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Quarks Daily Spezial
Frauenquote - Was sie bringen kann und was nicht
Die Frauenquote soll Führungsetagen weiblicher machen. Doch reicht sie aus, um Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern zu schaffen?
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Was ist eine Frauenquote?
Die Frauenquote ist eine geschlechtsspezifische Regelung bei der Besetzung von Arbeitsstellen oder Gremien. Sie soll erreichen, dass Frauen vor allem in der Arbeitswelt den Männern gleichgestellt werden. Geschlechterquoten oder Genderquoten sind alternative Begriffe dafür.
Frauenquoten gibt es seit den 1980-Jahren und sie kommen auch bei der Vergabe politischer Ämter zum Einsatz. In der Privatwirtschaft werden sie kontrovers diskutiert.
In welchen Ländern gibt es eine Frauenquote in Unternehmen?
Vorreiter war Norwegen. Die Skandinavier haben 2003 eine Frauenquote von 40 Prozent für Positionen in Aufsichtsräten eingeführt. 2007 hat Spanien als erstes EU-Land eine Frauenquote eingeführt. Später folgten Island, Belgien, Frankreich, Italien und die Niederlande. Deutschland hat 2015 beschlossen, dass alle börsennotierten Unternehmen ab 2016 frei werdende Sitze im Aufsichtsrat an Frauen vergeben müssen, bis 30 Prozent dieser Stellen mit einer Frau besetzt sind.
Was hat die Frauenquote schon gebracht?
Insgesamt fällt auf: Vor allem in Ländern mit gesetzlich festgelegter Frauenquote steigt die Zahl der Frauen in Führungspositionen.
In Deutschland lag der Frauenanteil 2021 bei 29 Prozent. Spitzenreiter in der EU ist Lettland mit fast 46 Prozent Frauen in Führungspositionen. Schweden ist mit 43 Prozent auf Platz 3.
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Warum ist die Frauenquote umstritten?
Gegner:innen argumentieren, dass eine Quote Frauen das Gefühl vermittele, dass sie nur aufgrund ihres Geschlechts befördert werden oder eine Führungsposition erhalten. Manche halten eine solche Regelung für ungerecht, weil sie Männer benachteilige. Häufig wird auch das Argument genannt, dass erst eine gesamtgesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und Männern Nachteile auf dem Arbeitsmarkt ausgleiche und eine Quotenregelung daher unzureichend sei.
Die Befürworter:innen der Quote argumentieren, dass diese Regelung Nachteile ausgleiche, die Frauen auf dem Arbeitsmarkt aufgrund ihres Geschlechts haben.
Braucht es gesetzliche Regelungen oder freiwillige Verpflichtungen?
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft hat gezeigt: Wenn Unternehmen Sanktionen bekommen, wenn sie die Frauenquote nicht einhalten, setzen sie die Regelung schnell um. Moderate Sanktionen, wie der "leere Stuhl" funktionieren hingegen weniger gut. "Leerer Stuhl" heißt, dass Unternehmen in Deutschland eine Führungsposition unbesetzt lassen müssen, falls sie keine Frau für diese Stelle finden. Erst wenn mindestens 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt sind, dürfen sie frei werdende Stellen mit Männern besetzen.
Zudem hat die Studie gezeigt: Freiwillige Verpflichtungen, mehr Frauen einzustellen, zeigen kaum Wirkung.
Mehr Gleichberechtigung – was braucht es außer einer Quote?
Eine Quote allein würde aber nicht automatisch für Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt sorgen. Familiäre Verpflichtungen wie beispielsweise die Betreuung gemeinsamer Kinder werden in Deutschland weiterhin vorwiegend von Frauen übernommen. Diese Doppelbelastung macht die berufliche Entwicklung für Frauen schwerer als für Männer. Zusätzlich fördert das Ehegattensplitting Familienmodelle, bei denen nur ein Partner in Teilzeit arbeitet (und der andere in Vollzeit). Dadurch werden keine finanziellen Anreize für eine Aufteilung der familiären Pflichten geschaffen.
