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Alternative Medizin
Darum ist Homöopathie wissenschaftlich nicht nachvollziehbar
Kleine Tröpfchen und Kügelchen aus Zucker — viele Menschen setzen große Hoffnungen in homöopathische Mittel. Dabei enthalten einige gar keinen Wirkstoff.
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Inhalt
- Woher kommt die Homöopathie?
- Warum kann Homöopathie aus wissenschaftlicher Sicht nicht helfen?
- Welche Rolle spielt der Placebo-Effekt bei Homöopathie?
- Wieso gelten für homöopathische Mittel andere Zulassungsregeln?
- Kann Homöopathie schaden?
- Wieso bezahlen Versicherungen für Homöopathie?
- Wer verdient am Geschäft mit der Homöopathie?
- Warum vertrauen so viele Menschen auf Homöopathie?
- Wie sollte es mit der Homöopathie weiter gehen?
- Woher kommt die Homöopathie?
- Warum kann Homöopathie aus wissenschaftlicher Sicht nicht helfen?
- Welche Rolle spielt der Placebo-Effekt bei Homöopathie?
- Wieso gelten für homöopathische Mittel andere Zulassungsregeln?
- Kann Homöopathie schaden?
- Wieso bezahlen Versicherungen für Homöopathie?
- Wer verdient am Geschäft mit der Homöopathie?
- Warum vertrauen so viele Menschen auf Homöopathie?
- Wie sollte es mit der Homöopathie weiter gehen?
Artikel Abschnitt: Woher kommt die Homöopathie?
Woher kommt die Homöopathie?
Similia similibus curentur
Die Ärzt:innen seiner Zeit verabreichten ihren Patient:innen damals auch gerne Brechmittel und Gifte wie Quecksilber. Das war alles nichts für den Arzt aus Meißen. Er fing an, selbst zu experimentieren und machte dabei Fortschritte. Sein Motto lautete: Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden (similia similibus curentur). Nach seiner Idee sollen Arzneistoffe, die ähnliches wie die Erkrankung auslösen, hochverdünnt verabreicht werden. Heute passiert das unter anderem mit den bekannten weißen Kügelchen, den Globuli.
Artikel Abschnitt: Warum kann Homöopathie aus wissenschaftlicher Sicht nicht helfen?
Warum kann Homöopathie aus wissenschaftlicher Sicht nicht helfen?
Es wird immer weiter verdünnt
Dabei wird beispielsweise der Wirkstoff der Tollkirsche, der als Ausgangsstoff oder auch "Urtinktur" dient, bei jedem Schritt um ein Zehntel verdünnt, etwa per Hand in Wasser verschüttelt, für Kügelchen mit Zucker vermischt oder verrieben. Je nach Potenzierungsgrad wird umso mehr verdünnt, teilweise mehrere Dutzend Male – bei D24 (24 Mal zehnfach verdünnt) oder C12 (12 Mal hundertfach verdünnt) also um weit mehr als das Billiardenfache.
Die Menge an vorhandenem Wirkstoff nimmt jedes Mal ab, bis im Grunde nichts mehr vorhanden ist. Ab Potenzierungen vom Faktor 24 wäre ein mehrfacher Lotto-Gewinn in Millionenhöhe wahrscheinlicher, als auch nur ein Molekül des Wirkstoffs in der homöopathischen Arznei zu finden.
Homöopathen und Homöopathinnen sagen jedoch: Mit jeder Verdünnung steige die Wirksamkeit. Je häufiger also eine Substanz verrieben oder verschüttet wurde, umso stärker ist nach diesem Verständnis die homöopathische Wirkung
"Wassergedächtnis" sehr umstritten
Die umstrittene These: Das Wasser verfüge über ein "Wassergedächtnis". Es erinnere sich sozusagen an die Eigenschaften und Wirkung des eigentlichen Mittels. Doch daraus ergeben sich physikalische Probleme: Was für eine Art Energie soll es sein? Und wieso erinnert sich das Wasser ausgerechnet an die "Energie" oder die "Schwingungen" des gewünschten Wirkstoffs – aber nicht an solche aller anderen, vielleicht auch sehr unerwünschten, Partikel, mit denen es jemals in Kontakt gekommen ist? Postuliert wurde die These des Wassergedächtnisses 1988 zwar sogar im renommierten Wissenschaftsjournal Nature – nachgewiesen wurde es seitdem jedoch noch nie zweifelsfrei.
