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Herzhafter Geschmack
Angst vor Glutamat im Essen ist unbegründet
Keine Geschmacksverstärker, kein Glutamat – damit werben viele Hersteller für ihre Lebensmittel. So entsteht der falsche Eindruck, Glutamat müsste irgendwie ungesund sein.
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Glutamat ist überall
Glutamat und Glutaminsäure werden häufig gleichbedeutend benutzt, weil die Säure im Körper dissoziiert. Das heißt, sie zerfällt schnell in ihre ionische Verbindung – es entsteht also ein Glutamat-Ion und ein Wasserstoff-Ion.
Glutaminsäure kommt überall in der Natur vor
Glutamat beziehungsweise Glutaminsäure ist von Natur aus in zahlreichen Lebensmitteln enthalten – von Parmesankäse und Gorgonzola bis zu Tomaten und Pilzen. Glutaminsäure ist eine Aminosäure, ein Grundbaustein für Eiweiße, und damit in allem enthalten, was lebt. Pflanzen, Tiere und Menschen stellen sie selbst her. Selbst die Muttermilch enthält Glutaminsäure.
Das Glutamat, das unser Körper selbst herstellt, wird endogenes Glutamat genannt. Es hat eine Vielzahl von Funktionen im Körper. Unter anderem beeinflusst es wesentlich die Entwicklung des Nervensystems, auch dem Darm dient der Stoff als wichtige Energiequelle. Das Glutamat, also das Salz, das als Geschmacksverstärker zugesetzt wird, nennt sich exogenes Glutamat.
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Die Entdeckung von Glutamat
Ikeda nahm seine Erfahrung vom Esstisch mit ins Labor. Er zerlegte den Seetang bis in seine molekularen Einzelteile und fand: Glutamat, das er in Form von Mononatriumglutamat chemisch stabilisierte.
Der Geschmack, den die Verbindung auslöst, lässt sich schwer beschreiben. Er passt in keine der vier bis dahin bekannten Grundgeschmacksrichtungen süß, salzig, sauer und bitter. Also gab Ikeda ihm einen eigenen Namen: umami. Inzwischen wurden auch die entsprechenden Geschmackssinneszellen beim Menschen identifiziert und umami in die Reihe der Grundgeschmäcker mit aufgenommen.
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Darum müssen wir drüber sprechen:
Glutamat als Geschmacksverstärker ist umstritten
Studien haben Hinweise geliefert, dass Störungen im endogenen, also vom Körper selbst betriebenen Glutamatstoffwechsel mit Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder amyotrophischer Lateralsklerose (ALS) in Verbindung gebracht werden können.
Das ist nicht ganz abwegig, denn Glutamat ist ein wichtiger Botenstoff im Gehirn und dort sehr aktiv. Wichtig ist aber: Das endogene Glutamat ist das Problem, nicht das exogene, das wir mit der Nahrung aufnehmen. Letzteres kann nämlich üblicherweise nicht die Blut-Hirn-Schranke passieren, die die Umgebung unseres Gehirns vom Rest des Körpers trennt und schützt. Diese Pforte öffnet sich nicht einfach so, dazu braucht es schon plötzliche Blutdruckanstiege, epileptische Anfälle oder Schlaganfälle.
Keine Krebsgefahr bei üblichen Mengen
Ebenfalls wurde vermutet, dass Glutamat krebserregend ist. Forschende aus den USA hatten in einer Untersuchung festgestellt, dass besonders aggressive Prostata-Tumore einhergingen mit hohen Glutamat-Konzentrationen im Blut sowie mehr Glutamat-Rezeptoren auf dem Tumorgewebe.
Weil damit noch nicht klar ist, ob Glutamat die Tumore auch verursacht, prüfte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Stoff vor wenigen Jahren erneut. Ergebnis: Glutamat ist in den üblichen Mengen, die wir täglich verzehren, nicht gefährlich.
Andere Untersuchungen warnen aber, dass Glutamat Übergewicht begünstigen könnte. Die These ist, dass Glutamat eine Resistenz gegen Leptin fördert. Leptin ist ein Hormon, das Hunger reguliert und im Fettstoffwechsel eine Rolle spielt. Versuche an Nagetieren hatten eine Leptin-Resistenz aufgrund von Glutamat bereits gezeigt. Eine Studie mit 752 Chines:innen bestätigte die Ergebnisse insofern, als mehr Glutamat-Konsum bei Menschen auch mit einer Gewichtszunahme einherging.
