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Kampf gegen Corona
Was einige asiatische Staaten besser machen
Taiwan, Südkorea und Co. haben eines gemeinsam: weniger Corona-Infektionen als Deutschland. Was ist das Erfolgsrezept einiger asiatischer Länder?
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Inhalt
- Darum geht’s: In einigen asiatischen Ländern sind die Corona-Fallzahlen auffallend niedrig
- Darum müssen wir drüber sprechen: Cluster, Tracking, Maskenpflicht: So anders bekommen asiatische Länder das Virus in den Griff
- Aber: Mit asiatischer Mystik haben die Erfolge wenig zu tun
- Und jetzt? Wir können auch aus der Pandemie lernen
- Darum geht’s: In einigen asiatischen Ländern sind die Corona-Fallzahlen auffallend niedrig
- Darum müssen wir drüber sprechen: Cluster, Tracking, Maskenpflicht: So anders bekommen asiatische Länder das Virus in den Griff
- Aber: Mit asiatischer Mystik haben die Erfolge wenig zu tun
- Und jetzt? Wir können auch aus der Pandemie lernen
Artikel Abschnitt: Darum geht’s:
Darum geht’s:
In einigen asiatischen Ländern sind die Corona-Fallzahlen auffallend niedrig
Artikel Abschnitt: Darum müssen wir drüber sprechen:
Darum müssen wir drüber sprechen:
Cluster, Tracking, Maskenpflicht: So anders bekommen asiatische Länder das Virus in den Griff
Zum Vergleich: Wer momentan nach Deutschland einreist und in den zehn Tagen davor in einem Risikogebiet war, muss sich nach der Einreise lediglich an den “unmittelbaren Zielort begeben“ und zehn Tage in häuslicher Quarantäne verbringen. Die kann nur verkürzt werden, wenn du nach fünf Tagen ein negatives Testergebnis hast. Die Regelungen unterscheiden sich aber von Bundesland zu Bundesland.
Handy-Tracking mit Erfolg
Die Vorbehalte gegenüber Datenspeicherung und Tracking sind bei uns groß – oftmals auch zu Recht. Trotzdem ist laut japanischen Forschenden in diesem fortgeschrittenen Stadium der technologischen Intervention eine Reaktion auf eine Pandemie nicht mehr nur eine medizinische. So haben ostasiatische Länder gezeigt, dass neue Technologien wie Big Data in Verbindung mit Medizin umfassend genutzt werden können.
Teilweise kommen Maßnahmen zum Einsatz, die für uns, nett ausgedrückt, zumindest befremdlich wirken können. Am radikalsten für unser Verständnis ist sicher die Corona-Ampel in China. Das ist ein QR-Code, der anhand eines Bewegungsprofils einen Gesundheitsstatus errechnet. Er ist entweder grün (alles gut), gelb (Vorsicht ist geboten) oder rot (Infektionsrisiko). Springt die Ampel auf deinem Handy auf Rot (zum Beispiel wegen einer Infektion oder einem Risikokontakt), kommst du nicht mehr in öffentliche Gebäude oder Züge, das Gesundheitsamt wird informiert und du musst zwei Wochen in Quarantäne.
Auch Länder wie Taiwan und Südkorea vertrauen auf Technik, um Virenherde aufzuspüren. Mithilfe von Handy-Tracking wurde etwa überprüft, ob die Menschen ihre Quarantäne einhalten. Taiwan durfte außerdem auf die Gesundheitsdaten der Krankenversicherungen zugreifen und verhängt Geldstrafen bei Nichteinhaltung der Quarantäne.
Testen, testen und noch mehr testen
Bei uns in Deutschland kannst du dich nur unter bestimmten Umständen auf Covid-19 testen lassen: Etwa wenn du Symptome oder engen Kontakt mit einer infizierten Person hattest. Das ist in China und Co. meistens anders geregelt. “Asiatische Länder testen sehr viele Menschen auf Covid-19, um schnell neue Infektionsherde in den Griff zu bekommen“, erklärt Marina Rudyak vom Institut für Sinologie an der Universität Heidelberg. “Darüber hinaus werden die Tests oftmals durch die öffentliche Hand finanziert oder sind relativ günstig frei zugänglich verfügbar“, so die Asien-Expertin.
Japan testet nicht so viel wie seine Nachbarländer. Die dortige Regierung setzte lange Zeit auf sogenannte Cluster-Nachverfolgung. Bedeutet: Ist eine Person infiziert, werden sofort alle Kontaktperson ermittelt, ebenfalls als infiziert betrachtet und isoliert – auf ein Testergebnis warten die Behörden nicht. Momentan steigen die Corona-Zahlen in Japan zwar wieder etwas an, sind aber noch weit unter dem deutschen Niveau.
