Artikel Kopfzeile:
Quarks Daily Spezial
Drogen – wie ich besser damit umgehen kann
Entspannen, Bewusstsein erweitern, geselliger sein – Drogen haben gute und schlechte Seiten. Verantwortungsvoller Konsum geht nur mit dem richtigen Wissen.
iframe embed
Artikel Abschnitt:
Was sind Drogen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Drogen so: Eine Droge ist jeder Wirkstoff, der in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag und kein Nahrungsmittel ist. Doch auch Medikamente, wie zum Beispiel Schmerzmittel, können manchmal einen Rausch auslösen. Am Ende kommt es auf die Nutzung an: Wenn man ein Mittel kontrolliert für eine Behandlung – zum Beispiel von Schmerzen – einnimmt, dann ist es ein Medikament. Wenn man das Mittel einfach so konsumiert, ist es eine Droge. Eine Abhängigkeit kann bei beidem entstehen.
Volksdroge Alkohol
Was Drogen angeht, gibt es in Deutschland eine Zweiklassengesellschaft: Da sind einmal die legalen Drogen – Alkohol und Tabak. Die kann man überall kaufen, sie werden beworben, gelten oft sogar als "Kulturgut“ (Stichwort: Oktoberfest, Weinköniginnen et cetera). Und so wundert es nicht, dass Deutschland im weltweiten Vergleich der WHO einen Spitzenplatz belegt, was den Alkoholkonsum angeht: 12,8 Liter reinen Alkohol pro Kopf trinken wir Deutschen durchschnittlich im Jahr.
Tabak
Auch beim Tabak ist Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern immer noch an der Spitze. Bei den Erwachsenen raucht jede:r dritte. Stark zurückgegangen ist der Zigarettenkonsum dagegen bei den Jugendlichen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat in ihrer letzten Studie für das Jahr 2021 festgestellt: Vier von fünf Jugendlichen zwischen zwölf und 17 haben noch nie geraucht, nur sechs Prozent gaben an zu rauchen. Im Jahr 2001 waren das noch fast 30 Prozent.
Illegale Drogen
Alle anderen Drogen sind in Deutschland verboten und damit illegal. Trotzdem gibt es sie natürlich und sie werden auch konsumiert. Wie viele Menschen illegale Drogen konsumieren, lässt sich nur schlecht messen. Am ehesten noch über das Abwasser, das sich im Prinzip wie eine riesige Urinprobe untersuchen lässt. Darüber kann man einen Eindruck gewinnen, wie viel von einer Droge zum Beispiel innerhalb einer Stadt konsumiert wird. Diese Analysen gibt es aber nur in bestimmten Städten und auch nicht für jeden Tag im Jahr.
Drogentote
Zählen kann man nur die Menschen, die jedes Jahr an Drogen sterben. In Deutschland sterben jährlich durchschnittlich mehr als 1300 Menschen an den Folgen illegaler Drogen. An den Folgen des Konsums von legalen Drogen wie Alkohol und Tabak sterben sogar mehr als 200.000 Menschen pro Jahr.
Illegal vs. legale Drogen
Vor gut zehn Jahren hat sich ein englischer Suchtforscher, David Nutt, die Frage gestellt: Sind die illegalen Drogen eigentlich wirklich gefährlicher als die legalen? Er kam nach der Zusammenstellung aller Daten zu dem Ergebnis: Die meistverbreiteten Drogen in Europa und den USA sind Alkohol und Tabak – und die sind nicht harmloser oder weniger gesundheitsschädlich als Cannabis oder LSD. Unsere Trennung in legale und illegale Drogen sagt im Endeffekt also nichts über deren wahres Gefahrenpotenzial aus. Darum sind die deutschen Drogengesetze aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar.
Weitere Angaben zum Artikel:
Du willst täglich mehr wissen?
Artikel Abschnitt:
Wie "gefährlich“ sind Drogen?
Jede Droge hat ihr Risiko, je nachdem wie sie wirkt und wie schnell sie abhängig macht.
Außerdem hängt es auch von der Menge ab, die man konsumiert. Und von den Konsument:innen selbst: Ist er oder sie zum Beispiel schon erwachsen, das Hirn ausgewachsen? Ist er oder sie gesundheitlich vorbelastet? Wird eine Droge alleine konsumiert oder zusammen mit einer anderen (zum Beispiel Alkohol)?
Um das Risiko einer einzelnen Droge zu bewerten, kann man sich zum Beispiel die “Margin of Exposure” anschauen. Das ist ein Wert, der den Abstand zwischen der typischen Dosis einer Droge und der niedrigsten anzunehmenden tödlichen Dosis angibt.
Die Uni Dresden hat die „Margin of Exposure“ für verschiedene Drogen ausgewertet und gerankt: Wie groß ist der Schritt zwischen der üblichen Dosis einer Droge zur tödlichen Dosis? Je kleiner dieser Schritt ist, desto schneller kommt man von der “üblichen” zur “tödlichen” Dosis.