Kaum belastbare Evidenz für die Wirksamkeit
Zahlreiche Studien haben sich bisher mit einer möglichen Wirkung der homöopathischen Mittel beschäftigt. Und auch wenn vereinzelt positive Effekte entdeckt wurden, ist die Studienlage insgesamt doch recht eindeutig.
1997 kam eine ausführliche Metastudie, veröffentlich in der Fachzeitschrift "Lancet", zu dem Ergebnis, dass für keine Erkrankung die Wirkung eines bestimmten homöopathischen Mittels ausreichend belegt ist. Die Autor:innen fanden allerdings positive Effekte, wenn sie die Daten mehrerer Studien zusammen betrachteten.
Sie bemängelten jedoch generell die Qualität der meisten Untersuchungen und wiesen zudem darauf hin, dass es einen Publication bias geben könnte, der sich schwer berechnen lässt: Studien mit keinen oder gar negativen Effekten könnten nicht veröffentlicht worden sein.
Das Fazit der Forschenden: Sie können eine Wirkung von Homöopathie nicht ausschließen und sehen tatsächlich eine Möglichkeit positiver Effekte. Um jedoch konkrete Aussagen treffen zu können, bräuchte es gut durchgeführte, randomisierte und Placebo-kontrollierte Studien mit ausreichend Teilnehmenden.
In den Jahren 2014 und 2017 konnten Forschende keinen zuverlässigen Nachweis für die Wirksamkeit von individualisierter und nicht-individualisierter Homöopathie für irgendeine Erkrankung finden.
In ihren Meta-Studien übten sie vor allem Kritik an der Studienqualität: Nur drei von 32 Studien in der ersten und drei von 75 Studien in der zweiten Analyse standen nicht unter dem Verdacht eines "bias", also dass die Interessen der Forschenden (möglicherweise unbewusst) ihre Interpretation der Daten in eine bestimmte Richtung gelenkt hätte.
Betrachteten sie jeweils nur die drei Studien, die sie als zuverlässig identifiziert hatten, ergab sich kein Effekt für nicht-individualisierte Homöopathie. Bei der individualisierten blieb ein kleiner, signifikanter Effekt übrig - doch selbst die Autor:innen betonen, dass die Datenmenge nicht ausreicht, um eine qualifizierte Aussage zu treffen.
Eine weitere umfangreiche Meta-Analyse hat die Methodik vieler Einzelstudien berücksichtigt und die Forschenden haben herausgefunden, dass der therapeutische Erfolg der Homöopathie immer dann besonders schlecht ist, wenn die Studien sorgfältig durchgeführt wurden. Eine andere Übersichtsstudie untersuchte 30 bisherige Arbeiten mit insgesamt 1159 Patienten unter der Prämisse "Homöopathie wirkt" und fand dann heraus, dass die Mittel sogar schaden können.
Mehr dazu erfahrt ihr übrigens unter Frage 5.
Homöopathie als Ergänzung zur Schulmedizin
Tatsächlich schreibt sogar die DHU, einer der größten Hersteller von homöopathischen Mitteln in Deutschland, dass die Homöopathie kein Allheilmittel ist und nicht losgelöst von anderen therapeutischen Maßnahmen und Möglichkeiten betrachtet werden sollte. Bei notwendigen Operationen, schweren Infektionen oder bei chronischen Erkrankungen mit wenig Chance auf Heilung, würde der Anspruch der Homöopathie daher in einer unterstützenden Funktion liegen. Laut DHU soll die Homöopathie dann eine Ergänzung der notwendigen schulmedizinischen Behandlung sein.
Artikel Abschnitt: Welche Rolle spielt der Placebo-Effekt bei Homöopathie?
Welche Rolle spielt der Placebo-Effekt bei Homöopathie?
In einer Großzahl an Studien schreiben Forschende einen möglichen Therapieerfolg dem Placebo-Effekt zu.
