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Umwelt
Darum sind Papiertüten gar nicht so nachhaltig und öko
Die Papiertüte hat einen guten Ruf – doch wird sie nass und reißt, ist ihre Ökobilanz schnell dahin. Oft wären sogar Plastikbeutel besser.
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Darum geht's: Papiertüten haben ein Öko-Image
Was so öko aussieht, ist jedoch alles andere als schonend für die Umwelt. „Mich ärgert es, wenn die falschen Vorstellungen der Kunden ausgenutzt werden“, sagt Katharina Istel, Nachhaltigkeits-Expertin beim Naturschutzbund Deutschland. Anstatt Kunden zu motivieren, eigene Taschen und Beutel mitzubringen, würden Unternehmen einfach Einwegplastiktüten mit Einwegpapiertüten ersetzen. „Die Verbraucher denken sie tun etwas Gutes, aber das ist das Gegenteil davon“, sagt Istel.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen: Die Herstellung belastet die Umwelt
Darum müssen wir drüber sprechen: Die Herstellung belastet die Umwelt
Aus diesem Grund wird für Papiertüten in Summe mehr Material benötigt als etwa bei Druckerpapier und die Papierfasern müssen besonders lang und stabil sein, damit die Tüte hält. Dafür eignen sich nur besonders hochwertige Recyclingfasern oder Fasern, die aus neuem Material gewonnen werden, so genannte Frischfasern.
Frischfaserherstellung belastet die Umwelt
Frischfasern werden aus Holz hergestellt. Die Papierindustrie in Deutschland wird vor allem von Holzplantagen aus Skandinavien und Südamerika beliefert, wo die Plantagen zu Problemen für die Bevölkerung und die heimischen Ökosysteme, Tier- und Pflanzenarten führen. Beispielsweise können durch Düngemittel- und Pestizideinsatz gefährliche Chemikalien in Böden und Gewässer eingeleitet werden.
Und auch die Prozesse, um das Holz zu Papier zu verarbeiten, verbrauchen vergleichsweise viel Energie und Wasser.
Weitere Angaben zum Artikel:
Herstellung von Papier aus Frischfasern
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Papiertüte | |
Wasserverbrauch | 4 x so hoch wie bei Plastiktüte |
Klimagasemissionen | 3,3 x so hoch wie bei Plastiktüte |
Das heißt: Man müsste demnach eine Papiertüte mindestens viermal benutzen, um in der Ökobilanz einen Vorteil gegenüber den Plastikbeuteln zu erreichen.
Bei solchen Statistiken ist zu erwähnen, dass sie nicht exakt für die gesamte Papier- und Zellstoffindustrie hinweg gelten. Denn jede Fabrik und jede Papiersorte hat unterschiedliche Herstellungsprozesse, Maschinen und Standards. Oder kurz: Die Ökobilanz variiert von Papiertüte zu Papiertüte.
“Bei Produktionsstätten im außereuropäischen Ausland haben die verfügbaren Daten nicht die gleiche Qualität, um Angaben zu Wasserverbrauch, Energieverbrauch oder Klimagasemissionen zu prüfen. Auch sind die Genehmigungsauflagen und die Überwachung von Grenzwerten von Industrieanlagen nicht in allen Ländern gleich gut.”, sagt Almut Reichart, Expertin für Umweltschutz in der Papier- und Zellstoffherstellung im Umweltbundesamt. Deshalb müsse man da immer skeptischer sein, als bei den besser kontrollierten Produktionsstätten in Europa.
Trotzdem ließen sich Durchschnittswerte bilden und Vergleiche ziehen. Und dabei sieht man auch, dass recyceltes Papier deutlich besser abschneidet als Papier aus Frischfasern.