Bei Alkohol ist diese “Margin of Exposure“ am kleinsten. Es folgen Heroin, Kokain und Nikotin. Die geringste Gefahr hat THC – also Cannabis. Eine THC-Überdosis ist so gut wie unmöglich. Aber Cannabis kann eine Psychose auslösen.
Dafür zeigen andererseits Studien, dass THC durchaus langfristige Schäden im Gehirn bewirken kann, wenn es noch nicht ausgewachsen ist – also bei Jugendlichen. Und auch so ist klar: Es gibt immer noch sehr viele Menschen, die an den Folgen von Drogenkonsum – legal oder illegal – sterben.
Was passiert beim Drogenkonsum im Gehirn?
Alle Drogen – ob nun legal oder illegal – haben eine Sache gemeinsam: Sie beeinflussen die Arbeitsweise unseres Gehirns und damit unseren Bewusstseinszustand. Sie versetzten uns in den berühmten "Rausch“.
Das geschieht so: Unser Gehirn besteht aus zig Millionen Nervenzellen, auch Neuronen genannt. Über viele, viele Verknüpfungspunkte, die sogenannten Synapsen, kommunizieren die Nervenzellen miteinander: Sie geben dabei elektrische Impulse an die nächsten Nervenzelle weiter. Da sich die Synapsen nicht berühren, benutzen sie kleine Moleküle, sogenannte Botenstoffe, um ihre Informationen an die nächste Nervenzelle weiterzugeben.
Wenn jetzt Drogen ins Spiel kommen, gelangen die über den Blutkreislauf ins Gehirn und sorgen dafür, dass viel, viel mehr Botenstoffe ausgeschüttet werden. Oder andere als sonst.
Und so werden dann bestimmte Bereiche in unserem Gehirn überaktiviert – es kommt dort viel zu viel Strom an.
Beispiel Kokain
Kokain sorgt dafür, dass an den Synapsen auch ohne elektrisches Ausgangssignal Botenstoffe ausgeschüttet werden. Ganz ohne Auslöser fängt die Synapse an, Botenstoffe auszuschütten und löst so bei der "Empfängerzelle“ einen elektrischen Reiz aus. Normalerweise würden die Botenstoffe jetzt zur Ursprungszelle zurückkehren und dort wieder andocken. Durch das Kokain ist die Ursprungszelle aber blockiert. Also docken die Botenstoffe erneut an der Empfängerzelle an. Und löst wieder einen elektrischen Reiz aus.
Das Gehirn steht so nach dem Konsum von Kokain komplett unter Strom und läuft zu Hochtouren auf. Die Wirkung: Die Konsument:innen fühlen sich unschlagbar, man ist wach, euphorisch, hat ein Wahnsinnsselbstwertgefühl. Bis das Kokain eben vom Blutstrom abtransportiert ist und der Kater einsetzt.
Das Abhängigkeitspotenzial
Drogen können abhängig machen. Dabei muss man unterscheiden zwischen körperlicher und psychischer Abhängigkeit. Bei körperlicher Abhängigkeit kommt es zu körperlichen Entzugserscheinungen, zum Beispiel Zittern, Schwitzen, Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Kreislaufkollaps.
Bei einer psychischen Abhängigkeit hat der/die Konsument:in das Gefühl, nicht mehr ohne die Droge zu können. Das Verlangen zu konsumieren, wird immer größer. Oft brauchen Abhängigen auch immer mehr Stoff, um den Effekt erneut zu erzielen.
Da alle Drogen im Gehirn auf unser Belohnungssystem wirken, kommt es bei einer Abhängigkeit immer zu einer Verschiebung von "finde ich angenehm“ zu "ich brauche das“. Das Risiko dafür hat aber auch immer mit individuellen Faktoren zu tun.
Verantwortungsvoller Konsum
Jede:r sollte sich im besten Fall vor dem Konsum damit auseinandersetzen, welche Wirkung, Nebenwirkungen und Nachwirkungen die jeweilige Substanz haben kann. Und zwar nicht aus dem Mund von Freund:innen, sondern anhand gesicherter Fakten.
Dabei sollte man sich auch über Streckmittel oder Mischkonsum informieren, denn gerade bei illegalen Drogen werden oft andere Substanzen hinzugefügt, die oft viel gefährlicher sind als die reine Substanz. Manchmal wird die reine Substanz sogar zur Therapie einer Suchterkrankung eingesetzt.
Auch über legale Drogen sollte man sich informieren, denn Alkohol und Nikotin sind keinesfalls harmlos, nur weil es sie frei zu kaufen gibt.
Ist man doch in eine Abhängigkeit geraten, können die Suchtberatungen helfen. Auch sie beraten vor, während oder nach dem Konsum. Denn ein starker Wille allein hat noch nie gereicht, um aus einer Abhängigkeit wieder herauszukommen.
Autorin: Julia Trahms
Host: Sebastian Sonntag
Redakteur: Peter Ehmer
Quellenangaben zum Artikel:
Social Sharing:
Artikel Überschrift: