klapse und Schulter-Boxer, als auch um Umarmungen. Die Hypothese der Wissenschaftler:innen: Körperkontakt stärkt die Zusammenarbeit und das Vertrauen im Team, und steigert so die Leistung. Sie beriefen sich dabei auf diverse Studien, die gezeigt hatten, dass Umarmungen Stress mindern – und schon eine 1-sekündige Berührung ausreicht, um Gefühle wie Dankbarkeit, Zuneigung und Ermutigung zu vermitteln. Die Hypothese wurde bestätigt. Teams, die in der ersten Hälfte der Saison durch besonders viele Po-Klapse und Schulter-Boxer auffielen, zeigten in der zweiten Hälfte der Saison eine signifikant bessere Leistung. Außerdem gaben in diesen Teams die Star-Player häufiger den Ball ab.
Zum besseren Abschneiden der touchy Teams könnten aber auch noch andere Effekte von Berührungen beigetragen haben. Versuche haben gezeigt, dass kurze Berührungen die Risikobereitschaft erhöhen. So reichte eine kurze Berührung am Rücken, damit Teilnehmende eines Experiments risikoreichere Investitionen tätigten. Auch in einem anderen Zusammenhang steigern Berührungen die Spendierlaune: Demnach bekommen Kellnerinnen, die ihre Kunden (Männer und Frauen) leicht am Arm oder der Schulter berühren, einer US-Studie zufolge mehr Trinkgeld.
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Was passiert, wenn man nicht berührt wird?
Wer keine menschlichen Kuschelpartner:innen hat, muss aber nicht verzweifeln. Studien haben gezeigt, dass auch das Streicheln von Hunden zu Endorphin-Ausschüttung führt und Stress abbaut. Wie wäre es denn mit einem Haustier?
Für alle anderen gilt: Einmal am Tag 20 Sekunden umarmen. Das gehört genauso ins Gesundheits-Repertoire wie der tägliche Apfel.
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Bin dankbar, diesen fuer mich sehr wertvollen Artikel zufaellig gefunden zu haben!!! Als jemand, dessen N O T ihn seit Kindesbeinen an zwang, nach N O T W E N D I G E M zu suchen, (Ueberlebensstrategie) hab ich mit grosser Dankbarkeit 1983 eine psychosomatische Klinik in Bad Herrenalb… Weiterlesen »
Menschen die gut alleine sein können, sind eben nicht einsam, sondern haben Kreativität und ein Innenleben. Menschen die immer umarmt werden wollen, können nicht alleine sein.
dass Menschen tägliche Berührungen benötigen. Dann könnte niemand alleine für sich existieren, nicht mal einen Tag…
Alleine sein und einsam ist nicht das Selbe. Selbst mit dem Quellenangaben bleibt der Text nur auf küchenpsychologischem Niveau