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Ozeane
So haben sich die Meere verändert
Der Meeresspiegel steigt, Fischbestände gehen zurück, Plastik nimmt zu. Es sieht nicht gut aus für unsere Meere. Das hat auch Folgen für uns.
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Unsere Meere verändern sich
Der Meeresspiegel steigt
Verschiedene Rekonstruktionen des Meeresanstiegs kommen zu einem ähnlichen Ergebnis: Der Meeresspiegel steigt schon sehr lange. Doch während es im gesamten 18. Jahrhundert gerade einmal etwa zwei Zentimeter waren und im 19. Jahrhundert rund sechs Zentimeter, waren es im 20. Jahrhundert schon circa 20 Zentimeter. Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine der bedrohlichsten Folgen des Klimawandels mit direkten Auswirkungen auf Millionen von Menschen. Denn Küsten gehören zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Welt. Durch den Anstieg des Meeresspiegels drohen Überflutungen.
Seit 1993 misst die Nasa mit ihren Satelliten das Höhenniveau des Meeresspiegels aus dem All. Seit dem letzten Jahr arbeiten die Nasa und die Europäische Weltraumorganisation ESA zusammen in der sogenannten Sentinel-6-Mission. Sie ermöglicht es, den Meeresspiegel millimetergenau zu beobachten.
So hat sich das Niveau heute im Vergleich zu 1993 um über neun Zentimeter erhöht. Die Forschenden können dabei besonders in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg beobachten. Ein Grund für den Anstieg sind das Abschmelzen der Gletscher und des grönländischen Eisschildes, was für zusätzliches Wasser in den Ozeanen sorgt. Ein weiterer Grund ist die Erhöhung der Wassertemperatur, da sich Wasser bei Erwärmung ausdehnt.
Forschende schätzen, dass, selbst wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden, der mittlere Meeresspiegelanstieg bis 2300 1,5 Meter betragen wird.
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Die Temperatur der Meeresoberfläche steigt
Neben dem Meeresspiegel steigt seit Jahren auch die Temperatur. Für die Berechnung von globalen Klimastudien ist die Oberflächentemperatur ein wichtiger Baustein. Da instrumentell gemessene Temperaturen noch nicht so lange möglich sind, rekonstruieren Forschende die Temperatur unter anderem mithilfe von Skeletten von Korallen.
Ähnlich wie bei Bäumen variieren die jährlichen Wachstumsbänder der Korallen und lassen so eine ziemlich präzise Chronologie zu. Am Verhältnis der enthaltenen Sauerstoffisotope lässt sich so beispielsweise die frühere Wassertemperatur bestimmen, denn je nach Temperatur verändert sich das Verhältnis. Die genaue Analyse ist aber sehr komplex. Auffällig hierbei ist, dass es bis 1976 auch immer mal wieder Phasen gab, in denen die Durchschnittstemperatur eines Jahres nach unten abweicht.
Zwar gibt es auch danach durchaus Schwankungen, aber seit 1977 liegt kein Jahr mehr unter dem Durchschnitt. Darüber hinaus ist trotz der Schwankungen ein klarer Aufwärtstrend erkennbar und der Anstieg der Temperatur ist rasanter.
So lag die Oberflächentemperatur der Ozeane im Jahr 2020 1,04 Grad Celsius über dem Durchschnitt. Die Daten stammen dabei von Schiffen, Bojen und Satellitenmessungen der Ozeane.
Die steigenden Temperaturen sorgen auch unter Wasser für regelrechte Hitzewellen. Die Folge ist Sauerstoffmangel, der für sogenannte tote Zonen in den Meeren verantwortlich ist. Gerade Korallen können den Sauerstoffmangel schlecht vertragen und gehen ein.
Des Weiteren ist die Wärme auch schlecht für Krill. Die kleinen Krebstiere sind wiederum eine wichtige Nahrungsquelle für viele Meereslebewesen, wie Bartenwale, und bilden einen wichtigen Baustein in der Nahrungskette.
