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Fragen und Antworten zu Covid-19
Wie gefährlich ist das Coronavirus?
Wie hoch ist die Sterblichkeit? Welche Spätfolgen gibt es und wen treffen sie?
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Inhalt
- Ist das Coronavirus gefährlicher als die Grippe?
- Stirbt man wirklich an Corona?
- Können auch junge Menschen am Virus sterben?
- Wer zählt zur Risikogruppe?
- Wie kommt es bei Covid-19 zur Lungenentzündung?
- Welche Langzeitfolgen kann das Virus anrichten?
- Ist die künstliche Beatmung im Krankenhaus gefährlich?
- Besteht eine erhöhte Gefahr von Herzinfarkt, Schlaganfall und Lungenembolie?
- Wird der Sommer entspannter?
- Ist das Coronavirus gefährlicher als die Grippe?
- Stirbt man wirklich an Corona?
- Können auch junge Menschen am Virus sterben?
- Wer zählt zur Risikogruppe?
- Wie kommt es bei Covid-19 zur Lungenentzündung?
- Welche Langzeitfolgen kann das Virus anrichten?
- Ist die künstliche Beatmung im Krankenhaus gefährlich?
- Besteht eine erhöhte Gefahr von Herzinfarkt, Schlaganfall und Lungenembolie?
- Wird der Sommer entspannter?
Artikel Abschnitt: Ist das Coronavirus gefährlicher als die Grippe?
Ist das Coronavirus gefährlicher als die Grippe?
Für Europa zeigte sich in den allermeisten Ländern eine stark erhöhte Übersterblichkeit. Das bedeutet: im Vergleich zu den üblichen Grippesaisons sind in den vergangenen Monaten der Pandemie überdurchschnittlich viele Menschen gestorben. Dies deutet womöglich auf den maßgeblichen Einfluss von SARS-CoV-2 hin.
Für die saisonale Influenza nennen Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Letalität von weniger als 0,1 Prozent. Das heißt, von 1000 Infizierten stirbt einer an der Infektion. Für Corona bleiben die Zahlen vorerst nur vorläufig, denn so lange die Pandemie dauert, werden sich die Zahlen verändern.
Warum wir bei Corona so ein Problem mit der Datenlage haben, erfahrt ihr hier…
Aktuelle Meta-Untersuchungen ordnen die Infektionssterblichkeit (engl.: Infection Fatality Rate oder IFR) zwischen 0,23 Prozent in Niedrigeinkommen-Ländern mit jüngerer Bevölkerung und 1,15 Prozent bei Industrienationen mit älterer und kränklicher Bevölkerung ein.
Doch innerhalb der Bevölkerung gibt es dabei erhebliche Unterschiede, die ein ganz anderes Risiko bedeuten. Müssen Infizierte nicht ins Krankenhaus, liegt die Rate laut einer US-Studie bei 0,26 über alle Altersstufen hinweg, bei Menschen unter 40 Jahren jedoch bei nur 0,01 Prozent, bei Menschen Älter 60 bereits bei 1,71 Prozent.
Wichtige Einschätzungen zum Risiko von Covid-19 sind folgende:
- Die Patienten müssen häufiger künstlich beatmet werden als Grippepatienten: beim Coronavirus sind es 22 Prozent, bei der Grippe 14 Prozent
- Die Patienten müssen länger künstlich beatmet werden als Grippepatienten: Covid-Patienten brauchten zehn Tage, Grippe-Patienten im Schnitt nur vier
- Es sterben mehr Krankenhauspatienten: das Risiko liegt bei SARS-CoV-2 doppelt so hoch, im Fall einer Beatmung verstirbt etwa die Hälfte.
Die Gefahr bei SARS-CoV-2 geht davon aus, dass bei neuartigen Viren kaum bis keine Grundimmunität in der Bevölkerung vorliegt. So kann sich das Virus schneller ausbreiten. Laut Angaben der WHO infizieren sich jährlich etwa 15 Prozent der Weltbevölkerung mit einem der umlaufenden Influenzastämme und erhalten dadurch teilweise Immunität. Hinzu kommen geimpfte Personen. Sie alle geben das Virus dann nicht weiter und in ihrem Fall stoppen diese Menschen die Ausbreitung.
Immerhin: Die Zahl der Patienten, die nach dem ersten starken Infektionsanstieg verstorben sind, ist auch in Relation zu den hospitalisierten Patienten kleiner geworden. Das zeigt eine Studie aus England. Möglicherweise haben die Erfahrungen der Ärzte und neue Behandlungsoptionen dazu beigetragen, die Menschen mit schweren Verläufen besser zu versorgen.
Bislang gibt es mit Dexamethason nur ein einziges Medikament, das nachweislich das Sterberisiko von hospitalisierten Covid-19-Patienten senkt.
Die Bedingungen sind für Grippe und SARS-CoV-2 unterschiedlich
Für das neuartige Coronavirus gibt es anders als bei der Grippe prinzipiell keine Grundimmunität in der Bevölkerung – mittlerweile waren etwa 3 Prozent der Deutschen infiziert. (Stand: Anfang März 2021) Wie lange Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, im Nachhinein eine Immunität besitzen, ist noch nicht abschließend geklärt. Aktuell geht man von etwa mindestens sechs Monaten aus. Die Impfkampagne läuft nur schleppend an. Nur ein winziger Teil der Bevölkerung ist durch eine Impfung geschützt.
Ob wir nach einer Infektion immun sind und wie lange, das erklären wir hier.
Wie sicher die Impfstoffe gegen Corona sind, erfahrt ihr hier.
Neben dem noch nicht flächendeckenden Impfschutz besteht die größere Gefahr und das höhere Sterblichkeitsrisiko auch darin, dass noch kaum erprobte Therapien und Medikamente zur Verfügung stehen.
Auch die Langzeitschäden sind nicht ausreichend erforscht. Es gibt vermehrt Hinweise, dass auch Menschen mit milden Symptomen langfristig eingeschränkt sind oder Folgeerscheinungen zeigen, darunter Nervenstörungen oder das vermutete Auftreten virusinduzierter Diabetes.
Ebenso hat sich in den vergangenen Monaten immer mehr gezeigt, dass SARS-CoV-2 nicht nur die Atemwege, sondern auch andere Organe befällt und Patienten mit zahlreichen Spätfolgen überall im Körper zu kämpfen haben.
Artikel Abschnitt: Stirbt man wirklich an Corona?
Stirbt man wirklich an Corona?
Fakt ist: Beides findet statt. Einige Menschen sind bereits sterbenskrank, das Immunsystem ist geschwächt und sie wären mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch ohne eine Infektion mit dem Coronavirus verstorben. Die Frage ist, wie hoch dieser Anteil ist.
Die Deutschen Gesellschaft für Pathologie hat Untersuchungen an 154 Verstorbenen durchgeführt, die zuvor an Covid-19 erkrankt waren. Sie zeigt:
- 86 Prozent der Todesfälle sind wesentlich oder alleinig auf die direkten Folgen der Infektion zurückzuführen
- Häufigste Ursache waren Schäden am Lungengewebe (37 Prozent) auch mit zusätzlichen Folgen für die Bronchien (15 Prozent)
- Wichtige Organbefunde waren ebenfalls Mikrothromben (20 Prozent) und Thrombosen (19%)
- Häufigste Vorerkrankungen waren kardiovaskuläre Probleme (43 Prozent) sowie bestehende Lungenerkrankungen (16 Prozent)
Die Schäden durch Covid-19 führen demnach zu Erscheinungen, die tödlich sind. So können die Menschen dann etwa an Infarkten sterben, die durch die Infektion ausgelöst wurden und nicht durch die Vorerkrankung. Warum etwa Thrombosen und Thromben gefährlich sind, das erklären wir weiter unten genauer.
Zuvor hieß es oftmals, dass die Covid-Toten lediglich den Personenanteil ausmachen würden, die "sowieso“ bald verstorben sein würden. Dem widerspricht die Analyse der pathologischen Gesellschaft. Sie sprechen im Schnitt von einer verlorenen Lebenszeit von zehn Jahren.
Für noch genauere und aussagekräftigere Werte müssen diese Obduktionen jedoch systematisch erhoben werden.
Wie viele Menschen in Deutschland an Corona gestorben sind, erfährst du hier.
Artikel Abschnitt: Können auch junge Menschen am Virus sterben?
Können auch junge Menschen am Virus sterben?
