Artikel Kopfzeile:
Geburt
Wie riskant ist eine Hausgeburt?
Einige Schwangere möchten ihr Kind nicht in der Klinik, sondern zu Hause oder im Geburtshaus zur Welt bringen. Gynäkologen und Gynäkologinnen sehen das kritisch.
Sprungmarken des Artikels:
Inhalt
- Wie häufig sind Hausgeburten?
- Für wen kommt eine Hausgeburt infrage?
- Wann ist eine Geburt im Krankenhaus besser?
- Wie können Schwangere eine Hausgeburt vorbereiten?
- Wann muss man eine Geburt zu Hause abbrechen?
- Wie oft gehen Hausgeburten gut, wie häufig sind Komplikationen?
- Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?
- Welche Empfehlung geben ärztliche Fachverbände?
- Wie häufig sind Hausgeburten?
- Für wen kommt eine Hausgeburt infrage?
- Wann ist eine Geburt im Krankenhaus besser?
- Wie können Schwangere eine Hausgeburt vorbereiten?
- Wann muss man eine Geburt zu Hause abbrechen?
- Wie oft gehen Hausgeburten gut, wie häufig sind Komplikationen?
- Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?
- Welche Empfehlung geben ärztliche Fachverbände?
Artikel Abschnitt: Wie häufig sind Hausgeburten?
Wie häufig sind Hausgeburten?
Dazu gibt es keine gesicherten Zahlen. Es finden sich nur Zahlen zu dem Oberbegriff der „außerklinischen Geburt“. Das ist ein Sammelbegriff für Hausgeburten, Entbindungen in Geburtshäusern und in Hebammenpraxen zusammengenommen. 2020 wurden laut dem „Qualitätsbericht Außerklinische Geburtshilfe“ genau 13.736 Kinder geplant außerklinisch geboren. Ungeplant waren es 225.
Insgesamt kamen 2021 in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 795.500 Kinder zur Welt. 2020 waren es 773.144. Somit machen die außerklinischen Geburten nur einen geringen Anteil aus. Die Zahlen basieren auf Umfragen der Hebammenverbände bei ihren Mitgliedern, amtlich erfasste Zahlen zu Geburten außerhalb der Krankenhäuser gibt es nicht.
Artikel Abschnitt: Für wen kommt eine Hausgeburt infrage?
Für wen kommt eine Hausgeburt infrage?
Eine außerklinische Geburt ist normalerweise nur eine Option für Schwangere ohne besondere Risiken oder Vorerkrankungen. „Darüber werden die Frauen gut aufgeklärt“, sagt Ingrid Kronast vom Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD). „Und es wird im Verlauf der Schwangerschaft stets wieder neu geprüft, ob eine Geburt zu Hause oder im Geburtshaus tatsächlich möglich ist.“ Von den 16.441 dokumentierten Einlingsgeburten, die 2020 geplant außerklinisch begonnen haben, waren 8656 als Hausgeburten geplant und 7546 als Geburt in hebammengeleiteten Einrichtungen.
Artikel Abschnitt: Wann ist eine Geburt im Krankenhaus besser?
Wann ist eine Geburt im Krankenhaus besser?
Vor allem bei Mehrlingsschwangerschaften, wenn die Mutter schon einen Kaiserschnitt hatte oder bei der ersten Geburt über 35 ist, wird eine Geburt im Krankenhaus empfohlen. Auch bestehende Krankheiten der Mutter wie hoher Blutdruck oder starkes Übergewicht spielen eine Rolle.
Besonders kleine und besonders große Kinder sind nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und des Berufsverbandes der Frauenärzte ein Risikofaktor, ebenso eine Beckenend- oder Querlage.
Herzfehler sprechen gegen eine Hausgeburt, ebenso wie eine Plazenta, die vor dem Muttermund liegt, und eine Nabelschnur, die sich laut Ultraschall um den Hals des Babys geschlungen hat.
Artikel Abschnitt: Wie können Schwangere eine Hausgeburt vorbereiten?
Wie können Schwangere eine Hausgeburt vorbereiten?
Wie genau eine Frau ihr Kind bekommen möchte, ist Teil des Vorgesprächs mit der Hebamme. Wie und wo fühlt sie sich wohl? Den gewählten Ort kann man mit Malervlies und Laken auslegen. Im Winter sollte in dem Raum eine Heizung vorhanden und warmes Wasser verfügbar sein. Auf jeden Fall sollte man klären, ab wann und wie lange die Hebamme die Geburt betreuen kann und wie sie auf einen möglichen Notfall reagieren kann. Die Entfernung zur nächsten Klinik ist dabei ein wichtiger Faktor.
„Aus allen Daten geht hervor, dass im Notfall eine rasche Verlegung in eine ärztlich geleitete Geburtshilfe wesentlich ist“, sagt Prof. Michael Abou-Dakn, Sprecher der Geburtshilfe in der DGGG und Chefarzt der größten Geburtsklinik in Deutschland: „Daher sollte außerklinische Geburtshilfe am besten unmittelbar in der Nähe einer Klinik stattfinden“ und eine mögliche Verlegung vorab geklärt sein.
