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Obstanbau
Bedroht ein Pilz die Existenz unserer Banane?
Im Sommer 2019 prophezeiten Medien bereits das Ende der Banane durch einen Pilz. Die Berichterstattung ebbte ab. Doch Forscher sorgen sich weiter.
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Ein Pilz rottet Plantagen der Cavendish-Banane aus
Ausgelöst wird die Panamakrankheit durch einen Pilz namens Tropical Race 4 (TR4). Er wurde erstmals im Jahr 1992 in Südostasien entdeckt und verbreitet sich seitdem auf der ganzen Welt. In China, Indonesien, Malaysia und den Philippinen hat der TR4-Pilz bereits Zehntausende Hektar Cavendish-Plantagen ausgelöscht. Experten und Expertinnen vergleichen ihn gerne mit dem Coronavirus.
Südamerika ruft den Notstand aus
Im August 2019 meldete das kolumbianische Landwirtschaftsinstitut, dass 175 Hektar Bananenstauden im Nordosten Kolumbiens vom TR4-Pilz befallen sind. Diese Nachricht löste auf der ganzen Welt große Sorge aus. Denn wenn sich TR4 in Südamerika ausbreitet, kann der Bananenhandel schnell in Schieflage geraten. Kolumbien, Costa Rica, Panama und Ecuador sind die wichtigsten Bananenlieferanten für Deutschland und auch für viele andere Länder. “Für Ecuador ist die Banane das zweitwichtigste Exportprodukt nach Erdöl”, sagt Daniel May, Projektleiter im Aktionsbündnis für nachhaltige Bananen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.
Bisher ist der TR4-Pilz in Kolumbien geblieben. Doch über Erdreste an Schuhen, Autoreifen oder Vögeln könnte er sich auch in Nachbarländern wie Ecuador und Panama ausbreiten.
Infizierte Plantagen sind nicht zu retten
Der TR4-Pilz lebt in der Erde. Als Erstes befällt er die Wurzeln, dann arbeitet er sich hoch und zerstört Zellen, über die die Pflanze mit Wasser versorgt wird. Nach und nach werden alle Blätter gelb und nach spätestens neun Monaten stirbt die Bananenpflanze ab. Mit Bananen, die an der Panamakrankheit leiden, kann nicht mehr gehandelt werden. Nicht weil sie für Menschen gefährlich sind, sondern weil der Pilz das Fruchtfleisch zersetzt und die Banane nicht mehr genießbar ist.
Wenn eine Bananenstaude infiziert wird, erkrankt die ganze Plantage. Denn: Fast alle kommerziellen Bananenpflanzen sind Klone. Bauern holzen infizierte Stauden sofort ab, doch das rettet ihr Anbaugebiet nicht. Der Pilz kann nur durch Bodenbehandlungen bekämpft werden. Da die Methode jedoch sehr umweltschädlich ist, ist sie fast überall verboten.
Das Problem: Auf infizierten Böden können keine neuen Cavendish-Bananen mehr angepflanzt werden. Denn der TR4-Pilz bleibt bis zu 50 Jahre lang in der Erde – auch wenn keine Bananen mehr dort wachsen. Die Felder werden dann meist für andere Obst-, Getreide- oder Gemüsesorten benutzt, die der Pilz nicht angreift.
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Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Ohne Cavendish bricht der Bananenhandel ein
- Geschmack: Die Früchte anderer Bananensorten schmecken eher nach Apfel als nach dem, was wir – durch die Cavendish – als Bananengeschmack kennen (zum Beispiel bei der "Umq B’ir"-Banane aus dem Oman).
- Lagerung: Die Früchte anderer Sorten lagern sich zu schlecht für die Ansprüche des internationalen Bananenhandels. Klassische Resistenzzüchtung durch das Kreuzen von pilzfesten Sorten mit "Cavendish" hatten bisher keinen Erfolg.
- Preis: Auf regionalen Märkten in den Erzeugerländern gibt es noch eine breitere Palette anderer Sorten. Einige davon findet man gelegentlich auch in Deutschland im Angebot: rote Bananen, Ladyfinger und diverse Zwerg- oder Babybananen. Sie alle haben nicht das Potenzial für billige Früchte in großen Mengen.