Eine umfangreiche Auswertung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) errechnete bei mehr als 10.000 hospitalisierten Patienten ein Durchschnittsalter von 72 Jahren.
Menschen allen Alters mit Vorerkrankungen sind gefährdet
Der sogenannte Fall-Verstorbenen-Anteil bei Personen jünger als 50 Jahre liegt bei unter einem Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Covid-19 bei jungen Menschen einen schwerwiegenden Verlauf nimmt, ist daher sehr gering. In Deutschland gibt es bislang sechs gemeldete Todesfälle bei Menschen jünger als 20 Jahre, von denen drei bestätigt sind. Zwei der Fälle litten an Vorerkrankungen.
Bestimmte Vorerkrankungen können also auch bei jungen, scheinbar gesunden Menschen zu einem tödlichen Verlauf führen.
Artikel Abschnitt: Wer zählt zur Risikogruppe?
Wer zählt zur Risikogruppe?
Auch wenn alle Zahlen zur Sterblichkeit, die aktuell kursieren, mit Vorsicht zu betrachten sind: Eine erste Auswertung der chinesischen Gesundheitsbehörden deutet darauf hin, dass sich das Risiko, an dem Coronavirus zu sterben, deutlich unterscheidet – je nach Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen. Für die Analyse wurden Daten von 44.000 nachgewiesenen Corona-Infizierten aus China ausgewertet.
Untersuchungen aus Deutschland bestätigen diese Grundaussagen. Viele Verstorbene wiesen eine oder mehrere Vorerkrankungen auf, mehr als die Hälfte litt an Bluthochdruck, mehr als ein Fünftel an Diabetes oder Herzrhythmusstörungen.
Männer und Frauen waren zwar gleich häufig betroffen, allerdings musste fast jeder vierte, männliche Patient künstlich beatmet werden und damit doppelt so häufig wie Frauen. Insgesamt ist der Anteil der Männer an den verstorbenen Patienten ebenfalls höher.
Die Risikogruppen bei Covid-19
- ältere Personen (ab 50 Jahre)
Sowie unabhängig vom Alter
- Raucher
- Vorerkrankung des Herzens (zum Beispiel koronare Herzerkrankung)
- Vorerkrankung der Lunge (zum Beispiel Asthma, chronische Bronchitis)
- chronische Lebererkrankung
- Diabetes mellitus (wegen Begleiterkrankungen)
- Krebserkrankung
- unterdrücktes oder schwaches Immunsystem (Menschen mit Einnahme immunschwächender Medikamente wie Cortison, HIV-Patienten ohne Therapie)
- Menschen, die beruflich oder ehrenamtlich in Kontakt mit Infizierten stehen
Wie sehr die einzelnen Vorerkrankungen das Sterberisiko erhöhen, lässt sich nicht sagen.
Sind Allergiker besonders gefährdet?
In der Regel nicht. Menschen mit Allergien wie Heuschnupfen haben laut Lungenärztinnen und Lungenärzten des Verbands Pneumologischer Kliniken kein erhöhtes Risiko, sich mit dem Virus anzustecken. Wichtig sei, die passende Therapie fortzusetzen, um symptomfrei zu bleiben. Bei Beschwerden sollten Betroffene telefonisch Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten.
Vorsicht gilt, wenn die Allergie grundsätzlich auch die Lungen belastet. Einige Wissenschaftler unterscheiden daher bei allergischem Asthma, bei dem ein ernsthafter Krankheitsverlauf wahrscheinlicher sein könnte. Wirklich gesicherte Daten dazu gibt es bislang nicht.
Sind Schwangere und Kinder besonders gefährdet?
Schwangere haben womöglich ein höheres Risiko, einen schweren Verlauf zu entwickeln, wenn sie mit ähnlichen Viren infiziert sind, die Auswirkungen auf die Atemwege haben – dazu zählt auch die jährliche Grippe. Schwangere zeigen jedoch gleichzeitig seltener Symptome als andere Gruppen, wenn sie infiziert sind. Insgesamt ist die Datenlage jedoch nicht sehr aussagekräftig.
Schwangere Covid-19-Patientinnen zeigen vermutlich häufiger frühere Geburtswehen.
Einzelberichte über positiv getestete Neugeborene zeigen noch kein eindeutiges Bild. Grundsätzlich könnte ein Neugeborenes über den engen Kontakt oder eine Tröpfcheninfektion infiziert werden, bisher wurden jedoch kein SARS-CoV-2 in der Muttermilch nachgewiesen.