Wenn du wissen willst, wie der Placebo-Effekt funktioniert, schau hier.
Leichte Erkrankungen heilt das Immunsystem
Es könnte aber auch ein weiterer Faktor verantwortlich sein. Beispielsweise können einige leichte Erkrankungen auch durch das Immunsystem selbst geheilt werden. Insofern würde allein die zeitliche Komponente zu einer Heilung beitragen. In diesem Fall wäre es vollkommen egal, welche Tinktur, welches Kraut oder welches Placebo man eingenommen hätte.
Artikel Abschnitt: Wieso gelten für homöopathische Mittel andere Zulassungen?
Wieso gelten für homöopathische Mittel andere Zulassungen?
Homöopathie zählt zur "besonderen Therapierichtung"
Das alles regelt das deutsche Arzneimittelgesetz. Unter das fallen zwar auch homöopathische Mittel wie etwa Globuli – doch für die gelten andere Regeln als für andere Arzneimittel. Denn in Deutschland zählt die Homöopathie zu der sogenannten "besonderen Therapierichtung".
Viele von ihnen müssen nicht zugelassen, sondern lediglich registriert werden. Das ist dann der Fall, wenn drei Punkte zutreffen: Zunächst einmal dürfen die Arzneimittel kein Anwendungsgebiet haben. Das heißt zum Beispiel, dass auf den Verpackungen nicht steht, dass das Mittel gegen Heuschnupfen oder gegen Kreislaufprobleme helfen soll. Außerdem werden sie über den Mund aufgenommen oder äußerlich angewendet und sind mindestens um den Faktor 1:10.000 verdünnt (Potenz D4 / C2, vgl. §38 AMGund §39 AMG). Der Hersteller muss dann zwar Qualität und Unbedenklichkeit nachweisen, aber nicht die Wirksamkeit.
Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind derzeit 3.504 homöopathische Arzneimittel in Deutschland registriert. Gezählt wurde hier allerdings jedes Präparat einzeln. Auch wenn also zwei Hersteller dieselben Globuli-Bestandteile in derselben Potenz registrieren lassen, sind das zwei Einträge.
Auch bei den Zulassungen Sonderregelungen
Etwas anders sieht es bei homöopathischen Arzneimitteln aus, wenn auf der Packung ein Anwendungsgebiet aufgedruckt ist, das Mittel also etwa gegen Erkältung oder Heuschnupfen helfen soll – egal wie hoch die Verdünnung ist. Dann braucht das Mittel eine Zulassung. Zugelassen sind derzeit 1.155 homöopathische Arzneimittel.
Und jetzt wird es interessant. Denn für die Zulassung der Homöopathika gelten andere Regeln als für die meisten Arzneimittel. Sie müssen nur dann eine klinische Wirksamkeitsprüfung zur Zulassung mit einreichen, wenn sie gegen schwere oder lebensbedrohliche Erkrankungen helfen sollen. Bei anderen Arzneimitteln muss immer eine klinische Wirksamkeitsprüfung mit eingereicht werden, egal, gegen welche Erkrankung das Medikament helfen soll.
Bislang wurde noch kein homöopathisches Arzneimittel auf Basis einer solchen Studie zugelassen, so das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Auf Nachfrage stellt sich allerdings heraus, dass auch noch kein Hersteller Ergebnisse von randomisierten klinischen Studien zur Zulassung vorgelegt hat.
Wenn es nicht um besonders schwere Erkrankungen mit einer hohen Sterblichkeitsrate und häufigen Komplikationen geht, reichen für die Zulassung auch andere Belege für die Wirksamkeit. Die Anforderungen an dieses "wissenschaftliche Erkenntnismaterial" beschreiben Kritiker:innen als zu gering.
"Long-Time-Use" als Beleg ist bedenklich
Für leichte Erkrankungen kann es schon reichen, wenn die Hersteller als Beleg für die Wirksamkeit den "Long-time-Use", also die langjährige Nutzung (bedeutet: mindestens seit 1978) angibt und Expertenurteile heranzieht.