Welche Vorteile bringen mehr Frauen in Führungspositionen?
Studien zeigen: Unternehmen sind erfolgreicher, wenn sie sowohl Männer als auch Frauen in ihren Chefetagen beschäftigen. Gemischte Teams schaffen mehr Innovation und bestehen idealerweise nicht nur aus Männern und Frauen, sondern auch aus Personen mit unterschiedlichem kulturellen Background.
Die Macher:innen
Christine Westerhaus hat Biologie studiert und arbeitet seit vielen Jahren als Medizin- und Wissenschaftsjournalistin.
Sebastian Sonntag ist leidenschaftlicher Radiomoderator und Quarks-Daily-Host.
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Im Artikel steht „Zusätzlich fördert das Ehegattensplitting Familienmodelle, bei denen nur ein Partner in Teilzeit arbeitet (und der andere in Vollzeit). Dadurch werden keine finanziellen Anreize für eine Aufteilung der familiären Pflichten geschaffen.“ Das ist falsch. Das Ehegattensplitting fördert gerade die beliebige Aufteilung des Einkommens unter den Ehepartner, indem die… Weiterlesen »
Dieser Artikel ist ein perfektes Beispiel für ausgezeichnetes Schreiben und gründliche Recherche. Großartige Arbeit!
Danke!
Im Grundgesetz steht nicht ohne Grund „Gleichberechtigung“, nicht „Gleichstellung“. Beides Gleichzeitig geht nicht, ähnlich wie bei Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Es ist meiner Ansicht nach daher ein Fehler, den Grad der Gleichstellung als Maß für die erreichte Gleichberechtigung zu nehmen. Das setzt voraus, dass sowohl die Fähigkeiten als auch die Interessen… Weiterlesen »
Ich finde es generell schwierig, eine 50/50-Verteilung von Männern und Frauen in allen Bereichen zu erwarten oder anzustreben. Sicherlich ist es wichtig, daß jeder Mensch alle Möglichkeiten hat, sich zu entwickeln und glücklich zu werden. Die Sicht auf das, was jemanden glücklich macht ist aber doch individuell und ändert sich… Weiterlesen »
In der Sendung wird behauptet, Frauen in Deutschland für den gleichen Job nur 80% des Gehalts von Männern.
Das ist falsch (und zwar offensichtlich falsch, weil es jeder Lebenserfahrung widerspricht). Der bereinigte Gender-Gap beträgt 6% maximal, wahrscheinlich weniger, wenn man Faktoren wie Erwerbsunterbrechungen heraus rechnet: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_088_621.html
Es ist nicht falsch, denn wir sprechen vom unbereinigten Gender Pay Gap, der ja auch laut Destatis-Artikel rund 20% beträgt. Wir beziehen uns hier unter anderem auf den (unten auch verlinkten) Gender Gap Report des World Economic Forum. Die Angaben aus dem von dir verlinkten Artikel mögen soweit stimmen, aber… Weiterlesen »
Doch, es ist falsch. Im Podcast ist die Rede von „selber Arbeit“. Der unbereinigte Gender-Pay-Gap berücksichtigt aber nicht vergleichbare Qualifikation, sondern stellt lediglich den Unterschied des Bruttoverdiensts aller Männer zu allen Frauen dar. Beim bereinigten Gender-Pay-Gap hingegen werden Berufsfeld, Ausbildungsgrad etc. berücksichtigt. Wenn also die „selbe Arbeit“ verglichen werden soll,… Weiterlesen »
Das stimmt nicht, es geht um die bereinigte Gap. Hört Mal rein bei Minute 15, da wird behauptet, dass Frauen für die gleiche Arbeit 20 Prozent weniger bekommen, was ja eine große Ungerechtigkeit wäre – die es aber so eben in der Deutschland nicht gibt. Ich hoffe ihr stellt das… Weiterlesen »
Ok, wir verstehen, was du meinst. Wir schauen uns das gerne nochmal an.