Ebenso zeigen Kinder kein erhöhtes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf. Sie entwickeln trotz Infektion nur selten Symptome. Sie können das Virus trotzdem weiterverbreiten.
Artikel Abschnitt: Wie kommt es bei Covid-19 zur Lungenentzündung?
Wie kommt es bei Covid-19 zur Lungenentzündung?
Der ACE2-Rezeptor sitzt auf bestimmten Zellen auf unserer Nasenschleimhaut und im Rachenraum. Hier nistet sich das Virus nach den derzeitigen Erkenntnissen in der Regel zuerst ein. Es vermehrt sich in diesen Zellen und zerstört sie schließlich. Die neu freigesetzten Viren infizieren weitere Zellen.
Wie es von da an weitergeht, unterscheidet sich von Patient zu Patient. Viele Patienten haben zum Glück nur einen leichten Verlauf, der oft einem Schnupfen ähnelt. Bei manchen wandert die Infektion aber weiter in die tieferen Atemwege. Denn auch bestimmte Zellen in unseren Bronchien und Lungenbläschen haben diese Kombination aus ACE2-Rezeptor und weiteren Proteinen, über die das Virus in sie eindringen kann. Diese Zellen können also als Nächstes infiziert und zerstört werden.
Die Lunge droht zu versagen
Bei schweren Verläufen der Krankheit werden immer mehr Zellen in den Bronchien zerstört. Gleichzeitig versucht unser Körper, die Viren zu bekämpfen, indem er eine Entzündungsreaktion startet. Die Blutgefäße der Bronchien lassen dabei körpereigene Abwehrzellen und Blutplasma durch ihre Gefäßwände austreten. So sollen die Viren bekämpft und weggeschwemmt werden.
Die Entzündung reizt auch die Nerven in der Bronchienwand, daher kommt der charakteristische Husten. Wenn die Erkrankung weiter fortschreitet, wandert das Virus immer tiefer in die Lunge und infiziert die Zellen in den feinen Lungenbläschen. Diese entzünden sich jetzt auch. Sie füllen sich dabei mit Blutplasma und Eiter.
Dem Körper fehlt Sauerstoff
Die Sauerstoffaufnahme über die Lungenbläschen funktioniert nicht mehr. Je mehr Lungenbläschen außer Gefecht gesetzt werden, desto stärker wird die Atemnot des Patienten.
Außerdem zerstört die massive Reaktion des Immunsystems weiteres Lungengewebe. Schließlich muss der Patient Sauerstoff über die Nase bekommen oder sogar künstlich beatmet werden. Die Entzündung kann in einem sogenannten "Zytokinsturm“ außer Kontrolle geraten. Dabei werden Botenstoffe freigesetzt, die sogenannten Zytokine, die Immunzellen aktivieren, die wiederum noch mehr Zytokine freisetzen. Mit diesem Teufelskreis verstärkt sich die Entzündung und kann auf den gesamten Körper übergreifen und lebensbedrohlich werden.
Die Medizinerinnen und Mediziner stehen bei der Behandlung von Covid-19-Patienten vor einem schwierigen Balanceakt: Sie versuchen, die Entzündungsreaktion so weit zu bremsen, dass ein Zytokinsturm vermieden wird, ohne diese Verteidigungsreaktion des Körpers zu stark zu reduzieren. Denn dann könnte das Virus wieder die Oberhand gewinnen. So lange es kein Medikament gibt, das direkt gegen das Coronavirus wirkt, können die Ärzte dem Körper nur helfen, die Folgen der Infektion zu bewältigen. In der Hoffnung, dass er sich am Ende doch gegen die Erkrankung durchsetzen kann.
Artikel Abschnitt: Welche Langzeitfolgen kann das Virus anrichten?
Welche Langzeitfolgen kann das Virus anrichten?
Ebenso schätzt dieie Gesundheitsbehörde in England, fast die Hälfte der hospitalisierten Patienten müsste auch nach der Entlassung längerfristig betreut werden, etwa durch Reha-Maßnahmen.
Ein schwerer Verlauf erhöht zwar das Risiko, längerfristig Schäden davonzutragen. Milde Verläufe oder jüngere Menschen sind dabei aber keineswegs ausgenommen.