Dieser "Long-time-Use" als Beleg für die Wirksamkeit eines Medikaments ist aus wissenschaftlicher Sicht bedenklich. Das zeige auch die Medizingeschichte, sagt der Medizinethiker und –historiker Urban Wiesing von der Universität Tübingen. Ein Beispiel: der Aderlass, der über Jahrhunderte praktiziert wurde und durchweg nutzlos und zumeist schädlich sei, zum Beispiel bei Schwangeren.
Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt. Denn extra eingerichtete Kommissionen sollen den "medizinischen Sachverstand der jeweiligen Therapierichtung" mit in die Arbeit des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte einbringen. Wenn die Hersteller von homöopathischen Arzneimitteln also Erkenntnismaterial einreichen, geht das an die Kommission, die das Bundesinstitut bei der Entscheidung berät, ob es eine Zulassung verweigern soll. Diese Kommission besteht größtenteils aus Ärzten und Ärztinnen mit Zusatzbezeichnung Homöopathie und Heilpraktiker:innen, was von einigen Forschenden als kritisch bewertet wird.
"Natürlich hat jeder von uns die Freiheit, Globuli zu nehmen, wenn er oder sie das möchte. Aber es sei eben wichtig, dass man weiß, was man einnimmt", sagt Urban Wiesing: "Ein Problem sehe ich da, wo Homöopathie unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit angeboten wird".
Artikel Abschnitt: Kann Homöopathie schaden?
Kann Homöopathie schaden?
Eine Studie aus dem Jahr 2012 führte aber allergische Reaktionen auf homöopathische Mittel zurück – und zwar dann, wenn die Mittel nicht so stark verdünnt waren. In solchen Fällen könnte die Homöopathie also auch direkt schädlich sein.
Die indirekten Schäden durch die Homöopathie hielten die Autoren und Autorinnen allerdings für relevanter. Das ist dann der Fall, wenn Menschen statt auf nachweislich wirksame Therapien auf homöopathische Arzneimittel zurückgreifen.
Einige Homöopathie-Webseiten versprechen zu viel
Trotz nicht ausreichender Evidenz nach wissenschaftlichem Verständnis versprechen einige Homöopathie-Webseiten oder Bücher allgemein, dass Hochpotenz-Globuli sogar lebensbedrohliche Erkrankungen wie Krebs heilen können.
Die Globuli kann man sich dann in Online-Shops kaufen. Eine Wirksamkeit müssen die Hersteller für diese Globuli nicht nachweisen. Denn wenn auf der Packung kein Anwendungsgebiet steht, muss das Mittel nur registriert werden. Ganz egal, ob im Internet die Anwendungsgebiete sehr klar beschrieben werden.
Jutta Hübner, Onkologin und Komplementärmedizinerin vom Universitätsklinikum Jena erlebt es in ihrem Berufsalltag immer wieder, dass Menschen Homöopathie der Schulmedizin vorziehen. Bei einer jungen Mutter mit Gebärmutterhalskrebs zum Beispiel habe eine längere Therapie mit Homöopathie anstelle der empfohlenen Operation dazu geführt, dass die Krankheit weit fortgeschritten und nicht mehr zu heilen gewesen sei.
Ärztinnen und Ärzte sollten erste Ansprechpersonen sein
Ganz ähnlich sieht das auch die Bundesärztekammer. Sie findet, dass immer Ärztinnen und Ärzte die ersten Ansprechpersonen für Menschen sein sollten, die homöopathische Mittel nehmen. Denn die Betroffenen könnten schon eine schwerwiegende Grunderkrankung haben.
"Der Arzt verfügt über die erforderlichen Qualifikationen und Kompetenzen, die Grenzen sogenannter alternativmedizinischer Verfahren zu erkennen und die notwendigen schulmedizinischen Maßnahmen einzuleiten", begründet die Bundesärztekammer ihren Standpunkt.
Wirksamkeitsnachweis ist nicht gleich Wirksamkeitsnachweis
Der Gesundheitsforscher Gerd Glaeske argumentiert außerdem, das Arzneimittelgesetz fördere falsche Vorstellungen. Denn die Hersteller homöopathischer Arzneimittel können zu Recht sagen: "Wir haben doch alle regulatorischen Vorgaben erfüllt – inklusive des im Gesetz geforderten Wirksamkeitsnachweises". Dem Gesetz nach sei Wirksamkeitsnachweis aber nicht gleich Wirksamkeitsnachweis, sagt Glaeske.
