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Erkältungsmittel
Wie gut sind Kombimedikamente gegen Erkältung?
Sie versprechen schnelle Linderung bei Husten, Kopfweh, Fieber und Schnupfen. Kombimittel aus der Apotheke sind beliebt. Aber eigentlich überflüssig.
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Aber welcher magische Wunderwirkstoff kann gleichzeitig Schnupfen stoppen, Kopf- und Gliederschmerzen lindern und Hustenreiz stillen? So einen „Hex-hex-alles-weg“-Wirkstoff gibt es natürlich nicht.
Deshalb wurden Kombinationspräparate gegen Erkältung entwickelt, die mehrere Wirkstoffe enthalten. Was auf den ersten Blick wie eine gute Lösung für alle Beteiligten aussieht – für uns Patienten ist es einfach, für den Hersteller lukrativ und für den Apotheker geht es beim Verkauf schnell – erweist sich bei näherem Hinsehen als für viele Erkältete durchaus riskante Therapie.
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Mittel können miteinander wechselwirken
Denn wenn man gleichzeitig unterschiedliche Arzneimittel zu sich nimmt, riskiert man, dass die Wirkung der einzelnen Arzneistoffe im Körper auch mal außer Kontrolle geraten kann. Denn die Wirkung kann sich ungünstig addieren oder beeinflussen.
Ein Beispiel: Einige Husten lindernde Wirkstoffe belasten die Leber, genau wie das in vielen Kombiprodukten verwendete Schmerzmittel Paracetamol. Kommt dann noch Alkohol dazu (einer der Bestseller enthält 18 Prozent davon), kann das die Leber stark belasten.
Andere Kombi-Mittel enthalten müde machende Antihistaminika, die gegen den Schnupfen helfen sollen. Gegen die „Nebenwirkung“ Müdigkeit wird dann Coffein hinzugefügt – das wiederum zu Herzrasen führen kann: unnötiges „Hick-Hack“ für den Kreislauf.
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Risiko der Überdosierung
Stell dir vor, der Kopf dröhnt. Und trotz zwei Portionen „Grippo-Stopp“ wird es kaum besser. Du nimmst eine weitere Dosis, damit genug Schmerzmittel im Gehirn ankommt. Mit dem Schmerzmittel gelangt aber auch ein Schnupfenmittel in deinen Körper. Und diese Wirkstoffe kann man schnell mal überdosieren: Sie machen müde oder führen zu Herzrasen.
Dann ist vielleicht nach vier oder fünf Dosen der Kopfschmerz weg, aber die Nebenwirkungen der anderen Wirkstoffe belasten deinen Körper – du hast also den Kopfschmerzteufel mit einem Kreislauf-Beelzebub ausgetrieben.
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Vorsicht bei Vorerkrankungen
Im Grunde gilt: Wer irgendeine chronische Erkrankung hat und eventuell regelmäßig Medikamente einnehmen muss, sollte auf Kombi-Mittel unbedingt verzichten.
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Krankheit wird möglicherweise verschleppt
Und noch etwas erhöht die Gefahr, dass man seine Krankheit verschleppt: Die meisten Kranken erwarten von einem „Grippemittel“, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Das kann dazu führen, dass man sich – kurzfristig sind Kopf und Nase ja frei – zu früh wieder zur Arbeit schleppt. Man schont sich also nicht und die Viren können weiter wüten und die Erkrankung verschlechtern.
Denn eigentlich muss das körpereigene Immunsystem die Viren in Griff bekommen und da helfen all die Wirkstoffe im Grippemittel gar nicht. Da hilft nur Schonung, ausgewogene Ernährung und ausreichend Trinken.
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Präparate enthalten oft nicht die passenden Wirkstoffe
In den meisten Kombi-Produkten sind Wirkstoffe mit erwiesener Wirkung mit solchen, deren Wirksamkeit nicht sicher wissenschaftlich belegt ist, kombiniert. Das gilt zum Beispiel für Wirkstoffe gegen Husten und Hustenreiz, ihr Nutzen gilt nicht als bewiesen.
