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Krebstherapien
Wann wir endlich … keinen Menschen mehr an Krebs verlieren
Es gibt immer mehr und bessere Therapien gegen Krebs. Trotzdem haben einige Patient:innen eine schlechte Prognose. Was muss passieren, damit niemand mehr an Krebs stirbt?
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Die Krebstherapie wird immer besser und präziser
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So entsteht Krebs
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“Vor allem in den vergangenen zehn Jahren sind eine ganze Menge neuer Krebsmedikamente zugelassen worden”, sagt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Auch Prof. Lorenz Trümper, geschäftsführender Vorsitzender der Deutschen Krebs-Gesellschaft und Leiter der Krebsklinik an der Universitätsklinik Göttingen, sagt: Die Krebstherapie hat deutliche Fortschritte gemacht. Er spricht von einem ganzen Werkzeugkasten, aus dem sich Onkolog:innen, also Krebsmediziner:innen, heute bedienen können. Das sind die wichtigsten Hilfsmittel im Werkzeugkasten zur Krebsbehandlung:
Werkzeug 1: Operation
Chirurg:innen können den Tumor mit einem Skalpell entfernen. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Verfahren. In einigen Fällen reichen nur wenige kleine Schnitte, um das Gewebe abzutragen. Fachleute sprechen von der Schlüsselloch-Chirurgie. In anderen Fällen muss das komplette Organ und eventuell auch angrenzende Lymphknoten entfernt werden. Dafür ist ein größerer Schnitt nötig.
Werkzeug 2: Chemotherapie
Hier bekommen Patient:innen die Medikamente über einen Katheter direkt ins Blut. Die Mittel bewirken, dass sich die Tumorzellen nicht weiter teilen und vermehren können. Die Medikamente beeinträchtigen jedoch auch gesunde Zellen. Chemotherapien haben daher teils heftige Nebenwirkungen. Bei vielen Patient:innen fallen etwa die Haare aus.
Werkzeug 3: Strahlentherapie
Bei dieser Methode nutzen Ärzt:innen sogenannte ionisierende Strahlung. Sie ist intensiver als zum Beispiel das sichtbare Sonnenlicht und kann Zellen im Körper verändern. Krebszellen sind für diese Art von Strahlung besonders anfällig, da sie sich häufig teilen. Die Therapie bewirkt, dass der Tumor zerstört wird oder sich zumindest verkleinert. Je nach Körperregion entstehen auch hier verschiedene Nebenwirkungen. Bestrahlen die Ärzt:innen den Bauchraum, kann es etwa zu Durchfall, Übelkeit und Erbrechen kommen.
Neben diesen drei altbewährten Werkzeugen gibt es auch zwei neuere Hilfsmittel im Werkzeugkasten:
Werkzeug 4: Immuntherapie
Dabei nutzen Ärzt:innen das körpereigene Immunsystem, um den Tumor zu bekämpfen. Es gibt verschiedene Ansätze:
- monoklonale Antikörper: Antikörper sind Moleküle, die an kranke oder fremde Zellen andocken und sie markieren. Immunzellen können die Zellen auf diese Weise erkennen und bekämpfen. Diese Funktionsweise machen sich Ärzt:innen zunutze, indem sie künstliche Antikörper im Labor produzieren und sie so anpassen, dass sie Krebszellen markieren. Die Methode wirkt zum Beispiel bei einigen Arten von Lungenkrebs, Brustkrebs und Darmkrebs.
- Checkpoint-Inhibitoren: Um gesunde Zellen zu schützen, besitzt das Immunsystem sogenannte Checkpoints oder Kontrollpunkte, die die Immunreaktion verhindern. Krebszellen kopieren dieses Konzept. Sie tarnen sich mit den Checkpoints und verstecken sich so vor dem körpereigenen Immunsystem. “Das ist wie eine Art Verkleidung”, sagt Onkologe Trümper, “der Tumor sagt dem Immunsystem: Achtung, ich bin nicht gefährlich”. An dieser Stelle greifen Mediziner:innen ein: Sie bestücken künstliche Antikörper mit Molekülen, die die Kontrollpunkte blockieren – sogenannten Inhibitoren. Die Krebszellen können sich dann nicht mehr verkleiden und das Immunsystem erkennt und bekämpft sie. Checkpoint-Inhibitoren werden etwa bei schwarzem Hautkrebs, Lungenkrebs und Kopf-Hals-Tumoren eingesetzt.
