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Bakterien
Was du über Antibiotikaresistenzen wissen solltest
Wenn wir zu oft Antibiotika nehmen, fördert das die Bildung von resistenten Bakterien. Was bedeutet das für dich und können wir dagegen etwas tun?
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Bakterien können eine Behandlung mit Antibiotika überleben
Bakterien können Antibiotika austricksen
Heute produzieren Pharmaunternehmen Antibiotika im Labor. Denn eine bakteriell ausgelöste Krankheit kann man sich schnell einfangen, zum Beispiel schon durch einen Insektenstich. Die Arzneimittel sind verschreibungspflichtig und wirken über verschiedene Mechanismen. Sie können zum Beispiel verhindern, dass Bakterien eine funktionsfähige Zellwand aufbauen. Und sie greifen in den bakteriellen Stoffwechsel ein oder schädigen das Erbgut des Erregers. So können Antibiotika Bakterien in deinem Körper eigentlich gut bekämpfen. Aber: Bakterien können auch Resistenzen ausbilden – die Antibiotika wirken dann schlechter oder sogar gar nicht mehr.
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Der Erreger MRSA (Methicillin resistenter Staphylococcus aureus) umgeht die Wirkung des Antibiotikums aber auf clevere Weise: Das Enzym der resistenten Bakterien ist nämlich ein bisschen verändert. Und zwar genau an der Stelle, an der das Antibiotikum eigentlich bindet. So kann der Wirkstoff nicht mehr andocken. Die Folge: Das Medikament kann das Enzym nicht mehr blockieren und das Bakterium kann seine Zellwand ganz normal aufbauen und überlebt. Die Resistenzentwicklung ist also eine Weiterentwicklung der Bakterien, um zu überleben.
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Resistenzbildung ist gelebte Evolution
Nehmen wir Antibiotika zu oft oder falsch ein, erhöht das den Selektionsdruck, der auf den Mikroorganismen lastet. Sprich: Die stärksten, also die resistenten Bakterien, überleben und können ihre neu erworbene Fähigkeit weitervererben. Weil sich Bakterien schnell vermehren, und sie zudem die Fähigkeit haben zum Beispiel ganze Bereiche ihres Erbguts auszutauschen, verläuft ihre Evolution äußerst effektiv.
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Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Immer mehr Bakterien sind resistent
Die ermittelten Resistenzraten liegen in Deutschland aktuell im Bereich von zwei bis 20 Prozent. Der Maximalwert von 20 Prozent bezieht sich auf Enterococcus faecium, ein Bakterium, das natürlicherweise im Darm vorkommt. Die Resistenz betrifft das Antibiotikum Vancomycin.
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Um gezielt zu behandeln, muss man den Infektionserreger kennen
Allein aufgrund von Resistenzraten von "Problemkeimen" zu sprechen, wäre jedoch falsch. Dr. Dr. Katja de With, Leiterin des Zentralbereichs Klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden sagt: "Infektionserreger sind hinsichtlich ihrer Häufigkeit und ihrer Pathogenität unterschiedlich einzuschätzen."
Eine Enterokokkeninfektion kann eine Blutvergiftung sein, die Bakterien können aber auch das Herz befallen. Die Krankheiten sind sehr verschieden. Je nachdem wo sich die Bakterien im Körper befinden, ist es unterschiedlich schwer, sie zu identifizieren. So ist ein Erreger, der oberflächlich auf der Haut etwa in einer eitrigen Wunde sitzt, leichter zu finden als ein Erreger, der beispielsweise die Lunge befallen hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass aus Urinproben oft mehrere Bakterien nachgewiesen werden können. "Wenn Patienten mit resistenten Bakterien besiedelt sind, dann heißt das nicht zwangsläufig, dass sie auch daran erkrankt sind", so de With. Den Verursacher der Krankheit zu finden ist also gar nicht so einfach.
Eine Behandlung, vor allem im Krankenhaus, kann aber oft nicht warten. Deshalb wird dann meist mit einem Medikament behandelt, das gegen mehrere Bakterien wirkt, einem Breitband-Antibiotikum. Problem: Das fördert die Resistenzbildung.
De With kennt dieses Dilemma der Klinikärzt:innen und rät: "Als Infektiologin muss ich deutlich sagen, dass in Fällen, in denen man den Erreger nicht kennt, an Tag drei der Antibiotikagabe klar sein muss, ob die Behandlung etwas bringt oder nicht." Denn hier gilt wieder: Eine Behandlung mit einem Antibiotikum, das nicht zielgenau wirkt, fördert die Resistenzbildung.
Die Notwendigkeit neuer Wirkstoffe
Es gibt auch sogenannte multiresistente Bakterien, die gegen mehrere Arten von Antibiotika resistent sind. Gegen diese Erreger muss dann mit speziellen Reserve-Antibiotika therapiert werden. Auch neue Antibiotika mit vielleicht ganz neuen Wirkmechanismen könnten hier helfen. Seit Jahren kommen aber kaum neue Antibiotika auf den Markt.
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Eine gute Strategie zur Vermeidung von Resistenzen ist komplex
Das Problem dabei: Eigentlich bräuchte man dafür viel mehr Infektiolog:innen. Aber erst seit zwei Jahren gibt es überhaupt die Möglichkeit, sich als Fachärztin oder Facharzt in diesem Gebiet ausbilden zu lassen. Infektionen werden also meistens von allen Ärzt:innen behandelt. Und die geben häufig zu schnell ein Antibiotikum oder sie geben das falsche, und dann noch eins, wenn das erste nicht gewirkt hat.