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Es gibt weniger Fische
Doch nicht nur auf der Wasseroberfläche gibt es Veränderungen. Auch im Wasser hat sich in den letzten Jahrzehnten einiges getan. So hat der Anteil der stabilen Fischbestände seit 1974 weltweit stark abgenommen.
Als Fischbestand bezeichnet man dabei die Gesamtmasse einer Art. Als stabil gilt dieser Bestand, wenn nur so viele Fische gefangen werden, wie in einem Jahr nachwachsen können. 1974 befanden sich noch etwa 90 Prozent der ökonomisch genutzten Fischbestände innerhalb dieser ökologisch nachhaltigen Grenze.
2017 trifft dies nur noch auf rund 66 Prozent zu. Forschende der Universität Halifax kamen 2003 zu dem Ergebnis, dass die Biomasse großer Raubfische nur noch etwa zehn Prozent des vorindustriellen Niveaus beträgt.
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1950 betrug die weltweite Fangmenge aller Meereslebewesen laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) noch 16,1 Millionen Tonnen. Schon zehn Jahre später hatte sich diese mit 29,3 Millionen Tonnen fast verdoppelt. 1990 lag die Zahl bei 79,1 Millionen Tonnen. Mittlerweile sind es jährlich über 80 Millionen Tonnen.
Plastik im Meer nimmt zu
Während die Fischbestände abnehmen, nimmt das Plastik im Meer zu. Selbst im Marianengraben, dem tiefsten Punkt der Meere, fast 11.000 Meter unter dem Meeresspiegel fanden Forschende eine Plastiktüte.
Geht es um Plastikmüll, unterscheiden Forschende zwischen Mikro- und Makroplastik. Mikroplastik sind schwimmfähige Kunststoffe, die kleiner als 0,5 Zentimeter im Durchmesser sind. Ist das Plastik im Durchmesser größer, so spricht man von Makroplastik.
Über 1 Million Tonnen Makroplastik
Viele Kunststoffe besitzen eine geringere Dichte als Wasser und schwimmen an der Meeresoberfläche. Forschende der Universität Oxford haben untersucht, wie viel Plastik an der Oberfläche schwimmt. Obwohl sie dabei sehr konservativ gerechnet haben, sagen ihre Berechnungen, dass im Jahr 2017 die Marke von über einer Million Tonnen Makroplastik an der Meeresoberfläche überschritten wurde.
Für dieses Jahr prognostizieren sie schon 1,23 Millionen Tonnen. Geht das Wachstum so weiter wie in den letzten Jahren, würde dies für 2040 2,7 Millionen Tonnen Makroplastik bedeuten. Bleibt das Emissionslevel auf dem Niveau des vergangenen Jahres, wären es immer noch 2,13 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Im Jahr 1980 war noch nicht einmal die Marke von 100.000 Tonnen überschritten.
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Auch Mikroplastik nimmt zu
Für das Mikroplastik gehen die Forschenden davon aus, dass wir allein an der Oberfläche in diesem Jahr die Marke von 600.000 Tonnen überschreiten werden. Für 2040 werden 1,68 Millionen Tonnen prognostiziert, wenn sich nichts ändert.
Das Fatale: Selbst wenn seit dem letzten Jahr kein weiteres Mikroplastik ins Meer dazukommen würde, würde sich durch die Zerkleinerung der ohnehin schon in den Meeren schwimmenden größeren Plastikstücke die Zahl des Mikroplastiks bis 2040 auf 1,22 Millionen Tonnen verdoppeln.
Die Zahlen beziehen sich nur auf die Oberfläche, aber der größte Teil des Plastiks, egal ob Mikro- oder Makroplastik, befindet sich dort gar nicht. Er treibt im Wasser unter der Oberfläche oder sinkt auf den Boden. Die Zahlen bilden somit nur die Spitze eines Eisberges ab.
