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Landwirtschaft
Das erwartet unseren Apfelbaum in der Klimakrise
Wir können den Klimawandel in Deutschland bereits mit eigenen Augen sehen: Landesweit blühen die Apfelbäume immer früher – nicht ohne Folgen für die Landwirtschaft.
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Durch den Klimawandel blühen Apfelbäume früher
Mithilfe eines deutschlandweiten Beobachtungsnetzes zeichnet der Deutsche Wetterdienst seit über 60 Jahren die Phänologie verschiedener Früchte auf, die in Deutschland angebaut werden. Das Umweltbundesamt hat diese Daten für den Apfel ausgewertet – mit einem klaren Ergebnis: Unsere Apfelbäume blühen bereits jetzt deutlich früher. Denn der Frühling hat sich durch den Klimawandel nach vorne verschoben und damit auch die Blütezeit der Vegetation in Deutschland.
Früher Sommer, kurzer Winter – wie sich die Jahreszeiten verschieben
Konkret bedeutet das: Im Vergleich zu den 1970er-Jahren blühen die Apfelbäume bei uns im Durchschnitt rund zehn Tage früher: Statt damals noch Anfang Mai blühen sie nun bereits Ende April. Das gilt wohlgemerkt für den deutschlandweiten Durchschnitt. Schaut man in die unterschiedlichen Klimazonen Deutschlands, liegen hier noch regionale Unterschiede vor: So beginnt im gemäßigten Süden die Apfelblüte teils nun schon Mitte April, im kälteren Norden aber im Schnitt erst Anfang Mai. Doch auch innerhalb dieser regionalen Zeitfenster hat sich die Blüte jeweils um mehr als zwei Wochen nach vorne verschoben.
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Extremwetterereignisse bedrohen Apfelernte
Dabei gilt auch: Beginnen der Frühling und mit ihm die wärmeren Temperaturen früher, dann verschieben sich natürlich auch die letzten Spätfrosttage im Kalender nach vorne. Allerdings, so prognostiziert es ein Forschungsteam der Humboldt-Universität Berlin, ist dieser Effekt in weiten Teilen Deutschlands weniger ausgeprägt als die frühe Blüte. Anhand von Modellrechnungen, die verschiedene Klimaszenarien abdecken, zeigt die Studie: Sowohl im Norden als auch im Süden Deutschlands erhöht sich bei anhaltendem Klimawandel die Wahrscheinlichkeit für Frostschäden signifikant.
Besonders betroffen sind demnach die Apfelanbaugebiete am Bodensee und im Alten Land. In Mitteldeutschland hingegen ist keine eindeutige Tendenz erkennbar. "Die Wahrscheinlichkeit für Jahre mit Frostschäden ist in Norddeutschland in einer Zwei-Grad-Welt rund acht Prozent höher als unter der aktuellen Erderwärmung", sagt Studienautor und Klimaphysiker Peter Pfleiderer.
Ertragsverluste in Milliardenhöhe
Wie schwerwiegend die Auswirkungen solcher Frostereignisse für die Landwirt:innen sein können, zeigt das Jahr 2017: In der zweiten Aprilhälfte dieses Jahres drang nach einer sehr warmen Periode, die zu vorzeitigem Vegetationswachstum geführt hatte, eine kalte Luftmasse aus der Arktis in Mittel- und Westeuropa ein und verursachte großflächige Schäden in der natürlichen Vegetation sowie in Anbaugebieten. Durch die Ernteschäden entstand in Europa schätzungsweise ein gesamtwirtschaftlicher Schaden von 3,3 Milliarden Euro, betroffen waren vor allem Obstbauern und -bäuerinnen und Winzer:innen.
Durch Frostschäden fällt die Ernte nicht nur geringer aus, auch die Qualität der Früchte leidet: Schädigt der Frost nur einen Teil der Apfelblüte, kann es trotzdem zur Fruchtentwicklung kommen. Allerdings entwickeln diese Äpfel dann unter anderem auf der Schale bräunliche, leicht wulstige Frostringe. Das Problem: Obwohl die Frucht noch genießbar ist, werden Äpfel mit solchen optischen Mängeln meist in der Qualität herabgestuft und als Mostobst verarbeitet. Dies bedeutet tiefere Preise und daher auch wirtschaftliche Verluste für die Landwirt:innen.
Ein internationales Forschungsteam hat anhand von detailliert erfassten Daten von Schweizer Apfelplantagen gezeigt, dass durch Frost ausgelöste optische Mängel sogar noch stärker das Einkommen der Landwirt:innen gefährden können als die Ernteausfälle. Die Forschenden haben berechnet, dass Frostereignisse im Frühjahr zu Umsatzeinbußen von bis zu zwei Prozent pro ausgesetzter Froststunde während der Blüte führen. "Daraus folgt nicht zwingendermaßen, dass der Apfel zukünftig auch teurer für die Kund:innen wird", sagt Johann Bachinger vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Denn der Preis der Lebensmittel werde vor allem auch von Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt bestimmt.