Das "China-Restaurant-Syndrom"
Ende der Sechzigerjahre beschrieb der US-amerikanische Arzt Robert Ho Man Kwok ein nicht lebensbedrohliches, aber unangenehmes Phänomen, für das er Glutamat verantwortlich machte. In einem Brief, den er an das New England Journal of Medicine schickte, brachte er erstmals den Begriff "China-Restaurant-Syndrom" ins Gespräch.
In der asiatischen Küche wird viel mit Glutamat gewürzt und Kwok hatte selbst regelmäßig erlebt, dass es ihm nach chinesischem Essen nicht gut ging: Sein Mund wurde trocken, fing an zu kribbeln, wurde taub und der Hals kratzte. Auch Hitzewallungen, Herzklopfen, Kopf- und Gliederschmerzen und Übelkeit kamen dazu.
Auch andere Menschen berichten von ähnlichen Symptomen, nachdem sie chinesisch gegessen hatten. Nach derzeitigem Stand der Forschung ist aber nicht das Glutamat dafür verantwortlich. Es konnten keinerlei Beweise entdeckt werden, dass es Überempfindlichkeiten gegen Glutamat gibt.
Ernährungswissenschaftler:innen, Verbände und Institute wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) haben deshalb keine Bedenken gegen gelegentliches Würzen mit Glutamat. Nur von einem Einsatz als Kochsalzersatz rät das BfR ab: Abgesehen davon, dass Glutamate keinen typischen Salzgeschmack bewirken, sollten die Verbindungen nur zu ihrem vorgesehenen Verwendungszweck als Geschmacksverstärker eingesetzt werden.
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Was ist verstecktes Glutamat?
Seine Würzigkeit hat er aber auch vom Glutamat, aus dem er zu gewissen Anteilen besteht. Doch während Glutamat unter den Inhaltsstoffen extra aufgeführt werden muss, dürfen Produkte mit Hefeextrakt sogar das Label "ohne Zusatz von Geschmacksverstärkern" tragen.
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In Maßen ist Glutamat nicht gesundheitsschädlich
Anschaulicher machen das Versuche, die an Mäusen durchgeführt wurden. Forschende haben etwa an neugeborenen Mäusen festgestellt, dass sie Schäden in bestimmten Regionen des zentralen Nervensystems erleiden, wenn ihnen Glutamat verabreicht wird. Aber: Um Schäden festzustellen, mussten die Forschenden den Mäusen das Glutamat per Tropf geben oder ihnen große Mengen per Ernährungssonde verabreichen. War Glutamat einfach nur dem Futter oder Trinkwasser zugemischt, nahmen die Tiere keinen Schaden.
Glutamat reichert sich nur teilweise im Blut an
Andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass sich Glutamat beim Menschen gar nicht in dem Maße im Blut anreichern kann, dass Werte erreicht werden, die bei Mäusen zu Schäden geführt haben, selbst wenn sie extrem viel Glutamat essen.
Ein Beispiel: Gibt man einem 60 Kilogramm schweren Menschen neun Gramm, also einen knappen Esslöffel pures Glutamat, landet nur höchstens ein Prozent davon in jedem Liter Blut und baut sich sehr schnell wieder ab.
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Was ist an Glutamat so lecker?
Forschende haben zum Beispiel Proband:innen eine Mononatriumglutamat-Lösung zu trinken gegeben – einmal pur, einmal mit dem Aroma von Gemüse unter der Nase und einmal mit dem Aroma von Rum. Heraus kam: Mit Gemüseduft schmeckt Glutamat, sonst eher nicht, vor allem nicht mit Rum. Und: Glutamat und Gemüseduft fanden die Proband:innen leckerer als Kochsalz und Gemüseduft.
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Für manche Menschen ist Glutamat sogar gut
Für manche Menschen könnte es sogar besonders empfehlenswert sein, Glutamat zu sich zu nehmen: Im Alter kann der Sinn für umami mitunter verloren gehen oder abstumpfen. Japanische Forschende haben herausgefunden, dass eine glutamatreiche Brühe die Geschmacksrezeptoren wieder in Gang bringen und insgesamt den Appetit steigern kann.