78 Prozent der Geburtshäuser in Deutschland sind maximal zehn Kilometer von einer Klinik entfernt – aber nur 53 Prozent der Hausgeburten. Wichtig sei das Geburtsmanagement, sagt Hebamme Ingrid Kronast. „Man muss vorausschauend handeln.“
Artikel Abschnitt: Wann muss man eine Geburt zu Hause abbrechen?
Wann muss man eine Geburt zu Hause abbrechen?
Wenn Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Mutter oder Kind besteht oder absehbar ist, sagt Christian Albring vom Berufsverband der Frauenärzte (BVF). Konkret heißt das, wenn die Geburt nicht mehr vorangeht, die Frau erschöpft ist und keine Kraft mehr hat oder wenn durch Fehlstellungen des Babys beziehungsweise des Kindskopfs die Verletzungsgefahr bei Kind und Mutter steigt.
Ebenso wenn sich die Herzfrequenz des Kindes verändert und damit einen akuten Sauerstoffmangel anzeigt – mit dem Risiko einer lebenslangen Gehirnschädigung. Aber auch Blutungen, Fieber oder steigender Blutdruck bei der Mutter sind laut BVF ein Grund.
Die Geburt, sagt Christian Albring, „ist die gefährlichste Stunde eines Menschen in seinem Leben. Wenn nur über wenige Minuten ein Sauerstoffmangel vorherrscht, kann das Kind schon bleibende Schäden behalten.“
Artikel Abschnitt: Wie oft gehen Hausgeburten gut, wie häufig sind Komplikationen?
Wie oft gehen Hausgeburten gut, wie häufig sind Komplikationen?
Bei 44 Prozent der Frauen war der Damm nach der vaginalen Geburt intakt, und bei 47 Prozent der Frauen war keinerlei Intervention nötig. Eine Verlegung in Eile erfolgte nur bei 1,1 Prozent aller außerklinisch begonnenen Geburten beziehungsweise bei 7,1 Prozent aller Verlegungen. Und die Rate der Dammschnitte und der größeren Rissverletzungen sei „sehr viel niedriger als in der Klinik“.
Zudem liege die Kaiserschnittrate mit etwa fünf Prozent aller außerklinisch begonnenen Geburten „deutlich unter der klinischen Kaiserschnittrate“ von 30 Prozent.
Haus- und klinische Geburten sind schwer zu vergleichen
Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) findet dagegen, hier würden, wie auch in den meisten Studien zur Risikofrage, Äpfel mit Birnen verglichen. „In Krankenhäusern entbinden viel mehr Frauen mit erhöhtem Risiko“, sagt der BVF-Vorsitzende Christian Albring.
„Auch die Erhebungen der außerklinisch tätigen Hebammen selbst belegen die Komplikationen und Risiken für Mutter und Kind: 25 Prozent aller Erstgebärenden müssen trotz der Positivauswahl verlegt werden, viele davon notfallmäßig. Viele Kinder kommen in einem schlechten Herz-Kreislauf-Zustand zur Welt und brauchen sofort eine ärztliche Versorgung.“
Das Risiko bei einer operativen Entbindung – also Kaiserschnitt oder Vakuum- oder Zangenentbindung – sei erheblich höher, wenn die Schwangere unter der Geburt wegen Komplikationen in eine Klinik verlegt werden musste.
Zudem, so der BVF, seien schwere Dammrisse, die den Schließmuskel des Darmausgangs mit einbeziehen und teilweise den Darmausgang zerreißen (Dammrisse III und IV), bei außerklinischen Geburten nicht seltener als bei Klinikgeburten, sogar etwas häufiger als in der Klinik – das unterschiedliche Verhältnis von Erst- und Mehrgebärenden bei den Klinikgeburten und den außerklinischen Geburten berücksichtigt.
Und betrachtet man bei Kaiserschnitten im Krankenhaus nur Schwangere mit niedrigem Risiko, komme man auch auf eine Rate von elf Prozent, so das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG).
Komplikationen sind gar nicht so selten
Tatsächlich verdeutlicht der Qualitätsbericht zur außerklinischen Geburtshilfe, dass Komplikationen gar nicht so selten sind: 2466 von 16.202 Schwangeren, die die Geburt außerklinisch begonnen hatten, mussten 2020 wegen Erschöpfung oder Komplikationen doch noch in ein Krankenhaus verlegt werden, das ist mehr als jede sechste. 2,4 Prozent der Mütter verloren mehr als einen Liter Blut. Und 18 Kinder starben 2020 bei außerklinischen Geburten – davon 14 bei außerklinisch beendeten Geburten und vier bei den während der Wehen verlegten Geburten.