Im Gegensatz zu anderen, saisonalen Coronaviren führt eine Infektion mit SARS-CoV-2 auch zu Schädigungen des Herzkreislaufsystems. Darüber hinaus sind langfristige, eventuell auch chronische Störungen an Niere, Leber oder Bauchspeicheldrüse möglich.
Noch gibt das sogenannte "Long Covid“ den Ärzten und Wissenschaftlern aber Rätsel auf.
Wie häufig Langzeitfolgen bei einer Corona-Infektion sind, erklären wir hier.
Warum wir das Chronische Fatigue-Syndrom ernst nehmen sollten, erklären wir hier.
Artikel Abschnitt: Ist die künstliche Beatmung im Krankenhaus gefährlich?
Ist die künstliche Beatmung im Krankenhaus gefährlich?
Wenn das die Atemnot nicht lindert, muss künstlich beatmet werden. Der Patient wird dafür in ein künstliches Koma versetzt. Dann wird ein Schlauch in die Luftröhre eingeführt, die sogenannte Intubation. Anders als beim natürlichen Atmen strömt die Luft jetzt aber nicht mehr durch den Unterdruck in die Lunge, der bei der Ausdehnung des Brustkorbes entsteht, sondern wird von der Beatmungsmaschine in die Lunge gedrückt.
Lungengewebe ist empfindlich
Aber die Lunge reagiert auf Überdruck empfindlich und auch auf den Sauerstoff, der der Beatmungsluft zugesetzt wird. Das empfindliche Lungengewebe kann dadurch irreparabel geschädigt werden.
Weitere Folgen einer künstlichen Beatmung können Schäden an Organen wie Herz, Niere, Magen oder Leber sein und auch neurologische Schäden. Mit dem Beatmungsschlauch können zudem Bakterien zum Lungengewebe gelangen und dort eine Co-Infektion auslösen. Treten mehrere Infektionen gleichzeitig auf, hat es das Immunsystem umso schwerer, das Sterberisiko steigt an.
Und je länger der Patient bewegungslos im künstlichen Koma ist, umso mehr schrumpft seine Muskelmasse. Das betrifft nicht nur die Muskeln von Armen und Beinen, sondern auch die Muskeln, die man zum Atmen braucht. Die verlorene Muskelmasse und Beweglichkeit muss nach dem Krankenhausaufenthalt durch Physiotherapie mühsam wieder aufgebaut werden. Älteren Menschen gelingt das oft nicht mehr vollständig und sie werden nie wieder richtig fit.
Anders als bekannte Lungenentzündungen: Die Ärzte lernen noch dazu
Bei der Behandlung von Atemnot durch Covid-19 greifen die Mediziner auf ihre bisherigen Erfahrungen zurück. Aber die neuartige Erkrankung scheint sich in manchen Punkten von klassischen Lungenentzündungen zu unterscheiden. Anders als bei der klassischen Grippe oder sonstigen Lungenentzündungen fühlen viele Patienten noch keine ausgeprägte Atemnot. Sie ringen nicht um Luft und können noch reden, haben aber schon gefährlich niedrige Sauerstoffwerte im Blut. Im Englischen spricht man von der "happy hypoxia“ oder "silent hypoxia“, dem "glücklichen“ oder "stillen“ Sauerstoffmangel. Und das ist durchaus gefährlich, da viele Patienten wegen der verzögert einsetzenden Atemnot zu spät ins Krankenhaus kommen.
Lungenbläschen funktionieren noch, aber die feinen Blutgefäße sind beschädigt
Die Mediziner erklären sich das Phänomen folgendermaßen: Unser Körper verspürt Atemnot, wenn das CO2-Level im Blut zu hoch ist. Bei Covid-19 infiziert das Virus zwar Zellen in den Lungenbläschen. Die ersten Schäden richtet es aber nach aktuellen Untersuchungen in den feinen Blutgefäßen der Lungen an, deren Zellen das Virus vermutlich auch angreift.
Die Konsequenz: Die Lungenbläschen funktionieren noch, CO2 kann über sie abgeatmet werden. Der Patient verspürt keine Atemnot. Da aber die feinen Blutgefäße geschädigt sind, die normalerweise den Sauerstoff aufnehmen, gelangt zu wenig Sauerstoff in den Körper.
