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Klimafolgen
So ungerecht ist die Klimakrise
Die Klimaveränderungen treffen Menschen weltweit unterschiedlich stark. Wer am wenigsten Emissionen verursacht, ist oft am stärksten betroffen.
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Inhalt
- Darum geht’s: Die Klimakrise verstärkt bestehende Ungerechtigkeiten
- Darum müssen wir drüber sprechen: Die Menschen, die am stärksten unter der Klimakrise leiden, haben sie nicht verursacht
- Aber: Auch Maßnahmen zum Klimaschutz schaden Menschen
- Und jetzt? Klimapolitik so gestalten, dass sie Ungerechtigkeiten abbaut
- Darum geht’s: Die Klimakrise verstärkt bestehende Ungerechtigkeiten
- Darum müssen wir drüber sprechen: Die Menschen, die am stärksten unter der Klimakrise leiden, haben sie nicht verursacht
- Aber: Auch Maßnahmen zum Klimaschutz schaden Menschen
- Und jetzt? Klimapolitik so gestalten, dass sie Ungerechtigkeiten abbaut
Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
Die Klimakrise verstärkt bestehende Ungerechtigkeiten
Wie verletzlich Menschen sind, hängt mit ihrem Wohnort zusammen. In einem IPCC-Bericht zu Existenzgrundlagen und Armut beschreiben die Autorinnen und Autoren, dass die Erträge in der Landwirtschaft in Subsahara-Afrika und Südostasien bis 2080 wahrscheinlich stark zurückgehen werden. Das geringste Risiko für Verluste sei in Nordamerika, Europa, Ostasien, Russland und Australien zu erwarten. Da der Ertrag von Grundnahrungsmitteln wie Mais, Weizen und Hirse in verschiedenen afrikanischen Ländern schon jetzt zurückgeht und die Nahrungsmittelversorgung unsicherer wird, sind Menschen dort also stärker von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen als zum Beispiel Menschen in Europa.
Innerhalb der betroffenen afrikanischen und asiatischen Länder selbst gibt es Unterschiede, zum Beispiel durch das Einkommen. Arme Menschen sind besonders verletzlich. Menschen, die zum Beispiel als Subsistenzbauern leben, haben oft nur wenig finanziellen Puffer, um Ernteausfälle auszugleichen. Auch die, die nicht von der Landwirtschaft leben, aber wenig Geld verdienen, sind besonders anfällig. Wenn die Erträge sinken, steigen gleichzeitig die Lebensmittelpreise. Die Ärmsten leiden darunter am stärksten, weil sie einen großen Anteil ihres Geldes für Nahrung ausgeben. Dadurch sind chronischer Hunger, Unterernährung oder Mangelernährung bei der armen Bevölkerung wahrscheinlicher.
Arme Menschen leiden stärker unter Naturkatastrophen
Überschwemmungen oder Hurrikans – Naturkatastrophen treffen arme Menschen oft härter. Das hat zwei Gründe: Einerseits leben arme Menschen oft in Gebieten, die weniger geschützt sind. Ihre Siedlungen werden oft in Überschwemmungsgebieten oder an Abhängen gebaut, wo die Gefahr von Erdrutschen besteht. Oft gibt es kein gutes Wasserablaufsystem, sodass sich das Wasser eher staut. Im Gegensatz dazu können Menschen aus der Mittel- und Oberschicht es sich eher leisten, ihre Häuser gegen Naturkatastrophen zu versichern und stärker Lobby machen, damit die Regierungen die Gegenden besser schützen.
Was passiert wenn der Meeresspiegel steigt, erklären wir hier.
Der andere Grund: Wiederaufbau ist in armen Ländern oder Regionen schwieriger als in reichen. Ein Beispiel sind Inseln oder Länder an der Küste in der Karibik. Diese werden immer wieder von tropischen Stürmen oder Hurrikans heimgesucht. Durch die Klimakrise werden diese Stürme stärker.
Ärmere Länder haben weniger Kapazitäten, um sich gegen die Stürme zu wappnen und die Orte danach schnell wieder aufzubauen. Zum Beispiel gab es in Puerto Rico nach Hurrikan Maria 2017 in manchen ländlichen Gemeinden ein Jahr lang keinen Strom. Zieht sich der Wiederaufbau nach einer Katastrophe hin, werden mehr Menschen krank oder sterben: Ohne Strom, sterben mehr Menschen an Hitze, vor allem ältere. Und: Die Versorgung von schwerkranken Menschen ist nicht mehr gewährleistet. Wenn Krankenhäuser zerstört sind, können Kranke zum Beispiel nicht zur Dialyse oder zur Chemotherapie gehen.