Artikel Abschnitt: Aber: Recycling macht's deutlich besser
Aber: Recycling macht's deutlich besser
Pro Kilo Recyclingpapier | Pro Kilo Frischfaserpapier | |
Zusätzliches Holz | 0 Kilo | 2,2 Kilo |
Energie | 4,2 kWh | 13 kWh |
Wasser | 11 Liter | 50 Liter |
CO2-Äquivalente | 822 Gramm | 971 Gramm |
Natürlich fällt das Altpapier beim Recycling auch nicht vom Himmel, pro Kilo Recyclingpapier werden bis zu 1,3 Kilo Altpapier eingesetzt. Ca. 20% frische Fasern sind für die Aufrechterhaltung des Papierkreislaufes erforderlich. Im Bereich der Kopierpapiere liegt der Anteil von Recyclingpaper noch bei unter 15 %. Hier besteht also noch Steigerungspotential. Altpapier ist trotz Importen immer noch ein regionalerer Rohstoff als Zellstoff. Beim Recycling wird das Altpapier nur mit Wasser und Seife aufgelöst bei 40 bis 50 Grad. “Dazu braucht es weniger chemischen Zusätze, weil die Altpapierfasern nur mit leicht löslichen Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten werden”, sagt UBA-Papierexpertin Reichart. Der energieintensivste Teil beim Recycling sei das Trocknen.
Laut dem Gütesiegel Blauer Engel spart Papierrecycling mindestens 60 Prozent Energie und Wasser gegenüber Frischfaserpapier.
Recyclingpapier vs. Plastik
Wie gut eine Papiertüte aus 100% Recyclingpapier im Vergleich zu einer Tüte aus Plastik abschneidet, wurde so im Detail noch nicht untersucht. Man kann allerdings davon ausgehen, dass Plastik weiterhin besser abschneidet, weil Plastiktüten deutlich weniger Material brauchen, um reißfest zu sein.
Eine Faustregel: Ist das Produkt aus Plastik leichter, kann man davon ausgehen, dass es besser abschneidet als die Papiervariante. Ist es gleich schwer oder sogar schwerer als Papier, schneidet Papier besser ab.
Abseits der Herstellung haben Papiertüten aber einen anderen, nicht zu vernachlässigenden Vorteil gegenüber Plastiktüten. Landen sie in der Umwelt, zersetzen sich Papiertüten deutlich schneller. Es gibt kein so genanntes “Littering-Problem” wie bei Plastiktüten.
Artikel Abschnitt: Und jetzt? Einwegtüten vermeiden
Und jetzt? Einwegtüten vermeiden
- Einwegtüten generell vermeiden
- Bei Papiertüten auf 100% Altpapieranteil achten (Hinweis ist das Siegel des Blauen Engels)
- Einwegtüten so oft wie möglich nutzen
Für die Umweltauswirkung macht es einen großen Unterschied, ob das Material aus Altpapier oder Frischfasern hergestellt wurde. Der “Blaue Engel” steht als einziges Siegel für 100% Altpapieranteil, betont das Umweltbundesamt. Alle anderen Siegel wie FSC, PEFC oder die Bezeichnung “chlorfrei gebleicht” seien aus Umweltsicht weniger hilfreich.
Außerdem gilt: Papiertüten haben nur dann einen geringeren Impact auf die Umwelt als Plastiktüten, wenn sie häufig benutzt werden. Da sie bei schweren und scharfkantigen Einkäufen aber schnell reißen, ist das nicht immer umsetzbar.
Insgesamt ist es für die Umwelt immer besser, auf Einwegtüten zu verzichten und eigene Taschen oder Beutel von Zuhause mitzubringen und diese über Jahre zu benutzen.
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Wenn lt. OECD Bericht (2019) weltweit nur 9% des verwendeten Plastiks recycelt werden, dann ist das für mich kein funktionierender Wertstoffkreislauf. Auch wenn es nur Hochrechnungen/Schätzungen sind, wie viel Plastik/Fisch 2050 in den Weltmeeren herumschwimmen wird – Papier zersetzt sich im Wasser. Auch wenn der Wertstoffkreislauf Papier lange nicht optimal… Weiterlesen »
Und was ist sooo schlimm, wenn das Papier aus frischen Fasern hergestellt wird? Ist das nicht trotzdem viel besser als Plastik, das sich niemals zersetzt?