Außerdem haben Forschende getestet, dass Mononatrium- aber auch Kalziumglutamat eine Suppe geschmacklich so anreichern können, dass weniger Salz nötig ist. Dies kann Menschen auf einer salzarmen Diät helfen.
Quellenangaben zum Artikel:
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Hab rausgefunden, warum niemand dazu eine Quelle nennen will. Weil zu sagen „Glutamat ist … verboten“ hört sich einfach interessanter an als „Jegliche Lebensmittelzusatzstoffe sind in Säuglings- und Kleinkindernahrung verboten“. Quelle: EU-Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 (Danke, Wikipedia.)
Hmm, oder auch nicht: https://ec.europa.eu/food/food-feed-portal/screen/food-additives/search/details/POL-FAD-IMPORT-3254
Hallo, überall wird behauptet Glutamat sei in Baby-/Säuglingsnahrung verboten. Ich finde dazu jedoch keine Quelle. Können Sie mir vielleicht helfen? Grüße
Glutamat ist Eu-weit als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Uns ist auch keine Ausnahme für Babynahrung bekannt. Siehe auch: https://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/glutamat-5023.html
Interessant. Danke! Aber verwirrend, was die Leute so erzählen.
Bei mir wurde vor 10 Jahren eine Histamin-Intoleranz diagnostiziert. Histamin ist ebenfalls ein Stoff, der in vielen Lebensmitteln in unterschiedlicher Menge vorkommt, sich beim Lagern anreichert, und auch vom Körper selbst produziert wird. Zum Abbau benötig der Körper ein Enzym (Diaminooxidase), das mein Körper in zu geringem Maße herstellt. Dadurch… Weiterlesen »
Wegen Ihrer Histamin Intoleranz wird der Stoff nicht grundsätzlich gefährlich. Ich darf wegen eines Enzymmangels keine Ackerbohnen essen, weil sonst die roten Blutkörperchen zerfallen. Ich bin dennoch weit davon entfernt nur wegen diesem Sonderfall zu behaupten, man dürfe Ackerbohnen nicht mehr als allgemein ungefährlich einstufen.
Wenn Durchfall und Blähbauch als Normal angesehen wird, ist Glutamat „in Ordnung“. Habe gestern bei Bekannten Geschnetzeltes gegessen und während des Essens blähte es schon. Sofort danach der Gang aufs Klo. Auf Nachfrage erfuhr ich, daß es Maggi-Würze war – mit Mononatriumglutanat (MNG). Da war mir alles klar. Wir gehen… Weiterlesen »
Es geht in dem Artikel um starke gesundheitsschädliche Wirkungen, die bei den gewöhnlichen Dosierungen ausgeschlossen werden können. Die Quellenliste mit den Studien unter dem Artikel, auf die wir uns beziehen, hast du dir angeschaut? P.S.: Gesponsert werden wir von niemand, außer den Bürgern dieses Landes über den Rundfunkbeitrag. Wir sind… Weiterlesen »
Hallo, ich finde den Artikel nicht schlecht, würde es aber auch begrüßen, wenn noch einmal deutlich darauf hingewiesen werden würde, dass es bei einigen Menschen einige wenige oder heftigere Reaktionen auslösen kann und dass man, wenn man sich nach einem Essen unwohl fühlt, es an einer Unverträglichkeit liegen könnte. Ich… Weiterlesen »
Also ich weiß, wenn ich Mononatriumglutamat (E621) auch nur in kleinen Mengen zu mir nehme, brennt mir der Magen wie Feuer. Damit man sich das mal vorstellen kann, es fühlt sich wie Sodbrennen hoch 10 an, der Magen versucht die Säure los zu werden und dass in der Regel nach… Weiterlesen »
Dass dir Leute ohne dein Wissen und gegen deinen expliziten Wunsch Glutamat ins Essen geben, ist ein absolutes Unding. Technisch gesehen sogar strafbewehrte Körperverletzung. Da wird immer so getan, als seien es Jugendstreiche. Der Klassiker: dem Vegetarier Fleisch unterjubeln. Dabei zeigt sich hier schon deutlich, dass persönliche Grenzen anderer schlicht… Weiterlesen »