Denn für die homöopathischen Mittel gelten andere Zulassungsregeln als für andere Arzneimittel. Zum Beispiel können sich Homöopathen und Homöopathinnen die Wirksamkeit ihrer Mittel oft gegenseitig bescheinigen. Deswegen gibt es schon länger Kritik an den erforderlichen Wirksamkeitsnachweisen (Mehr dazu findet ihr unter Frage 4).
Und mit dem Label "Arznei" und der grundsätzlichen Apothekenpflicht (§43 AMG) kann der Eindruck entstehen, dass für homöopathische Mittel dieselben Vorgaben gelten wie für andere Arzneimittel.
Artikel Abschnitt: Wieso bezahlen Versicherungen für Homöopathie?
Wieso bezahlen Versicherungen für Homöopathie?
Dabei hat eine Studie der Charité in Berlin 2017 die Behandlungskosten (ärztliche Beratung, Überweisungen usw.) von rund 22.000 Patient:innen, die einen speziellen Homöopathie-Vertrag bei einer deutschen Krankenkasse hatten mit denen einer Kontrollgruppe von ebenfalls rund 22.000 Personen verglichen.
Ergebnis: Vor der Einschreibung in den Homöopathie-Vertrag waren die gesamten Gesundheitsausgaben der beiden Gruppe vergleichbar. Danach lagen sie in der Homöopathie-Gruppe im Durchschnitt sogar höher. Die Gesamtkosten umfassen dabei nicht nur die Kosten der homöopathischen Behandlung, sondern die Veränderung in sämtlichen Kostenbereichen, die eine gesetzliche Krankenkasse zu tragen hat, wie etwa Medikamente sowie stationäre und ambulante Behandlungen.
Dazu kommt: Die Kostenübernahme ist laut GKV-Spitzenverband auch ein Wettbewerbsinstrument für die Krankenkassen. Die Techniker Krankenkasse teilte uns mit, dass sich viele ihrer Kunden und Kundinnen diese Leistungen wünschen würden. Ähnlich sieht das auch die BIG. Vielen ihrer Kundinnen und Kunden würde die Homöopathie dabei helfen, Beschwerden zu lindern.
Überschaubare Kosten für Krankenkassen
Ein hohes finanzielles Risiko scheinen die Krankenkasse mit der Kostenübernahme aber nicht einzugehen. Zumindest geht das aus den Antworten einiger Kassen hervor. Bei der BIG direkt gingen 2020 weniger als 0,1 Prozent der Ausgaben von über einer Milliarde Euro auf die Rechnung für homöopathische Mittel.
Die DAK hat im selben Zeitraum für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Homöopathie 10.000 Euro ausgegeben. Die Techniker Krankenkasse hat auf den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn verwiesen. Laut ihm würden die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für homöopathische Mittel insgesamt bei etwa 20 Millionen Euro im Jahr liegen.
In Frankreich werden Kosten nicht übernommen
In Frankreich übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Behandlung mit homöopathischen Mitteln seit 2021 übrigens gar nicht mehr. Dort ist die französische Gesundheitsbehörde zu dem Schluss gekommen, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass Homöopathie wirksam ist. Deswegen ist für die Gesundheitsbehörde dort auch die Erstattung durch die öffentliche Krankenkasse nicht zu rechtfertigen.
Artikel Abschnitt: Wer verdient am Geschäft mit der Homöopathie?
Wer verdient am Geschäft mit der Homöopathie?
Wie viel die Homöopathie-Hersteller selbst verdienen, ist nicht immer ganz klar. Einer der größten von ihnen ist die deutsche Homöopathie Union (DHU). Das Tochterunternehmen von Schwabe veröffentlicht aber seit einigen Jahren keine Umsatzzahlen mehr. Zuletzt lag dieser 2016 bei etwa 100 Millionen Euro. Konkurrent Wala machte 2019 einen Umsatz von über 141 Millionen Euro. Aktueller Umsatz-Spitzenreiter in Deutschland ist Heel. Das Unternehmen kam 2020 auf 200 Millionen Euro.