Artikel Abschnitt: Aber: Mit asiatischer Mystik haben die Erfolge wenig zu tun
Aber: Mit asiatischer Mystik haben die Erfolge wenig zu tun
1. SARS prägt die Region bis heute
Bereits 2003 hatten Länder wie China, Taiwan und Vietnam mit einer Epidemie zu kämpfen. Ein kleiner Exkurs: Im Februar 2003 wurde das sogenannte Schwere Akute Respiratorische Syndrom, kurz SARS-Virus, von der Weltöffentlichkeit erstmals wahrgenommen. Die Infektionskrankheit führte, ähnlich wie Covid-19 heute, zu Fieber, trockenem Husten und Atemnot. Über 700 Menschen starben weltweit im Verlauf der Epidemie. SARS hat die Mängel der Gesundheitssysteme in einigen asiatischen Ländern damals schmerzlich offengelegt. Taiwan und Südkorea beispielsweise konnten aber aus den Fehlern lernen. Sie aktualisierten Notfallpläne, investierten viel Geld in medizinisches Personal und Ausrüstung und erneuerten ihre Gesundheitssysteme. Der Vorsitzende des sogenannten Central Epidemic Command Centers (CECC) in Taiwan etwa ist heute quasi gleichrangig mit einem Regierungsminister. In Krisenzeiten leitet er zentral mit seiner Einheit Taiwans Bereiche der öffentlichen Gesundheit. Ähnliche Befugnisse gelten aktuell auch in Südkorea – dort überlegt die Regierung wegen aktuell steigender Zahlen vor allem im Raum um Seoul, die Abstandsregeln wieder zu verschärfen.
Kurz gesagt: Einige asiatische Staaten waren für eine mögliche neue Pandemie besser gewappnet. Das mit Erfolg, wie wir jetzt sehen: Als im Dezember 2019 erste Gerüchte über eine neue Lungenkrankheit in Wuhan in den Nachbarländern die Runde machten, reagierte Taiwan sofort mit verschärften Einreisekontrollen für Passagiere aus China. Dazu verbot das Land frühzeitig größere Menschenansammlungen und nächtliche Events. Vietnam ließ seit Januar 2020 überhaupt keine chinesischen Touristinnen und Touristen mehr ins Land. In der Analyse der japanischen Forschenden heißt es dazu, dass Taiwans schnelles Risikoverständnis und Handeln auch auf frühere Erfahrungen aus der SARS-Epidemie zurückzuführen sei.
Ganz ähnlich sieht das auch Asien-Expertin Rudyak. Sie hält wenig von einer Mystifizierung des Orients: “Die Gefährlichkeit von Covid-19 wurde in asiatischen Ländern einfach nie infrage gestellt. Das Ziel dort war es von Anfang an, das Virus zu unterdrücken.“ Das habe wenig mit kultureller Prägung zu tun, sondern mit der Kombination aus schnellem und resolutem Eingreifen und entsprechender Vorbereitung.
2. Höhere Bereitschaft zum Impfen und Masketragen
Nicht erst seit der SARS-Epidemie ist es für viele Menschen in Asien selbstverständlich, eine Maske zu tragen. Ist man selbst krank, schützt man durch die Maske seine Mitmenschen. Das gehört zum guten Ton. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Studie aus dem Jahr 2017. In einem fiktiven Szenario brach eine Infektionskrankheit aus. Die Teilnehmenden aus Südkorea, Indien, Vietnam, Hongkong, Deutschland, den Niederlanden und den USA mussten sich damals entscheiden, ob sie sich impfen lassen wollen. Das Ergebnis: Bei Menschen aus Asien war die Bereitschaft höher, sich gegen die Krankheit impfen zu lassen, als in westlichen, individualisierten Ländern.
Was man über Schutzmasken wissen muss
3. Mächtige Politik und wenig Kollektivismus
Während unserer Recherchen haben wir keine verlässliche Studie gefunden, die einen Zusammenhang zwischen den kulturellen Ausrichtungen asiatischer Länder und der Krisenbewältigung in der Corona-Pandemie herstellt. Was wir aber wissen: Dass sich Menschen in China und Vietnam an die Corona-Regeln der Regierung halten, liegt nicht an ihrem festen Glauben an einen Kollektivismus. “In diesen Ländern ist der politische Apparat so mächtig, dass die Menschen gar nicht erst auf die Idee kommen, den Entscheidungen der Regierung zu widersprechen“, erklärt Reinhard Zöllner, Professor für Japanologie und Mitglied des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn.