Die Gesamtsterblichkeit liegt damit bei 0,11 Prozent, bei den Klinikgeburten waren es 0,53 Prozent. Dort landen aber laut Albring deutlich mehr schwierige Fälle. Außerdem kritisieren die Frauenärztinnen und Frauenärzte, dass 62 Prozent der außerklinisch tätigen Hebammen nur maximal zehn Geburten pro Jahr betreuen und damit wenig Routine haben. Notsituationen, sagt Christian Albring, „können bei einer außerklinischen Geburt nicht angemessen beherrscht werden.“
Artikel Abschnitt: Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?
Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?
Frauen haben das Recht auf eine freie Wahl des Geburtsortes. Hebammen dürfen laut Hebammengesetz Schwangerschaften begleiten und Geburten ohne ärztliche Hilfe betreuen und entbinden. Die Ärztin und der Arzt sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Entbindung eine Hebamme hinzugezogen wird. Die Hebamme muss haftpflichtversichert sein.
Artikel Abschnitt: Welche Empfehlung geben ärztliche Fachverbände?
Welche Empfehlung geben ärztliche Fachverbände?
Eine Notlage verlangt Schnelligkeit
Wissenschaftliche Studien und auch die Erhebungen der außerklinisch tätigen Hebammen selbst zeigten, dass der Verlauf bei einem Notfall und einer Verlegung für Mutter und Kind bei geplanter außerklinischer Geburt schlechter ist als bei der geplant klinischen Geburt.
Weiterer Unterschied: In Krankenhäusern gelten im Rahmen der Qualitätssicherung bei Geburten Qualitätsindikatoren. Anhand wissenschaftlicher Daten wurden Kriterien bestimmt, die einzuhalten sind. Dazu zählt bei einem Notkaiserschnitt die zulässige Zeitspanne, die in einer Notlage zwischen der Indikation und der Geburt des Kindes vergehen darf – nämlich maximal 20 Minuten, die sogenannte Entscheidungs-Entbindungszeit (E-E-Zeit). Das ist laut Abou-Dakn in der außerklinischen Geburtshilfe nicht zu gewährleisten.
Unter diesen Umständen sei „die außerklinische Geburtshilfe nicht sicher“. Allerdings betrachtet die Fachgesellschaft die Zunahme von Interventionen während der Geburt in den Kliniken mit Sorge, in erster Linie die im europäischen Vergleich hohe Kaiserschnittrate, die „das medizinisch notwendige Maß erheblich“ übersteige. Man sehe daher „auch in der klinischen Geburtshilfe deutliches Verbesserungspotenzial.“
Ein Tipp: Frauen können auch im Krankenhaus vorab mit dem Personal besprechen, dass sie so wenig Intervention wie möglich erhalten möchten.
Über den Autor:
Quellenangaben zum Artikel:
Social Sharing:
Artikel Überschrift:
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass seit Anfang des Jahres erstmals eine AWMF- Leitlinie mit Empfehlungen zur spontanen Geburt veröffentlicht wurde. Anstatt Sorge vor der (ausserklinischen) Geburt zu schüren, ist es sicher sinnvoll mehr auf Fehlentwicklungen in der klinischen Geburtshilfe hinzuweisen und Verbesserungen im Sinne dieser Leitlinie zu unterstützen. Weniger… Weiterlesen »
Ich hatte eine tolle Hausgeburt beim ersten Kind (4 kg, Sterngucker) und das nächste Krankenhaus wäre 30 Minuten entfernt gewesen. Ich kenne auch viele andere mit Hausgeburten teilweise auch beim ersten Kind. Hausgeburten sind nicht gefährlicher, ganz im Gegenteil. Wenn verlegt wird ist es meist nur weil die Frau doch… Weiterlesen »
Es ist so furchtbar, dass mittlerweile die natürlichsten Ereignisse wie Schwangerschaft und Geburt so gefährlich geredet werden. Ich hatte eine Klinikgeburt und eine Hausgeburt! Der Unterschied war für mich riesig. In der Klinik immer Angst und Panikmache, was alles sein könnte, deshalb zahlreiche Interventionen, die im Rückblick definitiv nicht nötig… Weiterlesen »
Ich finde es wichtig, hier einen weiteren Zusammenhang mit vorhandener Studienlage miteinzubeziehen: Interventionen während der Geburt erhöhen das Risiko für weitere Interventionen sowie für Kaiserschnitte. Bei einer Geburt im klinischen Setting ist die Wahrscheinlichkeit einer Intervention drastisch erhöht im Vergleich zu einer Geburt im außerklinischen Bereich. Bin ich hier richtig… Weiterlesen »
Mich hätte sehr interessiert, wie die Gesamtdaten Deutschlands aussehen verglichen mit den Gesamtdaten der Niederlande bzw. eines anderen Europäischen Lands wie der Niederlande, die eine andere, stärker Hebammen-orientierte Politik haben und wo Hebamme ein medizinisches Studium ist, nicht ein Ausbildungsberuf wie bei uns. Habt ihr vielleicht Recherche dazu betrieben? Es… Weiterlesen »