Schlechte Ernten treffen Frauen stärker
Neben den Ungleichheiten durch die geografische Lage verstärkt die Klimakrise bestehende Geschlechterungerechtigkeiten. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Nahrungsmittelversorgung. Frauen hängen oft stärker als Männer von der Subsistenzlandwirtschaft ab. Gleichzeitig haben sie weniger Zugang zu Land und so weniger Möglichkeit, Nahrungsmittel zu produzieren. Wenn die Lebensmittelpreise steigen, essen Frauen in ärmeren Familien oft weniger im Vergleich zu anderen Familienmitgliedern.
Weniger klar ist, ob Frauen öfter in Naturkatastrophen sterben als Männer. Was man weiß: Aus kulturellen Gründen können Frauen seltener schwimmen als Männer und sterben daher öfter bei Überschwemmungen. Außerdem haben Frauen oft weniger Möglichkeiten, ihr Zuhause zu verlassen und bleiben deshalb eher in den von Fluten bedrohten Gebieten. Auf der anderen Seite sterben Männer öfter, wenn sie die kulturell auferlegte Rolle der heldenhaften Retter ausfüllen.
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Die Menschen, die am stärksten unter der Klimakrise leiden, haben sie nicht verursacht
Eine Möglichkeit: Man sieht sich an, welche Regionen aktuell die höchsten jährlichen CO2-Emissionen verursachen. Hier ist China mit 27 Prozent der globalen CO2-Emissionen auf Platz eins. Die USA verursachen 15 Prozent, die EU-Staaten zusammen etwa 10 Prozent – Afrika und Südamerika nur etwa 3 bis 4 Prozent.
Diese Methode ist zum Beispiel wichtig, wenn es darum geht, wie wir der Klimakrise begegnen können. Wir sehen, wo aktuell wie viele Emissionen entstehen. Wenn wir aber wissen wollen, wer die Klimakrise verursacht hat, gibt diese Betrachtung kein umfassendes Bild – sie ist eine Momentaufnahme.
Eine andere Möglichkeit ist, die gesamten CO2-Emissionen seit der Industrialisierung zu betrachten. Im Zeitraum von 1751 bis 2018 haben die USA und die EU zusammen etwa die Hälfte der globalen CO2-Emissionen verursacht – China etwa 13 Prozent, Afrika und Südamerika je rund 3 Prozent.
Die Betrachtungen zeigen: Während China aktuell die meisten CO2-Emissionen verursacht, hat es historisch gesehen einen deutlich kleineren Anteil als die EU und die USA. Afrika und Südamerika haben kaum etwas zur Klimakrise beigetragen und haben auch aktuell einen minimalen Anteil an den Gesamtemissionen. Während Subsistenzbauern in Afrika also schon jetzt unter der Klimakrise leiden, haben sie diese nicht verursacht.
Nicht nur global, sondern auch innerhalb der Bevölkerungen einzelner Länder sind die Emissionen ungleich verteilt. Für Deutschland zeigt das eine Studie des Umweltbundesamts (UBA). Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen pro Person sind höher, je höher das Einkommen ist. Studien für die USA und China zeigen den gleichen Zusammenhang.
Warum deshalb auch die Stadt-Land-Frage missverständlich ist, erklären wir hier.
Artikel Abschnitt: Aber:
Aber:
Auch Maßnahmen zum Klimaschutz schaden Menschen
Ein Beispiel ist die Elektromobilität: Um die Batterien von E-Autos zu bauen, brauchen die Hersteller Rohstoffe wie Kobalt, Lithium oder Nickel. Die größten Kobaltvorkommen weltweit gibt es in der Demokratischen Republik Kongo. Dort bauen Menschen die Rohstoffe unter schlechten Bedingungen ab. Oft arbeiten in den Minen auch Kinder. Gesundheits- und Sicherheitsvorkehrungen sind Mangelware.
Der Abbau von Lithium, zum Beispiel in Chile, verbraucht viel Wasser und führt dazu, dass der lokalen Bevölkerung weniger Wasser zur Verfügung steht. Der Ausbau der Elektromobilität in Industrieländern geschieht so auf Kosten der Menschen in den betroffenen Staaten.
Diese Folgen haben natürlich nicht nur mit der Elektromobilität zu tun – auch andere Branchen verbrauchen Rohstoffe. Wenn sich aber Länder das Ziel setzen, mit den Maßnahmen zum Klimaschutz auch andere Ungerechtigkeiten abzubauen, müssen sie auch die Folgen für die Menschen vor Ort mitbedenken. Im Pariser Klimaabkommen ist klar formuliert, dass die Staaten die Rechte von unter anderem indigenen Menschen und lokalen Bevölkerungen beachten und fördern sollen.