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Aber auch wir können noch mehr tun. Denn es geht nicht nur darum, die Arzneimittel seltener einzusetzen. "Oft wird auch innerhalb der Ärzteschaft nicht gut genug kommuniziert. Kommt ein Patient zu uns ins Krankenhaus, steht im Arztbrief dann oft nur: Erreger wurde mit adäquater Antibiose behandelt." Eine Information über die Infektion, die Art des Erregers, verwendetes Arzneimittel und Dauer der Gabe sollte viel genauer dokumentiert werden, damit weiterbehandelnde Ärzt:innen möglichst zielgenau therapieren können.
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Und jetzt?
Auch du kannst etwas gegen Resistenzen tun
Diese Programme müsste man dringend auch in anderen Teilen der Welt etablieren, denn in manchen Ländern sind Antibiotika tatsächlich noch frei erhältlich. Darüber ist auch die Infektiologin de With besorgt: "In Ländern wie beispielsweise Indien liegen die Resistenzen zum Teil bei 80 Prozent. Dort sollte man unbedingt Stewardship-Programme etablieren. Und den Menschen Leitlinien für einen guten Umgang mit Antibiotika an die Hand geben."
Handlungsempfehlungen für Patient:innen
Auch Patient:innen kann man raten, sich an die ärztliche Verordnung eines Antibiotikums zu halten. Das bedeutet:
- das Medikament nicht selbstständig runter zu dosieren oder gar abzusetzen
- die Therapie auch nicht abbrechen, wenn man den Eindruck hat, dass sich die Symptome etwas verbessern
- wachsam sein, wenn Hausärzt:innen bei jedem Schnupfen antibiotisch behandeln
Mithelfen kann aber auch jede:r, indem man einfach versucht, Infektionen zu vermeiden. Dazu gehören das einfache Händewaschen oder die Impfung. Im Umgang mit vulnerablen Gruppen zum Beispiel bei Besuchen im Pflegeheim oder im Krankenhaus sollte man sich die Hände desinfizieren.
Neues aus der Forschung
Gute Nachrichten gibt es auch: In der geplanten EU-Pharma-Reform sind Extraanreize für neue Antibiotika vorgesehen. Und die Phagentherapie ist bei Forschenden beliebt geworden. Bakteriophagen sind spezielle Viren und die natürlichen Feinde der Bakterien. Sie können Bakterien gezielt abtöten. Also quasi Biokeule anstatt Chemiekeule. Ein Lösungsansatz, der punktuell wirkt, denn man muss den Erreger sehr genau kennen. Eine schnelle Lösung nach dem Gießkannenprinzip gibt es leider nicht.
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Kleine Detailkorrektur am Rande. Alexander Fleming war Schotte, nicht Engländer.
Danke für den Hinweis!
Aktuell wird in Deutschland noch immer mehr als die Hälfte der Antibiotika in der Tiermedizin verwendet. Nutzvieh wird damit behandelt. Nicht das kranke Individuum, sondern der gesamte Stall. Es gibt Tiere, die fressen Gras, Kräuter (und zufällig zwischen die Zähne geratene Insekten), ernähren sich aber nicht primär davon. Bakterien in… Weiterlesen »
Ich trage eine mechanisch Aortenklappe. Generell ist bei Infektionen das Risiko größer, dass sich durch eine Infektion Ablagerungen an der Klappe bilden. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Klappe erneuert werden muss. Um das Risiko zu minimieren verabreicht mir mein Zahnarzt regelmäßig, z.B. 1 Sunde vor der… Weiterlesen »
Lasst doch bitte an der Stelle nicht den wichtigsten Treiber, nämlich die Tierindustrie raus. 75% der globalen Antibiotika und 75% der reserveantibiotika werden für Milch, Eier und Fleischproduktion eingesetzt. In Feutdchland sind es zwar etwas weniger als im globalen Schnitt, trotzdem ist die Zahl immens. Euer Tips, was man dagegen… Weiterlesen »
Stimmt nicht 😉
In Deutschland wird deutlich mehr als die Hälfte aller (Reserve)-Antibiotika in der Humanmedizin verwendet.
Weiterhin sieht das RKI die Ursache für AB-Resistenzen hauptsächlich in der Humanmedizin:
https://antibiotic.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/AMR-Factsheet-for-experts-DE.pdf
Was dieser Artikel leider komplett vernachlässigt, ist die Tatsache, dass auch in der Massentierhaltung vielfach (Breitband-)Antibiotika eingesetzt werden, die ebenso Multiresistenzen der Bakterien fördern. So werden die kostbaren Schätze unserer Gesundheit nach und nach unwirksam. Nicht nur dem inflationären Gebrauch in der Humanmedizin sollte Einhalt geboten werden.
Stimmt nicht 😉
In Deutschland wird deutlich mehr als die Hälfte aller (Reserve)-Antibiotika in der Humanmedizin verwendet.
Weiterhin sieht das RKI die Ursache für AB-Resistenzen hauptsächlich in der Humanmedizin:
https://antibiotic.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/AMR-Factsheet-for-experts-DE.pdf