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Gesund durch Bakterien
Fermentieren: Hipster-Trend oder richtig gesund?
Fermentiertes Essen soll die Darmflora bereichern und das Immunsystem stärken. Doch was ist wirklich dran am Fermentier-Trend?
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Darum geht’s:
Seit Jahrtausenden wird fermentiert
Länger haltbar durch Fermentation
Überall auf der Welt fermentieren Menschen daher seit Jahrtausenden alle möglichen Lebensmittel: von japanischer Misopaste über koreanisches Kimchi bis zum deutschen Sauerkraut. Ein Vorteil: Durch das Fermentieren werden Nährstoffe über das ganze Jahr verfügbar gemacht. Bevor das Pasteurisieren entdeckt wurde, war beispielsweise rohe Milch nur extrem kurz haltbar. Zwar wussten die Menschen damals noch nichts über Bakterienkulturen, haben aber über Generationen hinweg durch Ausprobieren gelernt, wie man Käse zubereitet – und so wertvolle Inhaltsstoffe aus der Rohmilch länger nutzbar macht.
Fermentieren macht Nährstoffe zugänglich
Manche Lebensmittel sind überhaupt erst durch die Arbeit der Bakterien bei der Fermentation essbar. Ein Beispiel: In den meisten Sorten von Maniok, einer Pflanze, deren Wurzelknolle vor allem in tropischen und subtropischen Ländern eine wichtige Kalorienquelle ist, steckt giftige Blausäure. Fermentieren ist eine Möglichkeit, Maniok essbar zu machen.
In den letzten Jahren ist aber noch ein weiterer Faktor dazugekommen, warum ernährungsbewusste Menschen das Fermentieren wiederentdecken: Sie versprechen sich einen Gesundheitsnutzen durch das Essen von vielen lebenden Bakterien.
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Fermentieren wird als gesunder Trend verkauft
Im Gegensatz dazu werden die Grundzutaten bei der "natürlichen" Fermentation nicht erhitzt, sind also noch mit den Mikroorganismen besiedelt, die darauf oder darin leben. Man fügt dann Bakterien mit gewünschten Eigenschaften zu. Beim "natürlichen" Fermentieren landet anstelle von einzelnen Zuchtkulturen also eine üppige Vielfalt an Bakterien, Pilzen oder Hefen im Essen.
Resultat: Intensive und einzigartige Geschmacksnoten. Und weil sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen je nach Ort stark verändert, sind auch die Geschmacksnoten regional verschieden. Tatsächlich ist die geschmackliche Vielfalt von Rohmilchkäse etwa größer als die von Käse aus pasteurisierter Milch.
Vermeintliches Wundermittel
Für die Anhänger:innen des Fermentierens, auch Fermentos genannt, geht es aber nicht nur um den Geschmack, sondern auch um die Gesundheit. Sie gehen davon aus, dass wir beim Essen von "natürlich" Fermentiertem mit jedem Bissen Millionen von lebenden gutartigen Bakterien aufnehmen, die dann im Darm landen und ihr gesundes Potenzial entfalten: Sie sollen das Immunsystem stärken, Allergien vorbeugen, Verstopfung verhindern oder sogar eine präventive Wirkung gegen bestimmte Arten von Krebs haben. Je vielfältiger die Kulturen sind, desto besser.
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Mehr Gesundheit durch die Mikroorganismen ist schwer nachweisbar
Spätestens, wenn wir erwachsen sind, bleibt das Darmbiom relativ stabil. Selbst nach einer Therapie mit Antibiotika, bei der viele Mikroorganismen in unserem Körper absterben, bildet sich die Darmflora in der Regel wieder in etwa so, wie sie vorher zusammengesetzt war. Das liegt aber auch daran, dass bei den meisten Menschen die Lebensgewohnheiten und die Ernährung ziemlich gleichbleibend sind. Denn grundsätzlich beeinflusst die Ernährung unsere Darmflora durchaus.
Wie viele der lebenden Bakterien, die wir mit fermentierter Nahrung aufnehmen, sich tatsächlich im Darm ansiedeln können und was sie dort eventuell bewirken, weiß die Wissenschaft aber bisher noch nicht sicher.
Gesundheitsnutzen nur bei wenigen Produkten nachweisbar
Für fermentierte Milchprodukte gibt es Studien, die eine positive Wirkung auf die Gesundheit nachweisen. Eine Metastudie, die im British Journal of Nutrition veröffentlicht wurde, konnte eine Blutdrucksenkung bei Teilnehmenden nachweisen, die eine probiotische fermentierte Milch zu sich genommen hatten. Eine schwedische Metastudie zeigte, dass eine Ernährung, die viel fermentierte Milch (Joghurt und Sauermilch) beinhaltet, mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht.
Bei diesen Studien wurde allerdings nicht untersucht, ob lebende Mikroorganismen aus der Milch im Darm der Proband:innen gelandet sind. Ob die positive Wirkung auf die Gesundheit also damit zusammenhängt, dazu können diese Studien gar nichts sagen. Außerdem lassen sich die Erkenntnisse nicht auf andere fermentierte Lebensmittel übertragen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat ein Register aller Lebensmittel, für die mit Gesundheitsvorteilen geworben werden darf. Das betrifft nur zwei fermentierte Lebensmittel: Rotschimmelreis und lebende Joghurtkulturen. Rotschimmelreis hilft, einen normalen Cholesterinspiegel im Blut zu halten, lebende Joghurtkulturen erleichtern die Verdauung von Laktose für Menschen mit Laktoseintoleranz.
Voraussetzung dafür: Es müssen mehr als 108 kolonienbildende lebende Startermikroorganismen pro Gramm enthalten sein. Für alle sonstigen gesundheitsbezogenen Behauptungen bei Produkten, die lebende Bakterien enthalten, gibt es nicht genug Nachweise für eine Freigabe der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit.
Nicht auf einzelne Lebensmittel versteifen
Grundsätzlich gilt, wenn man den Gesundheitsnutzen von einzelnen Lebensmitteln untersucht: "Es muss nicht nur ein einzelnes Lebensmittel betrachtet werden, sondern die gesamte Ernährung“, sagt Professor Bernhard Watzl, Leiter des Bundesinstituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung. Eine ausgewogene, vielfältige Ernährung wird immer einen größeren Effekt auf die Gesundheit haben als einzelne Lebensmittel, das trifft auch auf probiotische, fermentierte Lebensmittel zu.
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Und jetzt?
Fermentierte Lebensmittel sind trotzdem nützlich
Anders als der Superfood-Hype ist das Fermentieren auch kein kurzfristiger Ernährungstrend mit zweifelhaftem Nutzen. Diese Art der Konservierung ist Jahrtausende alt und hat nicht nur geholfen, Menschen das ganze Jahr über mit Nährstoffen zu versorgen, sondern auch zur Entstehung von kulinarischen Kulturgütern beigetragen: Frankreich ohne Rohmilch-Camembert, Korea ohne Kimchi, Italien ohne Salami – da würde was fehlen.
Autor: Johannes Kolb
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Warum sollen wir überhaupt auf vorgeschriebene, von Interessengruppen gemachte, Studien warten? Unsere Vorfahren haben das auch nicht. Und sie haben sich nachweislich natürlicher gesünder ernährt als die meisten heute. Altes Wissen hat sich über Generationen bewährt und muss nicht nachträglich zwangsweise von irgendeiner Lobby auf Bestätigung warten… Man muss sich… Weiterlesen »