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Forscher suchen nach Medikamenten und Heilungsmethoden
Ersteres klappt bisher eher mäßig. Die Anzahl der Zuchtprogramme für Bananen, die in Institutionen und Universitäten angesiedelt sind, ist begrenzt; das Verfahren sehr kompliziert. “Das Problem ist, dass Speisebananen kernlose Triploide sind”, sagt Prof. Gert Kema, Bananenforscher an der niederländischen Universität Wageningen. Neue Sorten müsse man deshalb aus wilden Diploiden züchten. Das kostet Zeit und Geld. “Die harte Tatsache ist, dass die Investitionen in Forschung und Entwicklung sehr gering waren”, sagt Kema. Bisher hat dieses Verfahren noch keine Alternative zur Cavendish hervorgebracht.
Gentechnik könnte Cavendish resistenter machen
Für viele Wissenschaftler liegt der einzige Weg zu einer resistenten Cavendish in der Gentechnik. Seit 2012 das Genom der Banane komplett entschlüsselt wurde, gibt es etliche Versuche, mithilfe der Genschere CRISPR die Abwehrkräfte der Früchte zu stärken. Schon mit erstem Erfolg: Ein Team in Australien hat beispielsweise ein Gen aus wilden Bananen in die Cavendish eingefügt und testet diese modifizierten Bananen derzeit in Feldversuchen. Sie haben eine genveränderte Cavendish entwickelt, die drei Jahre lang resistent geblieben ist.
Aber: Wie auch bei allen anderen Lebensmitteln ist Gentechnik umstritten. Sollte es jemals eine genetisch veränderte Cavendish in den Handel schaffen, muss sie von Verbrauchern gekauft werden. Und nur dann hätte sie Potenzial, auf allen Plantagen angebaut zu werden und die Arbeit der Bananenbauern zu retten.
Bis es so weit ist, hoffen Bananenbauern zunächst auf wirksame Mittel, um den Pilz auf ihren Plantagen zu bekämpfen.
Hoffnung in biologische Pilzvernichtung
Viele biologische Bekämpfungsmittel kommen bereits im Rahmen von Feldversuchen zum Einsatz, einige weisen auf eine hohe Wirksamkeit hin. Ein internationales Forscherteam hat im Jahr 2019 potenzielle Bekämpfungsverfahren analysiert. Das Fazit: Biokontrolle kann in hohem Maße dazu beitragen, die durch die Panamakrankheit verursachten Schäden zu begrenzen. Allerdings fehlen weitere Forschungsarbeiten, um Biologie, Genetik und Epidemiologie des Pilzes vollständig zu verstehen.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Präventions- und Quarantänemaßnahmen
Wenn der Pilz in einer Bananenstaude gefunden wird, muss die gesamte Plantage schnellstmöglich in einen Lockdown. Mit Hygienekonzept kann es dann weitergehen: An allen offiziellen Eingängen und Zufahrten werden Kontrollpunkte eingerichtet: Hier müssen alle Personen das Schuhwerk wechseln. Alle Autos und Lkw, die auf der Plantage rein- und rausfahren, werden mit Desinfektionsmittel abgespritzt und müssen durch ein kleines Wasserbecken fahren, um die Reifen zu säubern. Feldarbeiter müssen nach der Arbeit ihre Kleidung wechseln und Arbeitsmaterialien reinigen. Denn nur wenige winzige Erdkörner genügen, um TR4 auf eine andere Plantage zu übertragen.
Auch an Grenzen wurden Maßnahmen getroffen: Beispielsweise sind einige Flughäfen in Kolumbien und Ecuador mit Teppichen ausgestattet, an denen Dreck von Schuhen hängen bleibt und von Einreisenden nicht ins Land getragen werden kann.
Eine Frage der Disziplin
“Wenn sich alle an diese Regeln halten, dann wird das möglicherweise gut gehen”, sagt Daniel May, Bananenexperte von der GIZ. Er ist zuversichtlich, sieht aber auch die Schwachstellen. Es sei extrem kostenintensiv, die Hygienemaßnahmen zu erfüllen. Außerdem können die großen Flächen der Plantagen nicht komplett umzäunt werden. Es gibt Straßen, die führen über 40 Kilometer nur an einer Plantage entlang. Das heißt: Wenn Anwohner hier wie gewohnt Abkürzungen über die Plantagen nehmen, verteilen sie Erdkörner weiter. Es wird zwar öffentlich auf Abstand und Hygiene hingewiesen. “Aber bei allen Bürgern eine Verhaltensänderung zu erreichen, könnte schwierig werden”, sagt Daniel May. “Vor allem bei Kindern, deren Schulweg über eine Cavendish-Plantage führt”.
Ob sich TR4 in Südamerika ausbreitet, hängt davon ab, ob die Verhaltensregeln umgesetzt werden. “Sollte das nicht funktionieren, dann wird die Cavendish das gleiche Schicksal ereilen wie die Grand Michel”, befürchtet Daniel May.
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