Welche Konsequenz hat das für die Behandlung von Covid-19-Patienten? Es könnte sein, dass man länger als bei einer klassischen Lungenentzündung warten kann, bevor man künstlich beatmet. Da die Lungenbläschen erst später geschädigt werden, könnten die Ärzte länger versuchen, zum Beispiel die Atemluft mit Sauerstoff anzureichern, um dem Körper ausreichend Sauerstoff zuzuführen.
Wie viele Corona-Patienten derzeit auf Intensivstationen beatmet werden, erfährst du hier.
Artikel Abschnitt: Besteht eine erhöhte Gefahr von Herzinfarkt, Schlaganfall und Lungenembolie?
Besteht eine erhöhte Gefahr von Herzinfarkt, Schlaganfall und Lungenembolie?
Mehrere Studien konnten zeigen, dass Covid-19-Patienten zum Teil dramatisch geringere Überlebenswahrscheinlichkeiten hatten, etwa wenn sie reanimiert werden sollten. Keiner der im Beobachtungszeitraum untersuchten Patienten hatte überlebt. Allerdings wurden nur etwas mehr als 50 Fälle berücksichtigt. Die Daten decken sich aber mit Ergebnissen aus anderen Studien.
Die Blutgerinnung könnte bei Covid-19 Patienten aus mehreren Gründen gestört sein:
- Der Körper kann als Antwort auf die Infektion durch das Coronavirus mit einer massiven Entzündung reagieren. Auch von anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe weiß man, dass das die Blutgerinnung durcheinander bringen und zu Thrombosen führen kann.
- Auch Sauerstoffmangel ist ein Risikofaktor für Thrombosen. Covid-19-Patienten mit schweren Verläufen haben oft eine Lungenentzündung und dadurch meist auch zu wenig Sauerstoff im Blut. Der Sauerstoffmangel erhöht die Neigung, gefährliche Blutgerinnsel zu bilden.
- Der ACE2-Rezeptor, über den das Virus in Zellen eindringt, befindet sich auch auf Zellen der Blutgefäße. Sie könnten also direkt vom Virus angegriffen werden, was wiederum die Gerinnungsneigung des Blutes erhöht.
Auch Herzinfarkte und Schlaganfälle können durch Blutgerinnsel ausgelöst werden. Bei Covid-19 scheinen viele Patienten davon betroffen zu sein, auch wenn die Datenlage insgesamt noch sehr unsicher ist. Es wird sogar vermutet, dass das Coronavirus das Herz direkt angreift und schädigt. Denn der ACE2-Rezeptor, an den das neue Coronavirus andockt, sitzt auch auf Herzmuskelzellen.
Wie vieles andere bei Covid-19 ist noch nicht bewiesen, dass das Coronavirus das Herz-Kreislauf-System direkt angreift. Mediziner vermuten aber, dass es sich über die Blutgefäße in den ganzen Körper ausbreiten könnte.
Artikel Abschnitt: Wird der Sommer entspannter?
Wird der Sommer entspannter?
Grob gesehen gibt es dafür drei Gründe:
- Umweltfaktoren, die die Stabilität des Virus und der Aerosole beeinflussen
- Umweltfaktoren, die unsere menschlichen Abwehrkräfte beeinflussen
- Unser menschliches Verhalten selbst
Einfluss des Wetters auf das Virus
Einige Erreger von Atemwegserkrankungen sind bei niedrigeren Temperaturen stabiler und breiten sich dort leichter aus als bei höheren Temperaturen. Auch das Sars-CoV-2 Virus scheint da keine Ausnahme zu sein, wie erste Erkenntnisse aus Studien unter kontrollierten Umgebungen im Labor vermuten lassen.
Ein weiterer Faktor: Sonnenlicht bzw. UV-Strahlung. Studien legen nahe, dass Sonnenlicht helfen kann, das SARS-CoV-2 Virus zu inaktivieren. Das scheint insofern plausibel zu sein, da das Corona-Virus ein behülltes RNA-Virus ist. Die Stabilität anderer, ähnlich aufgebauter Viren scheint ebenfalls stark von Umweltfaktoren abzuhängen.