Prognosen zeigen: Hagel wird häufiger
Extremwetterereignisse wie ein später Kälteeinbruch zur Blütezeit sind nicht die einzige Gefahr, die der Klimawandel für den Apfel bei uns mit sich bringt. Eine Forschungsgruppe am Karlsruher Institut für Technologie zeigt, dass auch die Hagelwahrscheinlichkeit in Deutschland je nach Klimaszenario in den nächsten 30 Jahren um zehn bis 40 Prozent zunimmt. Auch die Größe der Hagelkörner könnte sich den Modellrechnungen zufolge teils verdoppeln. Dabei kann schon ein einzelner Hagelschauer von wenigen Sekunden die gesamten Früchte einer Obstplantage so stark beschädigen, dass sie nur noch zu einem deutlich geringeren Preis verkauft werden können.
Ein weiteres Risiko, das durch den Klimawandel steigt, ist Sonnenbrand. Extreme Hitze kann auch die Schale des Apfels regelrecht verbrennen. Das wird anhand von leichten Bräunungen bis hin zur Sonnenbrand-Nekrose sichtbar, bei der die Zellen absterben und der Apfel dunkelbraune, faulige Stellen aufweist.
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Landwirt:innen können sich auf Klimaveränderungen vorbereiten
Um die Apfelblüte vor Spätfrösten zu schützen, können die Pflanzen beispielsweise beregnet werden. Bei niedrigen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt werden die Obstbäume in kurzen Abständen mit Wasser besprüht, das anschließend an den Pflanzen gefriert. Beim Gefrieren des Wassers wird Wärme frei und an die Blätter und Blüten oder auch an die bereits heranwachsenden Früchte abgegeben. Diese weisen so höhere Temperaturen als die Außenluft auf und sind vor dem Frost geschützt.
Netze, Tonerde und Beregnung kommen zum Einsatz
Mit Hagelschutznetzen, die über die Bäume gespannt werden, können die Früchte vor Hagel geschützt werden. Allerdings sind diese Netze eine relativ teure Investition für die Landwirt:innen. Auch wenn solche mechanischen Hilfsmittel zum Schutz der Ernte immer weiterentwickelt werden, sollten im Zuge des Klimawandels auch die mittlerweile üblichen Praktiken in der Landwirtschaft überdacht werden. Die deutliche Intensivierung der Apfelproduktion hat in den letzten Jahrzehnten zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Hagelschäden geführt, heißt es im Thünen-Report über agrarrelevante Extremwetterlagen und Möglichkeiten von Risikomanagementsystemen.
Um die Ernte zu erleichtern sowie für eine schönere Farbe der Äpfel werden die Bäume mittlerweile oft so geschnitten, dass sich der Großteil der Äpfel an der Peripherie der Bäume befindet und somit weniger vor Hagel und Sonnenbrand geschützt ist. Der natürliche Schutz durch Äste und Blätter wird also zugunsten höherer Erträge abgebaut.
Wie sich die deutsche Landwirtschaft verändert hat, erklären wir hier.
Schließlich beeinflusst auch die generelle Gesundheit der Bäume wie Trockenstress und Ernährungszustand, wie empfindlich die Äpfel gegenüber der Sonne sind. Ein guter Gesundheitszustand und damit eine gute Pflege der Bäume ist also eine sehr gute Präventionsmaßnahme gegen Sonnenbrand. An besonders sonnenintensiven Tagen können die Äpfel zum Schutz auch mit kühlendem Wasser bespritzt werden oder mit Kaolin, einem weißen Tonmaterial, das die Sonnenstrahlen reflektiert.
Neuseeland baut neue klimaresistente Apfelsorten an
In Zukunft könnten sich zudem unsere Apfelsorten ändern. In Neuseeland wird seit dem Frühjahr 2021 bereits eine neu gezüchtete Apfelsorte angebaut, die dem Klimawandel trotzen soll: "HOT84A1" ist ein rotschaliger, knackiger und saftig-süßer Apfel, dessen Qualität laut Züchtern auch bei extrem hohen Temperaturen nicht leidet. Die Sorte war erstmals erfolgreich in Südspanien getestet worden, wo die Temperaturen häufig mehr als 40 Grad erreichen. Der Apfel hat sich dabei auch als besonders resistent gegenüber Sonnenbrand erwiesen. Neben Neuseeland soll der klimaresistente Apfel zukünftig auch in Australien, Südafrika und Europa angebaut werden.
Wie sich Landwirt:innen darüber hinaus für den Klimawandel wappnen können, erklären wir hier.
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