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Tiere fressen das Plastik
Schon jetzt hat das viele Plastik gefährliche Folgen. Meeressäuger und Seevögel verwechseln es oft mit natürlicher Nahrung. Wenn sie es essen, beeinträchtigt dies den Verdauungstrakt der Tiere. Vögel verhungern so zum Teil, weil sie sich durch das Plastik gesättigt fühlen. Meeresschildkröten verwechseln auf der Nahrungssuche Plastiktüten mit Quallen und verenden daran.
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Die Veränderung hat auch Folgen für uns
Forschende gehen davon aus, dass der Anstieg der Meerestemperatur durch den Klimawandel anhalten wird. Da die Temperatur des Wassers einen großen Einfluss auf unser Wetter hat, rechnen sie mit häufigeren, größeren und auch längeren Extremwetterereignissen, wie etwa Wirbelstürmen.
Überschwemmung von Küstengebieten
Auch der Meeresspiegelanstieg hat viele Folgen für uns Menschen. Dazu gehört nicht nur der direkte Verlust von niedrig gelegenen Flächen und Inseln, sondern auch die Erosion von Küstengebieten. Höher steigende Wellen und Stürme beispielsweise tragen mehr Küste ab.
Schätzungen gehen davon aus, dass heute mehr als eine Milliarde Menschen in tief liegenden Küstenregionen leben. Einige dieser Gebiete könnten durch den Anstieg der Meere überschwemmt werden. Außerdem können Sturmfluten höher auflaufen, also durch stärkere Stürme und höhere Wellen weiter ins Inland dringen.
Versalzung des Grundwassers
Zudem kann es durch das Eindringen von Meerwasser in das Grundwasser zu einer Versalzung des Grundwassers kommen. Dringt Meerwasser durch Überschwemmungen zum Beispiel in Trinkwasserreservoire ein, hätte die Versalzung dramatische Folgen für unsere Wasserversorgung. Teile der Trinkwasservorräte würden ungenießbar und auch die Bewässerung in der Landwirtschaft würde schwieriger werden. Denn versalzene Böden sind oft über Jahre hinweg unbrauchbar.
Rückgang der Fischbestände
Fisch ist durch Eiweiß und andere lebenswichtige Inhaltsstoffe ein wertvolles Nahrungsmittel. Besonders in vielen Entwicklungsländern ist Fisch die wichtigste Proteinquelle. Schätzungen gehen davon aus, dass in Ländern wie Bangladesch, Kambodscha oder Ghana der Verzehr von Fischen für rund 50 Prozent des tierischen Proteins sorgt. Ein drastischer Rückgang der Fischbestände hätte neben den wirtschaftlichen Folgen für die Fischer und die Fischindustrie auch Folgen für die Nahrungssicherheit, gerade in den ärmeren Ländern.
Plastik auf unserem Teller?
Doch was passiert, wenn wir mit dem Fisch auch Plastik aufnehmen? Neben dem Verenden der Tiere durch das Aufnehmen von Plastik landet der Fisch ja auch bei uns auf dem Teller. Fische fressen das Mikroplastik und nehmen so den Kunststoff auf.
Aktuell wird die Frage, ob Mikroplastik in das Muskelgewebe der Fische übertreten kann und damit als Filet auf unseren Teller gelangt, noch intensiv untersucht. Eindeutige Ergebnisse gibt es jedoch noch nicht.
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Wir müssen handeln
Weniger Plastikmüll
Dazu gehört, grundsätzlich weniger Plastikmüll zu produzieren und den vorhandenen Müll besser einzufangen und zu recyceln. Der größte Teil des Plastikmülls wird derzeit über Flüsse ins Meer geleitet.
Kunststoffe, die sich bereits in den Gewässern und an den Küsten befinden, sollten darum eingesammelt und professionell entfernt werden, damit sie sich gar nicht erst zu Mikroplastik zersetzen können.