Eine Studie konnte einen Zusammenhang zwischen UV-Licht und der Infektionsgeschwindigkeit von COVID-19 finden. Das Ergebnis: Je mehr UV-Licht da war, desto langsamer hat sich die Virus-Infektion ausgebreitet. Die Forschenden haben daher – allerdings mit sehr großer Vorsicht – vorhergesagt, dass die Infektionszahlen im Sommer langsamer steigen könnten als bei gleichen Bedingungen im Winter.
Auch unser Körper reagiert auf die Umwelt
Nicht nur das Virus und die Aerosole werden von der Umwelt beeinflusst – auch der Mensch und seine Abwehrmechanismen. Die sogenannte Mukoziliäre Clearance, also die Fähigkeit unserer Bronchien sich zu reinigen, scheint bei niedrigen Temperaturen schlechter zu funktionieren. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass unser Immunsystem bei niedrigen Temperaturen etwas schlechter funktioniert. All das macht uns natürlich – unabhängig vom Virus – in den kalten Jahreszeiten anfälliger für Infektionen jeglicher Art.
Unser Verhalten ändert sich im Jahresverlauf
Abhängig von der Jahreszeit ändern wir unser Verhalten. Während wir im Sommer gerne draußen sind, hocken wir im Winter lieber im Warmen. Man geht davon aus, dass die Kontaktdauer im Winter zunimmt.
Womit wir schnell wieder bei den AHA+L-Regeln landen: Je länger ein Aufenthalt in geschlossenen Räumen andauert, desto wahrscheinlicher wird eine Infektion. Das heißt, hier korreliert das Infektionsrisiko sozusagen indirekt über die zunehmende Kontaktdauer mit dem Wetter draußen.
Und jetzt?
All das sind Hinweise dafür, dass wir im Sommer auf eine bessere Situation hoffen können. Abschließend klären lässt sich das aber nicht – vor allem nicht wegen der neuen Mutationen und deren unbekannten Infektionsgeschwindigkeiten. Klar ist aber: Ganz verzichten können wir auf die Maßnahmen im Sommer auf gar keinen Fall.
Autoren: Ingo Knopf, Mathias Tertilt, Andreas Schneider
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Sterbewahrscheinlichkeit 1,15% Krankenhauswahrscheinlichkeit 0,26% Sterben die Leute alle Zuhause in Industrienationen? Das bezweifele ich. Widerspruch bitte lösen. „Aktuelle Meta-Untersuchungen ordnen die Infektionssterblichkeit (engl.: Infection Fatality Rate oder IFR) zwischen 0,23 Prozent in Niedrigeinkommen-Ländern mit jüngerer Bevölkerung und 1,15 Prozent bei Industrienationen mit älterer und kränklicher Bevölkerung ein. Doch innerhalb der… Weiterlesen »
Eine gelungene und angenehm sachliche Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes. Zwei Anmerkungen würde ich dennoch gerne machen: Zum einen zur Aussage, dass für SARS2 Viren „kaum bis keine Grundimmunität in der Bevölkerung vorliegt“. Das würde ich so nicht sagen. Es gibt durchaus eine weit verbreitete Vor-Immunisierung durch andere „harmlose“ Erkältungs-Coronaviren, die… Weiterlesen »
Guten Tag. Danke für die professionelle Übersicht und wissenschaftliche Herangehensweise bei der Erstellung dieses „Fragen und Antworten“ Textes. Es wird deutlich, dass die meisten (politischen) Entscheidungen, die getroffen werden (müssen?), auf einer – den Umständen geschuldeten – noch geringen Forschungs- und Datengrundlage basieren: „Wissenschaftler gehen davon aus….“, etwas „deutet womöglich… Weiterlesen »
Guten Tag Doris,
vielen Dank für das liebe Feedback und die interessanten Gedanken.
Wir hoffen wirklich, unsere Arbeit kann ein Stück weit dazu beitragen, dass Menschen eine realistische Einschätzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und ihren Unsicherheiten bekommen.
Liebe Grüße zurück vom Quarks-Team
Also in letzter Zeit habe ich nicht solche tollen beiträge gelesen! Sehr sachlich und informativ! Sehe ich auch so, dass wir mit leichten Maßnahmen gut darstehen, vorallem im Sommer! Aus dem Artikell entnehme ich, dass der Virus kein spaß ist, aber im Grunde für junge Menschen, also unter 70/80, unbedenklich… Weiterlesen »