Artikel Abschnitt: Warum vertrauen so viele Menschen auf Homöopathie?
Warum vertrauen so viele Menschen auf Homöopathie?
Laut der Erhebung sei vor allem unter den Frauen der Anteil der Anwendenden mit zwei Drittel (66 Prozent) überdurchschnittlich hoch. Ähnlich häufig würden auch Akademiker:innen (62 Prozent) sowie Menschen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 3000 Euro (59 Prozent) homöopathische Arzneimittel nutzen.
Ärzte und Ärztinnen nehmen sich viel Zeit
Aber woher kommt diese Grundvertrauen? Neben dem Placebo-Effekt hat auch das Erstgespräch von homöopathischen Ärzt:innen einen positiven Effekt auf den Therapieerfolg bei den Patientinnen und Patienten. Schon Hahnemann forderte zu seiner Zeit, dass der "gemütliche und geistige Charakter" der Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden solle.
Und das scheint auch heute noch zu funktionieren: Homöopathische Ärztinnen und Ärzte nehmen sich zwischen 60 und 90 Minuten Zeit für Patienten und Patientinnen. Die meisten fühlen sich so ernster genommen mit ihren Leiden und auch besser beraten, als wenn sie nach kurzer Zeit schnell ein Antibiotikum verschrieben bekommen.
Artikel Abschnitt: Wie sollte es mit der Homöopathie weiter gehen?
Wie sollte es mit der Homöopathie weiter gehen?
Mehr Informationen für Verbraucher:innen
Außerdem sollten Verbraucher:innen mehr Informationen darüber bekommen, was homöopathische Herstellungsverfahren bedeuten und wie der wissenschaftliche Stand dazu aussieht. Dazu gehört auch eine Aufklärung von Irrtümern wie die Verwechslung von Homöopathie mit Naturheilkunde.
Randomisierte kontrollierte Studien erbringen
Eine weitere Forderung richtet sich an die Branche der Hersteller. Versorgungsforscher Norbert Schmacke von der Universität Bremen sagt: "Wenn die Hersteller mit wissenschaftlichen Nachweisen argumentieren, dann sollten sie einfach wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit in Form von randomisierten kontrollierten Studien erbringen – wie dies für Medikamente sonst ja gesetzlich gefordert wird."
Studien mit Vergleichsgruppen
Für konkrete Anwendungsgebiete seien Studien mit Vergleichsgruppen begrüßenswert, sagt der Bundesverband der Arzneimittelhersteller dazu. Im Hinblick auf "individuelle Arzneimittel", womit zum Beispiel Globuli gemeint sind, könnten jedoch "keine großen identischen Vergleichsgruppen" gebildet werden. Aufgrund des individuellen Therapieprinzips sei bei Einzelmitteln "die Erhebung einer externen Evidenz wie in der Schulmedizin oft nicht möglich", heißt es in einer Stellungnahme.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie verweist hingegen allgemein auf den generellen Nutzen der Homöopathie sowie klinische Studien "bei verschiedenen Indikationen" und begrüßt "generell" weitere Forschung.
Mehr Forschung zur Wirkung und Wirkungsweise von homöopathischen Arzneimitteln begrüßen Kritiker:innen ebenfalls.
Eine neue Gesetzgebung
Damit Wirksamkeitsnachweise jedoch auch für die Zulassung verpflichtend sind, wäre die Politik gefragt, eine neue Gesetzgebung anzustoßen. Gerd Glaeske zufolge wären gleiche Regelungen für alle Arzneimittel allerdings nur der erste Schritt. Er ist der Ansicht, dass es in Bezug auf die Zulassung generell nicht nur bei der Wirksamkeitsprüfung bleiben sollte. "Auch der therapeutische Nutzen in der Praxis sollte bei allen Arzneimitteln nach einigen Jahren überprüft werden", sagt er.
Autor/-in: Lucas Tenberg, Ildiko Holderer, Stefanie Uhrig
Hinweis der Redaktion: Wir haben den Absatz "Kaum belastbare Evidenz für die Wirksamkeit" am 07.12.2023 und am 19.12.2023 inhaltlich überarbeitet.
Unter diesem Link erfährt man eine detaillierte wissenschaftlich exakte Antwort auf die nicht zutreffende Kritik von Dr. Marc Hanefeld
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Wie-valide-sind-die-Aussagen-des-Systematic-Reviews-zur-Homoeopathie-Eine-Replik-450013.html
Wie Quarks mit wissenschaftlichen Quellen umgeht, ist mehr als verwunderlich. Noch einmal als Hinweis an die Autoren: Wenn Effekte gefunden werden, die statistisch nicht signifikant sind, ist das nicht das Gleiche wie kein Effekt, da die statistische Signifikanz maßgeblich von der Anzahl der Proben abhängt. Wer in der Quarks Redaktion… Weiterlesen »
Sehr geehrte Frau Uhrig, Hiermit möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die in Ihrem Quarks-Artikel „Darum ist Homöopathie wissenschaftlich nicht nachvollziehbar“ aufgestellte Behauptung, eine große Anzahl von Studien habe ergeben, dass Homöopathie nur auf einem Placebo Effekt beruhe nicht mit dem derzeitigen Stand der Forschung übereinstimmt und daher auch juristisch… Weiterlesen »
Danke für deinen Kommentar, deine Darstellung ist allerdings unvollständig, schau mal bitte hier: https://www.sueddeutsche.de/wissen/homoeopathie-abmahnung-wegen-globuli-kritik-1.4469283
Was den Inhalt angeht, empfehlen wir dir zur weiteren Lektüre diesen Beitrag: https://www.quarks.de/podcast/science-cops-homoeopathie-potenzierter-unfug/
Quarks setzt sich hier also über die Expertise von Universitätsprofessoren hinweg und macht seine eigene Forschung? Und über ein Gerichtsurteil ebenso und glaubt lieber der süddeutschen Zeitung? Dann ist es leider schlimmer als gedacht.
Ihre Quelle ist auch inkonsistent. Haben Sie sich mal die Papers genauer angeschaut? Die aufgezählten Meta-Analysen sind alle fast nur von einem Author (Robert T. Mathie) weiterhin stimmen auch die erläuterten Zusammenfassungen des Textes nicht mit denen der zitierten Paper überein. Auf der von ihnen genannten Website kommt man zu… Weiterlesen »
An diesem Beispiel wird wieder einmal deutlich, dass an Homöopathie Studien viel strengere Anforderungen gestellt werden als an Zulassungsstudien konventioneller Medikamente. So forderte beispielsweise Klaus Linde in seiner Meta-Analyse von 1997, dass erst von Evidenz gesprochen werden kann, wenn für ein und dieselbe Indikation mindestens 3 Studien von unterschiedlichen Autoren… Weiterlesen »
Hallo Martin, Sie vermischen hier leider 2 verschiedene paper zu unterschiedlichen Fragestellungen miteinander. Von Kritikern der Homöopathie wird gerne Mathies Studie von 2017 zitiert, obwohl diese lediglich Komplexmittelhomöopathie bzw. Isopathie untersucht, bei der die Homöopathie gar nicht richtig nach den Regeln Hahnemanns angewendet wird. Die eigentlich wichtige Meta-Analyse ist die… Weiterlesen »
Dieser Beitrag ist unseriös. Das hätte man von Quarks so jetzt gar nicht gedacht. Gegen den hier zitierten Gerd Glaeske liegt mittlerweile sogar ein Gerichtsurteil vor wegen Verbreitung falscher Behauptungen über Homöopathie.
Dieser Artikel ist sehr einseitig und schlecht recherchiert. Positive Studienergebnisse zu Gunsten der Homöopathie werden einfach ignoriert. Und die permanente Behauptung, Homöopathie Studien, die eine positive Wirkung zeigen, seien alle nur „schlechte Studien“ ist nicht überzeugend. Übrigens müsste man 88% aller konventionellen medizinischen Maßnahmen aus dem Behandlungskatalog der Krankenkassen streichen,… Weiterlesen »