Technologische Ansätze, die den Müll aus den Meeren filtern, sind leider noch eine ganze Weile nicht einsatzfähig. Deshalb gilt es grundsätzlich, zügig Plastikmüll zu verhindern.
Strengere Fangquoten
Gegen die Überfischung unserer Meere helfen strengere Fangquoten. Ziel muss es sein, die Population der Raubfische auf mindestens 60 Prozent und Beutefische auf mindestens 75 Prozent ihrer ursprünglich natürlichen Größe heranwachsen zu lassen.
Schonendere Fangmethoden
Doch nicht nur die Fangmenge ist wichtig, auch die richtigen Fangmethoden. Bei Grundschleppnetzen pflügen schwere Ketten über den Meeresboden und fangen die aufgescheuchten Fische mit einem riesigen trichterförmigen Netz ein. Durch die schweren Ketten hinterlassen die Netze eine Spur der Verwüstung am Meeresboden.
In Grundstellnetzen, also am Meeresboden verankerten und bis zu viele Kilometer langen Netzen, verheddern sich Meeressäuger wie zum Beispiel Wale und verenden so als ungewollter Beifang, weil sie nicht mehr zum Atmen an die Oberfläche kommen.
Hier wäre ein Umstieg auf nachhaltigere und schonendere Fangmethoden wichtig, wie zum Beispiel Fischfallen, bei denen die Fische lebend gefangen werden und so ungewollte oder zu kleine Fische lebend aussortiert werden können.
Handangeln, bei denen es ebenfalls zu wenig Beifang kommt, wären eine weitere Lösung oder auch Kummreusen. Hier schwimmen die Fische in immer kleinere Kammern. Doch weil die Netze oben offen sind, können Meeressäuger wie Robben zum Atmen an die Oberfläche. Darüber hinaus werden aktuell spezielle Störsender getestet, die mit ihren Geräuschen zum Beispiel Schweinswale vor den Netzen warnen sollen.
Mehr Schutzgebiete
Ein weiteres wirksames Instrument zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen der Ozeane sind Schutzgebiete, wie eine aktuelle Studie belegt. Derzeit sind gerade einmal 2,7 Prozent der Ozeane stark geschützt. Dabei hätte stärkere Schutzgebiete gleich einen dreifachen Nutzen.
Denn durch stabilere und größere Fischbestände, die mehr Nachkommen produzieren, könnten Schutzgebiete den Ertrag der umliegenden Fischerei nicht nur sichern, sondern sogar steigern.
Denn die Fische, die sich in den Schutzgebieten vermehren, ziehen von dort aus weiter und stehen so wieder der Fischerei zur Verfügung. Des Weiteren fördern Schutzgebiete die Vielfalt im Meer und können zum Beispiel durch Seegraswiesen die marinen Kohlenstoffbestände sichern.
Global statt national planen
Ein weiterer Aspekt: Global statt national agieren. Eine global koordinierte Anstrengung könnte laut Forschenden fast doppelt so effizient sein wie die aktuell oft unkoordiniert stattfindenden Naturschutzplanung auf nationaler Ebene.
Klimaziele einhalten
Generell gilt es, die Klimaziele einzuhalten. Denn allein beim Meeresspiegelanstieg stellen die Forschenden fest, dass jede Verzögerung der CO2-Einsparungen einen direkten Einfluss auf den durchschnittlichen und den extremen Anstieg, also beispielsweise bei Hochwassern, der Meere hat.
Mit jeder Verzögerung der CO2-Emissionen um weitere fünf Jahre erhöht sich der mittlere Meeresspiegelanstieg für das Jahr 2300 um circa 20 Zentimeter und der extreme Meeresspiegelanstieg sogar um einen Meter. Dies zeigt, wie wichtig die Einhaltung der Klimaziele für uns ist.
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