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Teurer als man denkt
Das teuerste gegen Erkältung sind übrigens Halsschmerz-Lutschtabletten, wenn man sie in der Apotheke kauft. Und genau die sind in den Kombi-Mitteln gar nicht enthalten. Denn lutschen kann man Schmerz-, Fieber- oder Schnupfenmittel nie.
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Und jetzt?
Besser einzelne Mittel gezielt einsetzen
Bevor du dahin gehst, frag dich: Was belastet mich besonders? Und dann kannst du dich gezielt beraten lassen – eine sorgfältig arbeitende Apotheke kennt und berücksichtigt all die Argumente, die gegen „Grippemittel“ sprechen.
- Gegen Schnupfen sollte man ein Spray oder Tropfen nehmen. Da ist dann der abschwellend wirkende Stoff direkt da, wo er hingehört: in der Nasenschleimhaut und nicht in den Herzgefäßen. Dass man Nasenspray nicht länger als eine Woche nehmen sollte, ist schon fast allgemein bekannt: Es droht Gewöhnung. Kurzfristig kann Nasenspray aber Sinn machen, denn wenn die Nebenhöhlen wieder frei sind, sinkt das Risiko, dass die Ohren zugehen und dort eine Entzündung entsteht durch den Sekretstau.
- Gegen Schmerzen und Fieber wirken Paracetamol, Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen. Meist kennt man den Wirkstoff, der einem hilft und den man verträgt. Denn beides ist nicht bei allen Menschen gleich. Für den einen bringt Paracetamol die erhoffte Erleichterung, der nächste könnte eine letale Dosis des Mittels schlucken und der Schmerz bleibt.Tatsächlich wirksam scheint eine Kombination von Coffein und Schmerzmittel, da Coffein die Wirkung von Paracetamol und Co erhöht – und eine Dosisreduzierung möglich macht. Allein: Eine Tasse Kaffee oder Tee zur Schmerztablette tut’s da auch – und man hat gleichzeitig was getrunken.
- Gegen Halsschmerzen helfen Lutschpastillen. Meist enthalten sie z.B. Lidocain, das betäubt den Schmerz. Antibiotisch wirkende Zusatzstoffe machen, solange der Hals nur gerötet ist, wenig Sinn. Denn wie oben gesagt: Eine Erkältung ist zunächst eine durch Viren ausgelöste Erkrankung. Kommen Bakterien mit ins Spiel, die die Situation – ein geschwächter Körper – ausnutzen: Dann sollte man sowieso zum Arzt.
- Gegen Husten sind einige Kräuter gewachsen. Tests zeigen, dass vor allem ausreichend hoch dosierte pflanzliche Husten- und Schleimlöser (z.B. Thymian, Primelwurzel) Erleichterung verschaffen können. Bei den chemischen Hustenlösern gibt es im Grunde nur Ambroxol und Acetylcystein (ACC). Für beide ist die Datenlage nicht zufriedenstellend – zwar ist das Wirkprinzip, die Verflüssigung des Schleims, einmal durch Kettenspaltung (Acetylcystein), einmal durch zusätzliche Flüssigkeitsaufnahme in die Bronchien (Ambroxol) belegt, allein, ob das Erleichterung verschafft, das weiß man nicht immer sicher. Gegen Hustenreiz ist Dextrometorphan einen Versuch wert.
Fazit: Für die meisten Erkälteten sind „Grippemittel“ nicht gefährlich. Sie können kurzfristig auch einige Symptome lindern. Trotzdem sind sie überflüssig. Apropos „…flüssig“: Trinken hilft wirklich.
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Bevor man der Pharmaindustrie und den Apotheken das Geld in den Rachen schiebt, sollte man daran denken, dass es genau so lange dauert, wieder fit zu werden, wenn man keine Medikamente nimmt und vielleicht altbewährte Hausmittel benutzt.