Auch der Konfuzianismus reicht für ihn nur bedingt als Erklärung. Hintergrund: Der Konfuzianismus ist eine alte philosophische und religiöse Ausrichtung, an der sich in China und dem ostasiatischen Raum viele Menschen orientierten. Im Kern besagt sie, dass Menschen über- und untergeordnet sind, es also Hierarchien gibt. Strukturen in Gesellschaften und die Wahrung von Traditionen ist wichtig.
Laut Zöllner spielt diese Philosophie, wenn überhaupt, aber nur eine untergeordnete Rolle, wenn es etwa um die Einhaltung von Corona-Regeln geht. “Heutzutage haben die Lehren des Konfuzius tendenziell nur noch bei älteren Leuten Gewicht. Vor allem bei jüngeren Menschen gibt es einen immer stärker werdenden Drang der Individualisierung“, so Zöllner.
4. Krisen und Kriege bleiben im Gedächtnis
In Japan und Südkorea liegen die Gründe für die Unterstützung aus der Bevölkerung woanders. Dort gibt es keine mächtigen und einschüchternden Politik-Apparate. Die politischen Systeme in diesen Ländern könnt ihr euch ähnlich wie bei uns vorstellen. Um zu verstehen, warum die Gesellschaften in diesen Ländern die Corona-Regeln weitestgehend mittragen, müssen wir wieder einen kurzen Blick in die Vergangenheit werfen.
Japan ist ein Land, das immer wieder mit Naturkatastrophen zu kämpfen hat (Stichwort Fukushima). Deswegen herrscht in der Bevölkerung, mehr als bei uns, ein Bewusstsein dafür, dass es Zeiten gibt, durch die man nur mit Selbstdisziplin kommt. Was für Japan die Naturkatastrophen sind, ist für Südkorea der Bürgerkrieg. Denn das Land “Korea“ ist seit dem Krieg gegen Nordkorea in den 50er-Jahren gespalten. Bis heute kommt es immer wieder zu Krisen und Streit zwischen beiden Staaten. “Dieser Konflikt prägt die Menschen in Südkorea und sorgt dafür, dass es eine gewisse Disziplin in der Bevölkerung in Krisenzeiten gibt“, so Zöllner.
Artikel Abschnitt: Und jetzt? Wir können auch aus der Pandemie lernen
Und jetzt? Wir können auch aus der Pandemie lernen
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Was mich immer wieder wundert ist die Tatsache das es keinen Bericht gibt, der jemals die Frage stellt, ob in diesen Ländern durch den chinesischen SARS Virus der 2003 ausgebrochen war, nicht eine Herden Immunität entstanden ist, die dadurch Heute in fast allen asiatischen Ländern zu einer geringeren Ansteckungsgefahr führte.
Spannende Frage, aber da diese Erreger damals ja eher tief in der Lunge schwere Infektionen ausgelöst haben und weniger in den oberen Atemwegen zirkulierten, haben sie ja nur lokal kleinere Epidemien ausgelöst. Wir können uns nicht vorstellen, dass dadurch eine so hohe Hintergrundimmunität gegen Sars-CoV-2 entstanden sein soll. Aber wir… Weiterlesen »
Gibt es Hinweise auf eine hohe Dunkelziffer in „asisatischen“ Ländern? Würde mich über Quellen freuen.
Vielen Dank für den interessanten Artikel zur sehr gelungen Symptombekämpfung in asiatischen Ländern und das Entkräften von kulturellen Rassismen! Könnten Sie auch bitte einmal kritisch über die Ursachenbekämpfung von Pandemien / Zoonosen schreiben? Denn wenn wir da nicht handeln, blühen uns in Kürze weitere Pandemien. Relevant wären z.B. Erkenntnisse des… Weiterlesen »
Danke Dir fürs Lob! Zum Thema „Zoonosen“ haben wir auf quarks.de schon einen Artikel: https://www.quarks.de/umwelt/tierwelt/wenn-krankheitserreger-von-tieren-auf-menschen-springen/
Zumindest in Vietnam hängt es m.E.n. schon mit einer Form der Solidarität zusammen. Sollte auch nur eine Person in der Familie erkranken, stellt das, in mehrerlei Zusammenhang, ein Problem für die ganze Familie dar. Dass die Kriege, welche mehr als 30 Jahre in Vietnam wüteten, nicht spurlos verschwunden sind, ist… Weiterlesen »