Artikel Kopfzeile:
Tränen beim Menschen
Darum weinen wir
Weinen ist komplex und erstaunlich wenig erforscht. Sicher ist: Nur der Mensch weint aus emotionalen Gründen.
Artikel Abschnitt: Welchen Ursprung hat das Weinen?
Welchen Ursprung hat das Weinen?
Schon vier Wochen alte Säuglinge können Tränen vergießen – das Schreien nimmt bei Menschen dann aber in der Regel ab. Eine These für die Entstehung der Verbindung zwischen Tränen und stimmlichem Schreien ist, dass bei Notrufen von menschlichen Neugeborenen die starken Kontraktionen des Augenringmuskels die Nerven der Hornhaut stimulierten. Diese drücken dann im Wortsinne auf die Tränendrüse, vergleichbar mit nichtemotionalen Tränen beim Gähnen.
Exklusive menschliche Eigenschaft
Nur Menschen weinen aus emotionalen Gründen. Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der sichtbaren Tränenproduktion und der Betreuungs- und Aufzuchtzeit, die bei Menschen viel länger dauert als im Tierreich. Kinder sind viele Jahre auf den Schutz und die Lehre durch Erwachsene angewiesen.
Weinen ist ein stilleres Signal als Schreien, was evolutionär vorteilhaft ist, um nicht Fremde oder Feinde wie mögliche Raubtiere anzulocken. Die Hauptfunktion des Weinens besteht also vermutlich darin, soziale Bindungen und gegenseitiges prosoziales Verhalten zu fördern.
Artikel Abschnitt: Was verrät die Tränenflüssigkeit?
Was verrät die Tränenflüssigkeit?
Alle drei Tränenformen bestehen aus Elektrolyten, Wasser und Proteinen, doch die Konzentration ist unterschiedlich. Emotionale Tränen enthalten mehr Proteine als Reflextränen sowie höhere Konzentrationen an Prolaktin, Mangan, Kalium oder Serotonin. Bei der Entstehung spielen aber vermutlich die gleichen Nerven-, Rezeptor- und Transmitterstrukturen eine Rolle.
Weinen ist ein komplexer Vorgang
Wer weint, hat meist seine Mimik nicht unter Kontrolle. Das liegt daran, dass beim Weinen mehrere Gesichtsmuskeln, Hirnstrukturen und Nerven aktiviert werden. Zudem ist es oft von Schluchzen begleitet, was die Sprachmöglichkeiten einschränkt. Weinen ist aber nicht nur körperlich ein komplexer Vorgang.
Es hängt mit kulturellen und sozialen Regeln zusammen. Die Gründe, warum wir weinen, verraten viel darüber, wer wir sind und was uns wichtig ist. Einige Menschen können auch absichtlich weinen ("manipulative Tränen"). Manchen dagegen fehlt komplett die Fähigkeit, emotional weinen können.
Artikel Abschnitt: Warum weinen Frauen mehr als Männer?
Warum weinen Frauen mehr als Männer?
Die Anlässe sind aber überraschend häufig banal: Zu Tränen rühren oft alltägliche Konflikte oder kleinere Frustrationen sowie emotionale Filme oder Lieder. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Zeitschrift "Tina" von 2018 waren dies die häufigsten Gründe für Tränen: einen rührenden oder traurigen Film schauen (62 Prozent), ein emotionales Musikstück hören (36 Prozent) und ein liebevolles Geschenk erhalten (32 Prozent).
Bei einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung 2015 gaben 83 Prozent der Frauen an, innerhalb des vergangenen Jahres geweint zu haben, aber nur knapp 43 Prozent der befragten Männer. In westlichen Kulturen wird vor allem zu Hause geweint, meist abends und allein oder vor dem Partner, der Partnerin oder der Mutter.
Artikel Abschnitt: Welche Folgen haben Tränen?
Welche Folgen haben Tränen?
In einer niederländischen Studie von 2017 sahen gut 1000 Probandinnen und Probanden Bilder von weinenden Menschen. Teilweise waren die Tränen aber digital entfernt worden. Menschen mit sichtbaren Tränen wurden als wärmer, aber auch als weniger kompetent empfunden. Einer Person mit sichtbaren Tränen würde zudem eher Hilfe angeboten. Wer aber für eine wichtige Aufgabe selbst Hilfe benötigt, würde weinende Menschen eher meiden.
Trost hilft
Umstritten ist, ob Weinen Stress abbaut oder ob es eine reinigende, erleichternde Wirkung hat. Die These eines regelrechten "Katharsis-Effektes" hat ihren Ursprung in der Entdeckung, dass emotionale Tränen mehr Stresshormone enthalten als reflektorische Tränen. Doch Messungen und Experimente zeigen, dass die Menge der Stoffe gering ist und dass sich die Stimmung nach dem Weinen nicht unbedingt verbessert. Letzteres hängt vor allem davon ab, wie das Umfeld auf die Tränen reagiert. Heißt: Trost hilft.
Über den Autor:
Quellenangaben zum Artikel:
Social Sharing:
Artikel Überschrift: