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Traditionelle Chinesische Medizin
Was du schon immer über TCM wissen wolltest
Von Akupunktur bis Qigong – die Traditionelle Chinesische Medizin ist beliebt. Doch die Wirksamkeit ist wissenschaftlich wenig bewiesen.
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Artikel Abschnitt: Was ist TCM?
Was ist TCM?
Zentral für die Traditionelle Chinesische Medizin sind die fünf Säulen Akupunktur, Qigong (Atem- und Bewegungsübungen), Tuina (manuelle Therapie), chinesische Arzneimitteltherapie sowie die "Diätetik", die Lebensmittel nach ihrer Wirkung klassifiziert.
Ziel: Gleichgewicht der Körperkräfte wieder herstellen
Grundgedanke ist eine Lebenskraft Qi, die durch Meridiane fließt, sowie das Gegensatzpaar Yin und Yang. Das chinesische Schriftzeichen symbolisiert Nacht und Tag, Schatten und Licht, Kälte und Wärme, Ruhe und Aktivität, Wasser und Feuer. Zur TCM gehören außerdem die "fünf Elemente" Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser.
Für die Gesundheit ist laut TCM ein Gleichgewicht, eine Harmonie der Gegensätze förderlich. Ziel einer TCM-Behandlung ist es daher, das verlorene Gleichgewicht der Kräfte im Körper wieder herzustellen. Die Behandlungsmethoden stammen aus einer vorwissenschaftlichen Zeit und wurden nicht systematisch entwickelt, sondern von Meistern an zahlreiche Schüler weitergegeben.
Artikel Abschnitt: Welche Methoden gibt es?
Welche Methoden gibt es?
Akupunktur
Bei der Akupunktur werden feine Nadeln in die Haut gesetzt. Es gibt rund 400 definierte Akupunkturpunkte entlang der zwölf Meridiane. Einsatzgebiete sind Migräne, Heuschnupfen, Neurodermitis, Schlafstörungen, Übelkeit oder Schmerzen. Bei der Akupressur werden einige dieser Punkte manuell gedrückt.
Qigong
Die Bezeichnung für Atem- und Bewegungsübungen bedeutet übersetzt "Arbeit mit dem Qi" oder "Arbeit zur Lenkung des Qi" (sprich Tschi). Nach Vorstellung der TCM wird dadurch Qi gemehrt, gereinigt und in seinem Fluss optimiert. Die Übungen sollen Spannungen abbauen und zu einer inneren Harmonie beitragen.
Tuina
Eine Art Massage, deren Technik je nach TCM-Diagnose variiert und die Lebensenergie Qi und die Blutzirkulation anregen soll. Sie wird nicht nur bei äußeren, sondern auch bei inneren Beschwerden eingesetzt und kann auch Muskeln, Sehnen und Gelenke berücksichtigen.
Arzneimitteltherapie
Dafür werden Pflanzenteile wie Wurzeln, Rinden, Blüten, Stengel und Blätter genutzt sowie Mineralien und tierische Produkte. Den Geschmacksrichtungen wie süß, scharf, salzig oder bitter werden bestimmte Wirkungen zugeschrieben, ebenso ob sie wärmende oder kühlende Effekte haben.
Die Mittel werden in Wasser gekocht und als Sud eingenommen oder auch konzentriert als Extrakt, Pulver oder Tablette. Auch eine äußerliche Anwendung ist möglich.
Diätetik
Die richtige Ernährung bildet im TCM-Konzept die Grundlage, um bestehende Krankheiten zu überwinden und zukünftige zu vermeiden. Die zugeschriebene Heilwirkung orientiert sich an Geschmack, Geruch, Temperaturverhalten, Farbe, Konsistenz und Zubereitung.
Artikel Abschnitt: Was sagt die Wissenschaft zur TCM?
Was sagt die Wissenschaft zur TCM?
Die TCM arbeitet mit Organ- und Funktionskreisen, die deutlich von der naturwissenschaftlichen Anatomie abweichen. Ihre Wirksamkeit ist bislang nur in wenigen Bereichen wissenschaftlich nachgewiesen worden.
Beispiel Akupunktur
Niemand konnte bisher Meridiane, also Kanäle, durch die die Lebensenergie Qi fließen soll, lokalisieren. Die Akupunktur als beliebteste TCM-Methode zeigt zwar in vielen Studien Effekte, aber meist kleine. So etwa gegen Heuschnupfen: In einer randomisiert-kontrollierten Studie von 2013 spürten die Akupunktur-Patienten im Durchschnitt eine geringfügig bessere Lebensqualität und brauchten weniger Medikamente.
Doch die Verbesserung, so die Autoren, halte nur zwei Monate und sei wohl so klein, dass sie in der Praxis kaum Relevanz habe. Zwei ältere systematische Übersichtsarbeiten von 2008 und 2009 fanden keine Belege für eine Wirksamkeit bei Heuschnupfen.
Ausführlichere Informationen zur Wirkung von Akupunktur, findest du hier.
Gute Wirkung bei Migräne
Ähnlich sieht es bei chronischen Schmerzen aus: Akupunktur wirkt besser als Placebo, aber der Effekt ist klein. Damit bestätigte eine große Übersichtsarbeit von 2012 ältere Studienzusammenfassungen zu Kreuzschmerzen, Nackenschmerzen und Arthrose.
Eine gute vorbeugende Wirkung scheint bei Migräne und Spannungskopfschmerz vorzuliegen: Zwei Cochrane-Reviews zeigten 2016, dass durch Akupunktur mindestens zweieinhalb Mal mehr Betroffene die Anzahl der Kopfschmerztage in den kommenden Monaten halbieren konnten. Auch die Reha nach Schlaganfällen wurde schon mit Akupunktur leicht verbessert.
Ist es der Schmerzreiz?
Doch da die Auswahl der richtigen Akupunkturpunkte offenbar keine Rolle spielt, wird seit Jahren diskutiert, ob nicht der Schmerzreiz der Nadelstiche allein die Wirkung verursacht. Möglicherweise verzerren auch unterschiedliche Methoden der zur Kontrolle durchgeführten Schein-Akupunktur die Ergebnisse.
Trotzdem ist Akupunktur seit 2007 bei chronischen Rückenschmerzen und bei Kniegelenksarthrose gesetzliche Kassenleistung. Grundlage dafür waren die sogenannten Gerac-Studien (German Acupuncture Trials), deren Ergebnisse jedoch damals heftig umstritten waren.
Diätetik für ausgewogene Ernährung
Aus Sicht der TCM ist Nahrung eine der wichtigsten Quellen für Gesundheit. Da in der Diätetik regionale und frische Produkte sowie Obst und Gemüse empfohlen werden, lässt sich diese Säule trotz eines fehlenden wissenschaftlichen Fundaments für eine ausgewogene Ernährung nutzen.
Artikel Abschnitt: Gibt es Nebenwirkungen bei TCM?
Gibt es Nebenwirkungen bei TCM?
Operationen gehören nicht zur TCM. Deshalb sollte ihr Einsatz nicht dazu führen, bei gravierenden Krankheiten eine klassische Therapie zu unterlassen.
Artikel Abschnitt: Ist TCM sinnvoll als Ergänzung?
Ist TCM sinnvoll als Ergänzung?
Doch es gibt auch zahlreiche ungeprüfte und unseriöse Angebote. Eine Leitlinie der höchsten Qualitätsstufe fasst etwa zusammen, welche Komplementärmedizin bei Krebserkrankungen nutzt und welche schadet.
Wichtig zu wissen: Im Konzept der TCM wird nichts gemessen, sondern von der Befindlichkeit der Patienten ausgegangen. Das kann möglicherweise helfen, Nebenwirkungen und Ängste zu lindern.
Vorsicht bei schweren Krankheiten
Bei schweren Krankheiten ist allerdings Vorsicht geboten: Die chinesische Medizin reklamiert für sich, Ungleichgewichte aufzuspüren, Krebs aber kann sie weder diagnostizieren noch heilen. Auch in China werden die unwissenschaftlichen Grundlagen der TCM kritisch gesehen; sie wird auch dort meist bei einfachen Beschwerden, chronischen Krankheiten und zur Vorbeugung eingesetzt.
Ein grundsätzliche Versprechen der TCM ist den ganzen Menschen zu behandeln und nicht nur eine lokale Krankheit. Davon fühlen sich viele Patient:innen angesprochen, die sich im klassischen Medizinbetrieb nicht richtig wahrgenommen fühlen.
Ganzheitlichkeit sollte aber auch der Ansatz der klassischen Medizin sein. Dass viele Ärztinnen und Ärzte wenig Zeit für persönliche Zuwendung und eine umfassende Betrachtung ihrer Patientinnen und Patienten haben, liegt nicht an der Art der Medizin, sondern vor allem am Honorarsystem.
Artikel Abschnitt: Wer darf TCM anbieten?
Wer darf TCM anbieten?
Auch TCM-Studiengänge mit dem Abschluss "Master of Science" gibt es, in der Regel beschränkt auf examinierte Mediziner:innen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2018 beschlossen, chinesische Diagnosen, Syndrome und Zustände aus der TCM als ergänzendes Kapitel in das internationale Klassifikationssystem für Krankheiten aufzunehmen. Diese elfte Version der "International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems", kurz ICD, ist seit 1. Januar 2022 in Kraft. Sie soll erstmals eine ärztliche Codierung von TCM-Diagnosen ermöglichen.
Wichtig für die Selbstmedikation: Wegen häufiger Probleme mit verunreinigten Produkten sollte man chinesische Arzneimittel nur bei seriösen Quellen kaufen, also in Apotheken oder aus europäischem Anbau. Und: Pflanzliche Medizin ist nicht harmlos und sollte bei der gleichzeitigen Einnahme anderer Mittel deshalb mit dem Arzt besprochen werden. Von angeblichen Heilmitteln mit Tigerknochen oder dem Horn vom Nashorn sollte man ohnehin – allein aus Tierschutzgründen – die Finger lassen.
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Es gibt viele Studien zur Wirksamer Mitbehandlung bei Onkologischen Patienten. Oft greift die chinesische Medizin da ein, wo die Chemo massive Schäden hinterlassen hat. Es gibt chin. Arzneimittel, welche die tumorale Gefässbildung unterbrechen können. Die Idee das Immunsystem zu stärken, weil es einen wesentlichen Beitrag zur Krebsbekämpfung beiträgt, kommt sicher… Weiterlesen »
Mensch Silvia, du strahlst ja bis über den Horizont, setz mal lieber wieder den Aluhut auf.
Genau dieses Niveau von Kommunikation und Denkweise der „ Nichtsaussage“ sollten in der heutigen Zeit vermieden werden. Es gibt viele Studien zu chin. Arzneimittel in Kombination oder Nachbehandlung von Onkologischen Patienten. Tut mir leid, wenn Sie diese nicht kennen, geschweige denn sich darum bemühen, diese ausfindig zu machen.
Ich finde es schade, dass Quarks hier so unkriisch mit kritischen Studien und mit der Geschichte der TCM umgeht. EIgentlich liegt der TCM ein unentwirrbarer Komplex von Sehnsucht nach einfachen Lösungen, kleinen Wundern, Geschäftsinteressen und Uninformiertheiten zugrunde. Dazu gäbe es sehr viel zu berichten. Nicht alles, was irgendwie alt ist,… Weiterlesen »
Hast du hier schonmal reingehört?
https://www.quarks.de/podcast/science-cops-die-akte-akupunktur-nichts-als-nutzlose-nadeln/
„sie wird auch dort meist bei einfachen Beschwerden, chronischen Krankheiten und zur Vorbeugung eingesetzt“. Einfache Krankheiten wie chronische Beschwerden? Ganz klassisch wie Sie die Leistungen der TCM herunterspielen! Der westliche Lebensstil produziert immer mehr chronische Kranke, den wenigen Arbeitenden stehen immer mehr Alte und Kranke gegenüber. Die westliche Medizin weiss… Weiterlesen »
Das steht ja da gar nicht: „einfache Krankheiten wie chronische Beschwerden“. Sondern, wie Sie ja auch zunächst richtig zitiert haben: „sie wird auch dort (also in China) meist bei einfachen Beschwerden, chronischen Krankheiten und zur Vorbeugung eingesetzt“. Das bedeutet, bei einfachen Beschwerden UND bei chronischen Krankheiten UND zur Vorbeugung. Da… Weiterlesen »
Dies stimmt so wirklich nicht! Von wo haben Sie diese Fehlinformation? In China wird sehr wohl bei schweren Krankheiten die TCM verwendet! Gerade bei onkologischen Patienten. Oder auch bei Corona! Viele Patienten, welche chin. Arzneimittel erhielten, hatten einen verkürzten Krankheitsverlauf, weniger starke Komplikationen, weniger Longcovid. Dies gut Dokumentiert von den… Weiterlesen »