- CAR-T-Zellen: Manche Krebszellen tarnen sich so geschickt, dass sie für das Immunsystem weiterhin unsichtbar sind. Hier kommen CAR-T-Zellen ins Spiel. Dafür werden körpereigene Immunzellen (T-Zellen) aus dem Blut der Patient:innen entnommen und im Labor gentechnisch verändert. Mediziner:innen statten sie mit einem sogenannten chimären Antigenrezeptor (CAR) aus, der Tumorzellen erkennt. “Die T-Zellen werden sozusagen auf die Krebszellen scharf gestellt”, sagt Trümper. Anschließend geben Mediziner:innen den Patient:innen die CAR-T-Zellen über das Blut zurück in den Körper. Hier erkennen die veränderten Zellen nun endlich den Tumor und bekämpfen ihn. Die Therapie mit CAR-T-Zellen ist bisher für einige Arten von Blutkrebs (Leukämie) und Lymphdrüsenkrebs entwickelt und zugelassen.
Werkzeug 5: zielgerichtete Therapie
Das sind moderne Krebsmedikamente, die gezielt Schwachstellen im Tumor angreifen. Sie hemmen zum Beispiel bestimmte Enzyme der Krebszellen und verhindern, dass der Tumor weiterwächst. Diese sogenannte zielgerichtete Therapie oder targeted therapy bietet sich zum Beispiel bei einigen Arten von Leukämie, Lungenkrebs und schwarzem Hautkrebs an.
Welche Therapie sich für welche Patient:innen anbietet, ist individuell verschieden. “Das Motto 'one size fits all', also immer dasselbe Rezept für jeden Patienten/jede Patientin zu haben, das gilt heute nicht mehr”, sagt Trümper. “Die Kunst der Onkologie ist es, den Werkzeugkasten so einzusetzen, dass es für den individuellen Patienten die beste Therapie ist.” Dabei werden die Behandlungsoptionen je nach Tumorart und Stadium geschickt kombiniert. Bei manchen Patient:innen lohnt sich beispielsweise erst eine Bestrahlung und anschließend eine Operation. Bei anderen veranlassen die Ärzt:innen zunächst eine Chemotherapie und setzen danach CAR-T-Zellen ein. Fachleute sprechen von personalisierter Krebsmedizin.
“Die Krebstherapie ist in den vergangenen Jahren zunehmend individueller geworden”, sagt Weg-Remers, “auch dadurch dass man auf molekularer Ebene Biomarker gefunden hat.” Das sind zum Beispiel bestimmte Proteine, Antigene oder Hormone, die vorhersagen, ob ein Patient auf eine bestimmte Therapie anspricht oder nicht. Bei Patientinnen mit Brustkrebs können Mediziner:innen beispielsweise den Status der sogenannten HER2-Rezeptoren prüfen. Das sind Bindungsstellen, die begünstigen, dass der Tumor weiterwächst. Bei Patientinnen mit vielen HER2-Rezeptoren ist eine zielgerichtete Therapie sinnvoll – also ein bestimmtes Medikament, das diese Rezeptoren blockiert und so das Tumorwachstum hemmt.
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Es sterben immer noch viele Krebspatient:innen
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Die Fünfjahresüberlebensrate
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Aus diesem Grund haben auch die modernen Krebstherapien ihre Grenzen. Die zielgerichteten Therapien etwa werden heute auch bei Lungenkrebs eingesetzt, sind dort aber nicht so erfolgreich wie bei anderen Krebsarten, zum Beispiel Leukämie. Checkpoint-Inhibitoren können Tumore erfolgreich kontrollieren, aber in den seltensten Fällen heilen. Auf die Methode mit CAR-T-Zellen wird große Hoffnung gesetzt, sie ist aber bisher nur für eher seltenere Krebsarten wie Lymphdrüsenkrebs zugelassen.
Die neueren Krebsbehandlungen wie Immuntherapien und zielgerichtete Therapien sind zudem sehr teuer.
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Krebs vollständig zu heilen, ist kein realistisches Ziel
Das stimmt Mediziner:innen aber noch nicht pessimistisch – im Gegenteil. Sie verfolgen stattdessen ein ehrgeiziges, aber greifbareres Ziel: Niemand soll frühzeitig wegen Krebs sterben. Krebs soll also zu einer chronischen, statt zu einer tödlichen Krankheit werden. Das heißt, dass der Tumor so gut kontrolliert wird, dass der Patient/die Patientin trotz der Diagnose Krebs mit einer möglichst guten Lebensqualität alt wird – und irgendwann an einer anderen Ursache stirbt. Diese Strategie ist auch als “Vision Zero” bekannt.
