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LÜGEN –
Warum wir nicht darauf verzichten können
Warum wir nicht darauf verzichten können
Ehrlichkeit ist eine Tugend – an der wir aber regelmäßig scheitern. Jeder von uns lügt im Schnitt zweimal pro Tag. Dabei reicht das Spektrum von der diplomatischen Höflichkeitslüge bis zum handfesten Betrug.
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Warum wir lügen
Wer lügt, handelt meist aus persönlichem Interesse, will sich entweder einen Vorteil verschaffen oder einer Strafe aus dem Weg gehen. Kleine Notlügen können auch den Alltag erleichtern – denn wer will schon seiner Mutter ehrlich ins Gesicht sagen, dass ihr Kuchen nicht schmeckt?
Männer lügen anders als Frauen
Während Männer anscheinend bevorzugt über ihr Leben, die berufliche Perspektive oder das Gehalt flunkern, lügen Frauen eher, indem sie übertriebene Komplimente verteilen oder sich betont freundlich geben, damit das Gegenüber sich wohlfühlt.
Die Psychologie unterscheidet generell in "weiße" und "schwarze" Lügen. "Weiße" Lügen sind altruistisch, wir lügen, um dem Gegenüber ein gutes Gefühl zu geben ("du kannst aber schön malen!"). "Schwarze" Lügen nennt man dagegen die, in denen Lügner:innen auf Kosten anderer betrügem.
Wie wir lernen zu lügen
Schon als Kinder lernen wir zu lügen: Wir haben die dickste Schoko-Schnauze und behaupten: "Ich habe die Schokolade nicht aufgegessen!" Wenn Kinder lügen lernen, ist das aber erst mal nichts schlechtes, sondern eher ein Zeichen für ihre geistige Entwicklung. Denn wer lügt, kann abstrahieren, sich schlüssige Konstrukte und Geschichten überlegen, das Gegenüber "lesen", seine Reaktion voraussehen. Wie genau Kinder lügen lernen, steht hier.
Die Psychologie hinter der Lüge
Vor der Lüge steht immer die Entscheidung: Sage ich die Wahrheit? Oder nicht? Denn bei einer Lüge weiß ich, dass ich die Unwahrheit sage. Damit wir das aushalten können, wirkt das, was der Psychologe und Verhaltensökonom Dan Ariely den "Schummelfaktor" nennt.
Demnach wirken zwei Kräfte in uns: die Gier nach dem Vorteil, aber andererseits der Wunsch, ein ehrlicher Mensch zu sein. Entsprechend suchen wir Ausreden, die uns unsere Lüge ertragen lassen. Wir bauen ganze logische Konstrukte auf, um die Lüge vor uns selbst zu erklären. Das heißt, beim Lügen täuschen wir uns letztlich auch immer selbst.
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Pathologische Lügner:innen
Als Erster hat der Psychiater Anton Delbrück 1891 die – wie er sie benannt hat -"Pseudologia phantastica" beschrieben. Das ist eine Störung, bei der Menschen einen zwanghaften Drang zum Lügen und Übertreiben haben.
Eine besondere Form ist dabei das "Münchhausen-Syndrom", bei dem Betroffene körperliche Beschwerden erfinden. Er oder sie erfindet schlimme Krankheiten, um Mitleid zu erwecken.
In der psychiatrischen Klassifikation werden diese Störungen unter "andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen" klassifiziert.
Pseudologie
Sogenannte "Pseudolog:innen" erfinden teilweise die unglaublichsten Lebensgeschichten, geben sich als etwas aus, das sie nicht sind. Sie können nicht anders, als immer wieder die Unwahrheit zu sagen. Sie tun das nicht berechnend, um ein konkretes Ziel, wie zum Beispiel mehr Geld oder Macht zu erreichen, sondern aus einer unbewussten Not heraus. Manche Pseudolog:innen verstricken sich so sehr in ihre Lügengeschichten, dass sie sie selbst teilweise glauben.
Pseudolog:innen haben oft in der Kindheit nur wenig Aufmerksamkeit bekommen, weshalb sie meist ein sehr geringes Selbstwertgefühl haben. Mit dem Ausleben ihrer Fantasie wollen sie ihr vermindertes Selbstwertgefühl retten. Pseudolog:innen flüchten sich in Fantastereien, um Gefühlen wie Angst oder Scham auszuweichen. Oder sie tun es, um andere glücklich zu machen, um sozusagen das zu liefern, was andere von ihnen erwarten.
Mehr zum Krankheitsbild der Pseudologie, und wie man es behandelt, steht hier.
Weiterführende Links bei Quarks
Interview mit Psychiater Dr. Hans Stoffels: Wenn Lügen zur Krankheit wird
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