Ein weiteres Beispiel erwähnen die Autorinnen und Autoren des IPCC-Berichts zu Existenzgrundlagen und Armut. Projekte zum Schutz von Wäldern helfen wahrscheinlich nicht dabei, die Armut zu senken. Ganz im Gegenteil können diese Maßnahmen sogar negative Auswirkungen haben. Menschen, deren Existenzgrundlage der Wald ist, können diesen nicht mehr nutzen und verlieren in manchen Fällen sogar ihr Land.
Wenn Politiker und Politikerinnen, Unternehmen und Forschende also nicht die Folgen für lokale Communitys beachten, können Klimaschutzmaßnahmen bestehende Ungerechtigkeiten weiterführen oder verstärken.
Artikel Abschnitt: Und jetzt?
Und jetzt?
Klimapolitik so gestalten, dass sie Ungerechtigkeiten abbaut
Anstatt das Land, von dem Menschen über Jahrhunderte gelebt haben, für den Klimaschutz unter nationale Verwaltung zu stellen, sollten die Menschen also die Chance haben, ihr Land selbst nachhaltig zu bewirtschaften. Hier kann man auch ansetzen, um mehr Gleichberechtigung für Frauen zu erreichen – indem sie Land oder einen sicheren Zugang zu Land zugesprochen bekommen. Das hat auch einen positiven Effekt für die Umwelt: Wenn Frauen selbst Land besitzen, setzen sie sich stärker dafür ein, es zu schützen und und zu bewahren. Sie pflanzen eher Bäume oder konzentrieren sich darauf, den Boden nachhaltig zu bewirtschaften.
Zusätzlich zu Eigentum und Selbstverwaltung ist es wichtig, Maßnahmen regional zuzuschneiden und dafür das Wissen der Menschen vor Ort zu nutzen. "Indigenes und lokales Wissen kann eine Schlüsselrolle in der Anpassung an den Klimawandel spielen", heißt es in einem IPCC-Bericht. Menschen haben das Land, auf dem sie leben, beobachtet und sich den Gegebenheiten vor Ort angepasst. Zum Beispiel haben Viehhalter im Nahen Osten und Nordafrika, in der Mongolei und in der Sahelzone Methoden entwickelt, um das Grasen der Tiere und die Nutzung der Wälder zu regulieren. Das Wissen der Menschen vor Ort mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu kombinieren, kann dabei helfen, Lösungen zu entwickeln, die für die jeweilige Region und die Lebensweise der Menschen passen.
Über den/die AutorIn:
Der gesamte Artikel über den Anstieg des Meeresspiegels ist super!!!!!
Nicht nur die Klimakrise ist ungerecht.Die Menschen in armen Ländern kommen auch schwer an Verhütung.Keine Verhütung=masslose Vermehrung.Was macht die Entwicklungshilfe?Kein Geld für Implant/Spiralen/Vasektomien?
Klimagerechtigkeit ist auf den degrowth-Konferenzen ein Thema https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Degrowth-Konferenz . Letztlich ist degrowth das einzig tragfähige Modell für ein gutes Leben für Alle. Die seit den 70ern weiterentwickelten Prinzipien der Wachstumskritik werden von der Wissenschaft anerkannt https://timotheeparrique.com/academic-articles/ . Parallel zur Wachstumsrücknahme muß eine Umverteilung von reich nach arm stattfinden.
Ich höre heute wieder mal von Hochwasser am Rhein: Warum sollte es denn nicht möglich sein, in Voraussicht auf die Dürre-Perioden in den Frühjahrs- und Sommermonaten, alte Kühltürme der AKW´e zu dekontaminieren und als Süßwasserspeicher, z.B. aus den jetzt auflaufenden Fluten, zu nutzen. Alle AKW liegen direkt an Flüssen! Keine… Weiterlesen »
Jap, Kühltürme sind unten offen. Sie würden demnach besonders wenig Wasser halten. Außerdem sind sie nicht so stabil gebaut, dass sie das Wasser überhaupt halten könnten.
Ab wann stellt ihr hier auch die direkte Betroffenheit der hiesigen Landwirtschaft und damit verbundener regionaler Ernährung als Problem dar? So stellt der Dürremonitor https://www.ufz.de/duerremonitor sehr deutlich dar, dass wir auch nach 4 Wochen regnerischem Wetter hier im Westen noch eine schwere Dürre in den tiefen Bodenschichten haben. Ein Bewußtsein… Weiterlesen »