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Und jetzt?
Es kommt vor allem auf die Krebsprävention an
Nur die Behandlungsoptionen zu verbessern reicht aber noch nicht aus: “Wenn wir die Vision Zero erreichen wollen, geht das nur über die Prävention”, so Trümper. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung, ausgewogener Ernährung, Tabakverzicht, wenig Alkohol und viel Sonnencreme bewirkt, dass Krebs in vielen Fällen erst gar nicht entsteht. Auch Umwelteinflüsse wie Luftverschmutzung sollten so gering wie möglich gehalten werden. Diese Faktoren nennen Experten primäre Prävention. Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat ermittelt, dass knapp 40 Prozent der Krebsfälle dadurch vermeidbar wären. Neben den klassischen Maßnahmen für einen gesunden Lebensstil gibt es auch Zukunftsvisionen, um Krebs gar nicht erst entstehen zu lassen. “Denkbar wäre es zum Beispiel, Genabschnitte zu finden, die Krebs begünstigen und diese durch die CRISPR/CAS-Technik zu verändern”, sagt Trümper. Das sei aber noch Zukunftsmusik, keine konkrete Strategie. Und: Hier muss man auch die ethische Dimension miteinbeziehen – denn das Erbgut zu verändern, birgt immer auch Zündstoff für Debatten.
Ein weiterer Punkt ist die Krebsfrüherkennung oder sekundäre Prävention. Denn ob und wie gut sich Krebs therapieren lässt, ist maßgeblich davon abhängig, wann der Krebs entdeckt wird. Es gibt bereits Früherkennungsuntersuchungen, beispielsweise für Darmkrebs, Hautkrebs, Gebärmutterhalskrebs oder Brustkrebs. "Diese Tests sind aber noch nicht perfekt", so Weg-Remers.
- Ein bestimmter Prozentsatz an Tumoren wird durch sie nicht entdeckt (falsch Negative).
- Ein bestimmter Anteil an Diagnosen wird gestellt, obwohl gar kein Krebs vorliegt (falsch Positive).
Deshalb ist auch hier das Ziel: Die Früherkennungsuntersuchungen so weit wie möglich verbessern und präziser machen. Auch in diesem Bereich gibt es Zukunftsvisionen. So könnten Mediziner:innen etwa künstliche Intelligenz nutzen, um bestimmte Mutationen im Blut zu erkennen. Anschließend könnte die Technik vorhersagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die Mutation zu einem Tumor entwickelt – und Ärzt:innen können dann gezielt behandeln. “Das ist in den kommenden zehn Jahren denkbar”, so Trümper. Damit rückt zumindest diese neue Form der Früherkennung mittelfristig in greifbarere Nähe.
Aber wie sieht es mit der gesamten Vision Zero aus, wie lautet hier die zeitliche Prognose? Wann Krebs zu einer chronischen Krankheit wird und wir keinen Menschen mehr daran verlieren, darauf wollen sich Mediziner:innen und Forschende nicht festlegen. Immerhin wissen wir, von welchen Faktoren dieses Ziel abhängt: Von präziseren Therapien, besseren Vorsorgeuntersuchungen – und maßgeblich von unserem Lebensstil.
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Es ist auch eine Frage des Geldes. Zig Milliarden sind in die Erforschung von Krebsmedikamenten geflossen, die alles in allem die Überlebensdauer der Patienten nur um ein paar Monate verlängern. Für die Erforschung bessere Früherkennungsmaßnahmen ist aber kein Geld da.
Bitte macht in dem Zusammenhang doch unbedingt auch Werbung für die Kollegen der @dkms! Ich konnte durch eine Stammzellspende ein Leben retten – ein unbeschreibliches Gefühl. Wer immer kann sollte sich als Spender registrieren ??
Ich bin nicht einverstanden. Ich halte Krebs un eine ganze Reihe von andere chronische Krankheiten fuer heilbar. Prinzip. Die heutige medizinische Wissenschaft nutzt fast ausschlislich statistische Methoden. Diese Art von Wissenschaft ist nur ge-eignet fuer Problemen mit eine sehr einfache Struktur, also sehr wenig 1, 2 oder 3 Variabelen. Beim… Weiterlesen »
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