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Medizin
Warum die Entstehung von Krebs manchmal einfach Zufall ist
Die Ursachen für Krebs sind vielfältig: Rauchen, Alkohol, Umwelt, Gene – oder einfach nur Pech? Wissenschaftler streiten, welcher Faktor am schwersten wiegt.
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Krebs hat viele Ursachen
Auch Krankheitserreger und Einflüsse aus der Umwelt können Krebs verursachen. Das passiert statistisch gesehen aber seltener als durch einen ungesunden Lebensstil: Hepatitis-B-Viren etwa gelten als Risikofaktor für Leberkrebs, der humane Papillomvirus für Gebärmutterhalskrebs. Im Schnitt und über alle Krebsarten hinweg ist das Risiko für Krebs durch solche Erreger mit vier Prozent aber vergleichsweise gering. Zu den krebsauslösenden Stoffen zählen Asbest, manche Chemikalien und Umweltgifte, aber auch die natürliche Strahlung. Über ihren Einfluss bei der Krebsentstehung sind sich Forscher nicht ganz einig – die Schätzungen reichen von vier bis 20 Prozent.
Die Krebserkrankung selbst ist zwar nicht vererbbar. Doch es gibt Menschen, die von Geburt an ein erhöhtes Krebsrisiko aufweisen: Sie tragen im Erbmaterial aller ihrer Zellen Veränderungen, die Krebs fördern. So steigt die Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen. Eine genetische Vorbelastung wird in fünf bis zehn Prozent der Fälle für eine Krebserkrankung verantwortlich gemacht. Die Rolle der genetischen Vorbelastung bei der Krebsentstehung konnte etwa eine große Zwillingsstudie zeigen.
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Ein ungesunder Lebensstil, eine genetische Vorbelastung oder Umwelteinflüsse können das Erbmaterial von Zellen also so verändern, dass Krebs entsteht. Je nach Krebsart spielen diese Faktoren eine kleinere oder größere Rolle.
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So entsteht Krebs
Nicht nur Mutationen können unkontrolliertes Zellwachstum verursachen. Entscheidend ist etwa auch, ob das Immunsystem veränderte Zellen erkennen und entfernen kann – oder ob Wachstumsfaktoren (z.B. Östrogene) vorhanden sind, die das Zellwachstum beschleunigen.
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Selbst Menschen, die gesund leben, können Krebs bekommen
Wie groß die Rolle des Zufalls bei der Krebsentstehung sein könnte, haben Forscher in einer Studie untersucht. Sie schätzen: Im Schnitt und über alle Krebsarten hinweg entstehen 66 Prozent der Krebsmutationen per Zufall während der Zellteilung. Nur 29 Prozent basieren auf Lebensstil- und Umweltfaktoren, fünf Prozent auf genetischen Ursachen – so das überraschende Ergebnis.
Analysiert wurden Daten aus 69 Staaten, in denen zwei Drittel der Weltbevölkerung leben. Dadurch seien regionale Unterschiede berücksichtigt – etwa, dass am Äquator die Sonne stärker scheint und die Haut dadurch mehr UV-Strahlung abbekommt als in Industrienationen. Die Forscher haben auch das Genom verschiedener Krebsarten analysiert: Etwa, wie sich Erbgutfehler im Lungenkrebs eines Rauchers von denen eines Nichtrauchers unterscheiden.
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Über einige Krebsarten entscheidet fast nur der Zufall
Eine Dickdarm-Stammzelle teilt sich im Laufe ihres Lebens etwa 6000 Mal. Rund 300 Mal das Pendant in der Brust, nur sechsmal eine Stammzelle in der Lunge. Wegen der niedrigen Teilungsrate sei ein Lungentumor deshalb nur zu 35 Prozent auf den Zufall zurückzuführen – das höchste Risiko geht hier vom Lebensstil aus, vor allem vom Rauchen. Ganz anders bei Prostata-, Hirn- und Knochenkrebs: Hier seien 95 Prozent der Krebsmutationen zufallsbedingt, so das Ergebnis der Forscher.
Wichtig ist: Eine einzige Mutation löst in der Regel noch keinen Krebs aus. Meist müssen mehrere Mutationen zusammenkommen, ehe ein Tumor entsteht, der nicht mehr aufhört, sich zu teilen. Bei einem Bauchspeicheldrüsentumor sind etwa 50 bis 100 Mutationen notwendig, beim Raucher-Lungenkrebs einige 1000 Mutationen.
Deshalb kann ein weiterer Faktor entscheidend sein: die Zeit. Je älter man wird, desto mehr Fehler können sich in einer Zelle sammeln. Und umso höher ist das Risiko, dass einige dieser Fehler zu Krebs führen – ganz egal, wodurch sie verursacht wurden. Für fast alle Krebsarten steigt also das Erkrankungsrisiko mit zunehmendem Alter.
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Es ist umstritten, ob der Zufall für Krebs wirklich so entscheidend ist
Hinzu kommt: Gegen die zufällige Entartung von Zellen hat der Körper eigentlich einen Schutzmechanismus. Unser Immunsystem repariert fehlerhafte Zellen – oder die entarteten Zellen zerstören sich selbst. Erst, wenn der körpereigene Notdienst etwas „übersieht“, kann ein Tumor entstehen.
Aber versagt dieser Schutzmechanismus so häufig? In einigen Fällen möglicherweise schon, denn: Nicht alle Krebs- oder Krebsvorläuferzellen sind für das Immunsystem gut erkennbar. Manche Tumorzellen schaffen es, sich unsichtbar zu machen oder die Immunzellen zu hemmen – und können so der Immunabwehr entkommen.
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Ein gesunder Lebensstil schadet nie
Brustkrebs mit einem Bluttest erkennen?
Gerade beim Rauchen ist ein eindeutiger Zusammenhang belegt. So zeigt eine Untersuchung, dass bei Männern 89 Prozent und bei Frauen 83 Prozent der Lungenkrebsfälle durch Tabakkonsum bedingt sind. Aber auch Vorsorge kann sich positiv auswirken: Die HPV-Impfung etwa kann laut einer Übersichtsarbeit sicher und effektiv vor Gebärmutterhalskrebs schützen. Auch die seit 2003 kostenlos eingeführte Darmkrebs-Vorsorge für Menschen ab 55 Jahren scheint sich positiv auf die Zahl der Darmkrebs-Toten niederzuschlagen. Bei Tumorarten wie Leukämie oder Hirntumoren dagegen kennen Ärzte bislang kaum wirksame Möglichkeiten der Vorbeugung.
Ein gesunder Lebensstil, Impfungen gegen Humane Papillomviren (HPV) oder die Meidung krebserregender Schadstoffe können dazu beitragen, sich vor Krebs zu schützen. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass sich die Entstehung von Krebs nicht komplett verhindern lässt. Doch man kann sie hinauszögern: So scheinen Lebensstil- und Umweltfaktoren einen entscheidenden Einfluss auf die Geschwindigkeit zu haben, mit der sich ein Tumor entwickelt. Jede Verzögerung kann immerhin bedeuten, dass der Krebs bis zum Lebensende nicht ausbricht.
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Das Problem an der prozentualen Verteilung ist natürlich, dass sie selbst nur eine Momentaufnahme und somit variabel ist. Würden die Menschen maximal gesund/ungesund leben, würde der Anteil der zufälligen Mutationen in der Betrachtung dementsprechend steigen/sinken. Damit entsteht zugleich ein negativer Confirmation Bias. Je gesünder die Gesellschaft, umso weniger macht es… Weiterlesen »