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Quarks Daily Spezial
Nachhaltig leben: alles verbieten oder alles erklären?
Wir brauchen mehr Umwelt- und Klimaschutz – aber wie? Die einen wollen mehr Regeln, die anderen mehr Selbstbestimmung. Am Ende könnte das Gemeinschaftsgefühl entscheiden.
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Klimaschutz ist Menschen wichtig
Viele Menschen wünschen sich dringend mehr Nachhaltigkeit: Bei einer Befragung zum "Naturbewusstsein" des Bundesamtes für Naturschutz war "Umwelt-, Natur- und Klimaschutz" den Menschen am wichtigsten. Das Thema lag vor Politikfeldern wie Gesundheit, Rente oder Arbeitsmarkt. Auch beim ARD Deutschlandtrend stand im April 2023 der Umwelt- und Klimaschutz ganz oben auf der Liste der wichtigsten politischen Probleme.
Das macht Verbote unbeliebt
Regeln und Verbote für mehr Klimaschutz sehen viele aber kritisch. Ein Grund: Wenn man sich persönlich eingeschränkt fühlt, kann das das Phänomen der Reaktanz auslösen und dazu führen, dass man Regeln infrage stellt oder sich nicht daran hält. Das tritt besonders leicht ein, wenn die Regeln sehr streng oder willkürlich erscheinen.
Zudem ist es für das Gehirn anstrengend, wenn es mit anderen Meinungen konfrontiert wird. Im ungünstigsten Fall verarbeiten bestimmte Hirnareale Informationen, die der eigenen Meinung widersprechen, kurzfristig nicht weiter.
Darum können Regeln trotzdem helfen
Anderseits können klare Regeln auch psychologisch sinnvoll sein. Denn sie stellen sicher, dass viele mitmachen. So verhindern sie das Gefühl, dass man sich allein bemüht, was sehr demotivierend wirken kann.
Beispiele aus der Vergangenheit zeigen außerdem: Auch Regeln, die anfangs umstritten sind, können nach kurzer Zeit vermehrt akzeptiert werden. So war es zum Beispiel bei der Einführung eines Rauchverbotes in öffentlichen Gebäuden, das 2007 in Kraft trat.
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Nachhaltigkeit leichter machen
Damit sich Menschen umweltfreundlicher verhalten, braucht es aber mehr als Regeln. Entscheidend ist auch, dass die Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, nachhaltig zu handeln: Wer Bus fahren will, braucht eine Buslinie, wer sein Smartphone reparieren lassen will, braucht ein Gerät, das man auch reparieren kann. Solche Rahmenbedingungen müssen in Deutschland besser werden, damit Menschen sich nachhaltiger verhalten, forderte im Mai 2023 auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung.
Viele wollen Veränderung
Ein weiterer Weg zu mehr Nachhaltigkeit kann es sein, wenn sich Menschen aus einem Ort gemeinsam überlegen, was sie in ihrer eigenen Stadt oder Region verändern möchten. In Bonn hat das Projekt "Bonn4Future" das ausprobiert. Zufällig ausgewählte Menschen aus der Stadt haben Vorschläge entwickelt, wie die Stadt bis 2035 klimaneutral werden kann. Sie wünschten sich zum Beispiel, dass es einfacher wird, Wohnungen zu tauschen. Eine andere Idee: Treffpunkte in allen Stadtteilen, wo sich Menschen über die besten Möglichkeiten für Sanierungen austauschen können.
Soziale Kipppunkte können helfen
Solche gemeinsamen Aktionen und Ideen können einen entscheidenden Vorteil haben, den die Sozialwissenschaften als Phänomen der "sozialen Kipppunkte" beschreiben. Darunter versteht man, dass Menschen sich oft am Verhalten anderer orientieren. Wenn also einige anfangen, sich umwelt- und klimafreundlicher zu verhalten, kann das immer mehr andere motivieren, auch mitzumachen: Wenn eine Familie anfängt, Energie zu sparen, machen das die Menschen in der Nachbarschaft vielleicht auch. Wenn eine Person weniger Fleisch isst, schließen sich Freundinnen und Freunde vielleicht an. Und derer Bekannte dann auch – und so weiter. So kann das Verhalten weniger bei einem sozialen Kipppunkt schließlich den Anstoß zu grundlegenden Veränderungen im Verhalten einer Gesellschaft geben. Dies könnte auch beim Klima- und Umweltschutz ein wichtiger Faktor sein, den derzeit zum Beispiel die Universität Leipzig genauer erforscht.
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